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Die schöne Spionin

Die schöne Spionin

Titel: Die schöne Spionin
Autoren: Celeste Bradley
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kreativen Kopf zerbrochen, und ihr war immer noch keine Lösung eingefallen. Der Teppich im Eingang erholte sich vermutlich nie mehr von ihrem rasenden Gestampfe.
    Agatha drehte sich um, um erneut loszumarschieren – und lief mit voller Wucht gegen ein Hindernis, das gerade eben noch nicht da gewesen war. Sie stolperte entsetzt, fiel aber nicht hin.
    »Immer mit der Ruhe, Miss! Alles in Ordnung? Hab Sie nich kommen sehen.«
    Agatha zwinkerte und fokussierte die schwarze Wand, die sich vor ihr auftat. Schwarze Jacke, schwarzes Hemd, schwarze Hände auf den Ärmeln ihres Vormittagskleides aus Barchent …
    »Mein Kleid!«
    Sie wurde hastig wieder auf die Füße gestellt.
    »Oh, na ja, war ne knappe Angelegenheit. Musste entscheiden, ob Sie sich lieber die Ärmel schmutzig machen oder den Hintern, wenn Sie auf den Boden knallen. Schätze, ich hab mich falsch entschieden.«
    Er hänselte Agatha und das auch noch kräftig. Sie war bereit, es dem Burschen heimzuzahlen und sah hoch…
    Sie sah in die blausten Augen, die sie je gesehen hatte und in ein Gesicht, schwarz wie die Nacht. Oder Ruß.
    Ruß! Auf ihrem ganzen Kleid, ausgerechnet jetzt, wo sie Lady Winchell erwartete…
    Ruß.
    Ein Kaminkehrer.
    Ein Mann.
    Sie sah nochmals hoch. Groß, aber sehnig wie ein Windhund. Genau wie Mortimer. Nicht einmal der Ruß konnte die ebenmäßigen Gesichtszüge verbergen.
    »Tschuldigung, Miss. Ist ein hübsches Kleid, oder war es zumindest. Ich glaub kaum, dass der Ruß wieder rausgeht…«
    Er war perfekt.
    »Vergessen Sie den Ruß«, unterbrach sie ihn. »Kommen Sie mit.«
    Er blinzelte sie nur an, und sie konnte nicht anders, als vom Saphirblau seiner Augen fasziniert zu sein. Dann bemerkte sie, dass er sich nicht von der Stelle rührte.
    »Los, kommen Sie mit.«
    Der Kaminkehrer blinzelte noch einmal, zuckte die Achseln und ging hinter ihr her. Sie ging die Wendeltreppe hinauf und einen kurzen Gang entlang.
    Vor einer holzvertäfelten Tür blieb sie stehen, drehte sich um und hob die Hand. »Moment! Hat irgendwer Sie hereinkommen sehen?«
    Die schönen Augen blitzten verständnisvoll.
    »Ich bin durch die Küche reingekommen. Burschen wie ich sin nich so dumm, den Vordereingang zu benutzen.«
    Agatha schüttelte den Kopf. »Nein, die Leute auf der Straße interessieren mich nicht. Hat einer der Dienstboten Sie hereinkommen sehen?«
    »Die Köchin hat mich reingelassen, aber die hat mich kaum angeschaut. Hat bis zu den Ellenbogen im Mehl gesteckt.« Er grinste sie an. »Wenn Sie auf ein bisschen Spaß aus sind, dann ist Simon Rain Ihr Mann. Nachdem er sich gewaschen hat, natürlich.«
    Agatha hörte kaum zu. War noch genug Zeit? »Ja, ja, ich lasse Ihnen ein Bad richten.«
    Agatha öffnete die Tür des Schlafzimmers, das sie für Jamie hergerichtet hatte. Sie würdigte seine wenigen Besitztümer, die sie von zu Hause mitgebracht hatte, keines Blickes. Es hatte keinen Sinn, jetzt über seinen Büchern und seinen persönlichen Sachen zu träumen. Die Gefühle mussten warten.
    In einer Stunde wären drei der einflussreichsten Frauen aus dem Vorstand des Freiwilligencorps des Chelsea Hospital hier, um Agatha und ihren Ehemann Mortimer, von dem sie schon so viel gehört hatten, zu besuchen.
    Oh, warum hatte sie nicht den Mund gehalten? Sie hätte einfach nur zuhören sollen, wenn die anderen Frauen über ihre Ehemänner sprachen. Sie hätte vage antworten können, wenn man sie nach ihrem fragte.
    Stattdessen hatte sie weitschweifig von ihrem »lieben Mor-tie« erzählt, all seine Eigenschaften und Tugenden aufgezählt. Er war ein Gelehrter, ein Musiker, ein Mann von Charme und enormer Ausstrahlung…
    Und er wäre zu Hause.
    Zumindest hatte sie das behauptet.
    Lady Winchell hatte mit ihrem gekünstelten Lächeln und ihrem stechenden Blick gefragt, ob es für eine frisch verheiratete Frau wohl schicklich sei, den ganzen Tag unter lauter Männern im Chelsea Hospital zu arbeiten, während der Ehemann im Ausland unterwegs war.
    Jetzt kamen Lady Winchell und zwei andere hoch gestellte Damen hierher, um Mortimer kennen zu lernen.
    Agatha dachte an Lady Winchells argwöhnische Art und fröstelte unwillkürlich. Wenn sie aufflog, konnte sie nicht länger in der Stadt wohnen. Ihr selbst ernannter Wächter würde sie innerhalb von wenigen Tagen nach Hause holen, und sie würde ihr Ziel nie erreichen.
    Sie stand vor einer glasklaren Wahl. Sie konnte zu ihrer Situation stehen und nach Appleby und allem, was sie dort erwartete,
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