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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fritz.«
    »Auch Dr. Pillnitz ist der Ansicht.«
    »Pillnitz?« Dr. Sassen zog die Augenbrauen zusammen. »Er soll sich um seine Kranken kümmern und nicht um die Bergbelüftung. Ich werde morgen mit ihm sprechen.« Dr. Sassen trank seine Tasse Kaffee leer. »Was sagen denn die Wettersteiger?«
    »Noch nichts.«
    »Na also!«
    »Aber ihre Meßgeräte schweigen nicht.«
    »Mein Gott! Heute ist Sonntag! Ich bin dafür, daß wir das Gespräch bis morgen vertagen, Fritz. Kommst du mit zum See?«
    »Nein, danke, Vater.« Es klang steif, abweisend, eine Barriere zwischen Vater und Sohn errichtend. Dr. Sassen zuckte mit den Schultern und stand auf. Oliver lief bereits voraus über den Rasen zu dem Gartenhaus. Er holte sein kleines Segelboot, das er an der Jacht in den Schlepp nehmen wollte. Veronika blieb noch sitzen. In ihren Augen blinkte es zufrieden. Er hat sich innerlich von seinem Sohn aus erster Ehe entfernt, dachte sie. Sein Herz hängt viel mehr an Oliver und an mir. Es war so einfach für mich gewesen, das zu schaffen. Ich führe ihn an meiner Leine, wie ich will.
    »Gehen wir!« sagte Dr. Sassen. »Du bist so still, Vroni …«
    »Ich mache mir auch Sorgen wegen der schlechten Luft im Schacht«, heuchelte sie.
    »Quatsch!« Dr. Sassen sah seinen Sohn böse an. »Ich bitte darum, Fritz, solche Dinge in Zukunft nicht mehr in Gegenwart von Veronika zu besprechen.«
    »Ich werde es mir merken, Vater.«
    Dr. Fritz Sassen wartete, bis die Familie das Haus verlassen hatte. Er wanderte dann unruhig im Park umher und sagte sich zum wiederholten Male, daß es unverantwortlich, ja strafbar sei, weiter zu schweigen und nicht die Generaldirektion zu verständigen, auch auf die Gefahr hin, sich dort unbeliebt zu machen.
    Während Dr. Sassen, Oliver und das Hausmädchen Erna die Ausrüstung für den Segelausflug zum Wagen brachten, stand Veronika vor der Garage in der Sonne. Sie war noch immer mit ihrem engen, silbernen Hausanzug bekleidet; erst auf dem Boot wollte sie sich umziehen.
    Um die Ecke der geteerten Straße bog in diesem Augenblick auf seinem Rad Luigi Cabanazzi. Als sei er geblendet, bremste er scharf, sprang vom Sattel und starrte Veronika Sassen wie eine überirdische Erscheinung an.
    »Mama mia!« sagte er laut und atmete tief ein. Dann verbeugte er sich galant, lächelte, fuhr sich mit der Hand durch die schwarzen Locken und sah sie an mit Augen, in denen offen alles zum Ausdruck kam, was ihn gerade bewegte.
    Veronika erwiderte seinen Blick keineswegs. Ihr schmales Gesicht war kalt wie Marmor … Als Cabanazzi nicht aufhörte, sie aufdringlich zu mustern, wandte sie sich mit einer brüsken Bewegung ab. Aus der Garage kam Dr. Sassen, schwitzend, kurzatmig und hochrot im Gesicht. Er hatte eine Liege zum Wagen getragen und ärgerte sich innerlich, daß ihn so etwas anstrengte.
    Luigi Cabanazzi schwang sich auf sein Rad und grüßte höflich, als er an Dr. Sassen vorbeifuhr und zwischen einer Birkengruppe verschwand. Veronika sandte ihm einen verstohlenen Blick nach – nun auf einmal.
    »War das einer von deinen neuen Italienern?« fragte sie beiläufig.
    »Sicherlich.« Dr. Sassen wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Morgen werde ich ein Schild anbringen lassen: Privatweg. Benutzung verboten. Auch auf italienisch.«
    »Das wäre gut, Louis.« Veronika Sassen ging in die Garage und setzte sich in den offenen weißen Wagen.
    Seine Augen waren wie zwei glühende Kohlen, dachte sie. Welche Lebenskraft ist in ihnen … welche Leidenschaft …
    Sie lehnte sich in die Polster zurück und streckte sich. Neben sich hörte sie Ludwig Sassen atmen, rasselnd und angestrengt. Die Liege hatte ihn strapaziert. Er ist doch ein alter Mann, dachte sie. Alt, aber reich … und ich bin jung …
    Am Abend dieses Sonntags kamen fast gleichzeitig Kurt Holtmann und Dr. Fritz Sassen nach Hause zurück.
    Hans Holtmann saß noch im Garten, als sein Sohn pfeifend durch das Heckentor kam.
    »Na, wie war's?« fragte der Vater und klopfte die Pfeife an der Hauswand aus.
    »Schön, Vater!« Kurt Holtmann strich sich über die braunen Haare. Er war groß und kräftig, unter den Ärmeln des Hemdes spannten sich die Oberarmmuskeln.
    »Wie hat Schalke gespielt?«
    Kurt Holtmann stutzte. Diese Frage hatte er nicht erwartet. Dann sagte er keck: »4 : 1! Ganz toll, Vater.«
    »Das glaube ich.«
    »Ist Mutter da? Ich habe Hunger …«
    »Wir haben nur auf dich gewartet.«
    Hans Holtmann machte sich seine Gedanken. Warum lügt er? fragte er sich.
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