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Die schöne Spionin

Die schöne Spionin

Titel: Die schöne Spionin
Autoren: Celeste Bradley
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erinnern, aber ihr kam nur der Schatten ihrer Trauer in den Sinn. Dennoch zweifelte sie keinen Augenblick, dass alles zutraf, was Fistingham ihr erklärte. Ganz ihr Vater, ihr Wohlergehen einem Fremden anzuvertrauen. Und warum auch nicht. Seit Mutter gestorben war, war ihr Vater praktisch auch ein Fremder gewesen.
    »Aber ich leite Appleby schon seit Jahren! Ich bin in der Lage, mich selbst um meine Angelegenheiten zu kümmern!«
    »Oh, ich weiß, der junge James hat dich hie und da Gutsverwalterin spielen lassen, der dumme Junge. Er hat Glück gehabt, dass du keinen größeren Schaden angerichtet hast.« Dann war Lord Fistingham aufgestanden und hatte den eben noch milden Blick scharf auf seinen Sohn gerichtet. »Zeit für dich zu heiraten, Mädchen. Reggie, sieh zu, dass du deine Braut überzeugst.«
    »Ja, Vater.« Reginald hatte Agatha siegessicher angelächelt.
    Dann war Seine Lordschaft gegangen, hatte den Schlüssel aus dem Schloss gezogen und bedächtig die Tür hinter sich zugemacht. Agatha erinnerte sich noch, dass das Klicken des Schlosses ihr wie ein Warnruf durch Mark und Bein gefahren war.
    Denn Reggie, der Rüpel, hatte keine romantische Verführungsszene im Sinn. Sobald sein Vater aus dem Zimmer war, hatte er sich auf sie gestürzt. Er hatte ihr Mieder gepackt, an ihren Haaren gerissen und sich ihr wie ein brünstiger Widder aufgedrängt.
    Agatha hatte still gegen ihre kräftezehrende Angst und seine überlegene Kraft angekämpft. Sie hatte nicht gewagt, nach den Dienstboten zu rufen, damit sie die Tür aufbrachen und ihr halfen, denn sie hätte damit ihr eigenes Personal dazu verdammt, vor Gericht zu erscheinen, weil sie Hand an den Sohn des Lords gelegt hatten. Und das konnte nicht gut ausgehen, weil
natürlich
Lord Fistingham der örtliche Richter war.
    Erst als Reggie sie auf das Sofa geworfen hatte, um sie festzunageln, während er seine Breeches aufmachte, war ihr ein lang vergangenes Erlebnis durch den Kopf geschossen, und sie wusste, was sie zu tun hatte.
    Als sie noch Kinder waren, hatte Jamie eines Tages beschlossen, dass Agatha lernen müsse, sich zu verteidigen, und er hatte ihr gezeigt, wie man einen Mann mit einer einzigen simplen Aktion außer Gefecht setzte.
    Agatha stieß mit voller Kraft zu. Ihr Knie verfehlte das Ziel, weil Reggie mit seinem Gewicht ihren Rock festzurrte. Doch ihr Oberschenkel traf das Ziel.
    Überaus zufriedenstellend. Reggies Gesicht war grünlichweiß geworden, und er hatte sich mit einem atemlosen Keuchen weggerollt. Agatha war geübt durch ein großes Fenster nach draußen geklettert, und ihr Peiniger war jammernd auf dem Boden liegend zurückgeblieben.
    Als sie Appleby am nächsten Morgen verlassen hatte, waren ihre Dienstboten immer noch damit beschäftigt, das Erbrochene aus dem Teppich zu waschen.
    Agatha realisierte, dass sie sich bei der Erinnerung an jenen Tag immer noch die Handgelenke rieb, obwohl die Druckstellen seit über einer Woche verschwunden waren.
    Sie erschauderte. Geistesabwesend flocht sie ihren Zopf neu und zwang sich, an die enorme Aufgabe zu denken, die vor ihr lag.
    Wie machte man aus einem Kaminkehrer innerhalb einer Woche einen Gentleman?
    Er musste Konversation machen, dinieren, tanzen und vornehm gehen können, ganz als sei er in die Oberschicht hineingeboren. Es war eine entmutigende Aufgabe, ohne die leiseste Chance auf Erfolg. Agatha ließ den Zopf los und sank auf die Kissen zurück.
    Eins nach dem anderen. Sie hatte den Abend mit ihm verbracht und war ein paar zweckdienliche Phrasen mit ihm durchgegangen, die ihn die nächsten paar Tage hier im Haus durchbringen würden. Er hatte schnell gelernt, und Agatha war erleichtert, was seine Fähigkeiten betraf, eine Unterhaltung zu meistern.
    Die äußerliche Veränderung war am einfachsten zu bewerkstelligen. Er hatte sich bereits als gut aussehend erwiesen, als ein wenig zu umwerfend sogar. Mit den richtigen Kleidern und einem Minimum an Manieren würde er durchgehen.
    Schließlich hatte sie ja nicht vor, ihm eine Frau zu finden. Sie musste nichts beweisen, er brauchte nur ein ganz normaler Mann sein.
    Hätte sie nur nicht behauptet, dass er Musiker sei…
    Sie rollte sich um ihr Kissen und versuchte schläfrig, sich einen Ausweg zurechtzulegen, dann schlief sie ein.
    Simon trat aus dem Schatten und sah auf Agatha herab. Obwohl es fast ganz dunkel war, konnte er die vom Schlaf geröteten Wangen sehen, und aus dem Ausschnitt ihres Nachtkleides blitzte eine runde Schulter.
    Was für
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