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Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Autoren: Ilkka Remes
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riskanten Grauzone.
    Riku schärfte den Blick. Der Regen war stärker geworden, die Scheibenwischer schoben das Wasser von der Windschutzscheibe, und die Reifen des Mercedes ließen Fontänen auf die Bürgersteige sprühen.
    Erneut rief Rikus Vorgesetzter ihn am Handy an. Kriminaloberkommissar Markku Jalava leitete das Drogen- und Gewaltdezernat der Keskusrikospoliisi , der zentralen finnischen Kriminalpolizei KRP, jenes Dezernat also, das gegen die schwerste Kriminalität im Land vorging.
    Riku begann, von der erfolgreichen Festnahme in Kannelmäki zu berichten, aber sein Chef unterbrach ihn: »Bist du schon in der Agricolankatu?«
    »Gleich. Was ist da passiert?«
    Nachdem er die Antwort gehört hatte, erhöhte Riku verblüfft das Tempo, führte zwei weitere Telefonate und bog schließlich von der Fleminingkatu in die Agricolankatu ein. Im Fußraum vor dem Beifahrersitz rollten zwei Fußbälle hin und her. Riku spielte in einer Freizeitmannschaft, und auch Leo war ein begeisterter Kicker. Ihre Lieblingsmannschaft war der AC Milan, »Il diavolo« .
    Auf dem großen Platz mit der Grünanlage, der Karhupuisto hieß, standen ein Streifenwagen und ein weißer ziviler VW-Bus der Polizei. Riku parkte halb auf dem Bürgersteig vor einem Waschsalon und eilte in dem Haus, dessen Adresse ihm sein Chef gegeben hatte, in den vierten Stock hinauf, um sich in der Wohnung ein Bild von der Lage zu machen.
    In der Küche lag eine Frau auf dem Fußboden, ihre leblosen Augen starrten zur Decke. Zwei Beamte von der Spurensicherung hatten bereits ihre Arbeit aufgenommen. Im Flur stand der Polizeimeister, der als Erster mit seinem Streifenwagen eingetroffen war. Dennoch war es eigentümlich still in der Wohnung. Auf dem Herd stand ein Topf mit kalter Suppe.
    Riku trat näher an das Opfer heran. Ja, das war die Journalistin Vera Dobrina, eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen und Dissidentinnen Russlands. Jene Journalistin, die ihn vor zwei Tagen angerufen und sich mit ihm verabredet hatte.
    Sie hatte ein Café vorgeschlagen, aber Riku hatte darauf bestanden, das Gespräch im Auto zu führen. Er redete nie in der Öffentlichkeit mit Journalisten, auch nicht mit finnischen. Eine knappe halbe Stunde lang hatten sie sich über die Aktivitäten russischer Drogenhändler unterhalten, in die auch Männer mit KGB/FSB-Hintergrund verwickelt waren. Vera Dobrina warsympathisch und geradeheraus gewesen und hatte sich auch genau nach Rikus Jahren in Moskau erkundigt.
    Beim Anblick ihrer Leiche seufzte er tief. Man hatte eine Dissidentin vom Rang einer Anna Politkowskaja ermordet. Hier in Finnland. Kein Wunder, dass Jalava am Telefon so nervös geklungen hatte. Der Fall würde eine Sturmwelle der Spekulationen auslösen.
    »Was ist passiert?«, fragte Riku leise den Streifenbeamten.
    »Die Mieterin der Wohnung, Elina Aro, hat nebenan im Hochbett gelegen. Sie berichtet, dass ein Mann in die Wohnung eingedrungen sei und ihre Besucherin erschossen hätte. Dann hätte er deren Sachen mitgenommen und sei verschwunden. Frau Aro sitzt jetzt unten im Wagen.«
    Riku hatte den Nachnamen schon an der Tür gelesen. Sie war es also wirklich.
    Er blickte hinter sich. In dem Zimmer auf der anderen Seite des Ganges war ein Hochbett zu sehen. Er wandte sich an einen der Beamten von der Spurensicherung. »Wisst ihr schon etwas?«
    »Ein Schuss in die Brust. Sie war sofort tot.«
    Riku trat ins Wohnzimmer. Dort war der Tisch fürs Abendessen gedeckt. Er ließ den Blick über das vollgestopfte Bücherregal schweifen: Studies in Russian History & Society, Inside the KGB , A Military History of Russia: From Ivan the Terrible to the War in Chechnya . »Ich gehe runter und rede mit der Frau«, sagte er zu den Kollegen.
    Wieder auf der Straße angekommen, stellte sich Riku dem Beamten im Streifenwagen und der Frau auf dem Beifahrersitz vor. Er erkannte sie sofort: Elina Aro, die Historikerin der neuen Generation, die mit unverblümten Äußerungen über die jüngere Geschichte Finnlands Aufmerksamkeit erregt hatte.
    Der Polizeimeister stieg aus, und Riku nahm seinen Platz hinter dem Steuer ein. Der Regen trommelte aufs Dach.
    Elina Aro stand unter Schock. Tastend erzählte sie, was geschehen war. Das Gesicht des Täters hatte sie nicht gesehen, zumindest erinnerte sie sich nicht daran. Riku wusste, dass die Erinnerung eventuell später kommen würde, wenn der Schock nachgelassen hätte.
    Die Frau hatte wirres schwarzes Haar und trug ein eng anliegendes Kleid. Ihr
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