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Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Autoren: Ilkka Remes
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Entwicklung in Russland so weitergeht wie momentan, dann sogar jahrhundertelang.«
    Vera stand auf. Sie war zusehends ernster geworden. »Die Rosenholz-Dateien liefern die Schlüssel für zu viele Schlösser in Finnland, da wird sich nichts tun. Aber auf die Öffnung der KGB-Archive muss man vielleicht gar nicht warten, denn die einschlägigen Informationen finden sich unter Umständen auch anderswo in Moskau.«
    Elina blickte interessiert auf. »Was meinst du damit?«
    Vera sah aus dem Fenster und schien ihre Worte sorgfältig abzuwägen. »Ich habe darüber nachgedacht, wer aus dem engen Umfeld von Präsident Koivisto Informationen über seinen Briefwechsel mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten an Moskau verraten haben könnte.« Vera senkte die Stimme. »Es gibt gute Gründe, darüber nachzudenken. Hier in Finnland wird erstaunlich wenig darüber geredet, dass damals geheimste Informationen der Regierung unmittelbar in die Hände einer fremden Macht gelangt sind. Was würdest du sagen, wenn ich behaupte zu wissen, wer der Maulwurf war?«
    Elina starrte Vera an und stand langsam auf.
    »Du machst wohl Witze?«
    Der Mann stand mit finsterem Gesichtsausdruck an der Stelle, wo die Agricolankatu auf die Grünanlage Karhupuisto stieß. Er hatte die Hände in die Taschen seines halblangen, dunklen Mantels geschoben und wartete darauf, dass die Haustür des Altbaus, die er beobachtete, geöffnet würde.
    Schließlich kam eine ältere Dame mit Hund heraus. Der Mann eilte zur Tür, hielt sie auf, bevor sie zufiel, und huschtein den Hausflur, wobei er darauf achtete, dass die alte Dame sein Gesicht nicht sah.
    Dann stieg er die Treppe hinauf. Er war schon einmal ohne Elina Aros Wissen in ihrer Wohnung gewesen, er kannte den Grundriss genau.
    Elina war Vera neugierig in die Küche gefolgt, wo die Freundin ihre Einkäufe auspackte.
    »Du beschäftigst dich in deinem Buch mit der Finnlandisierung, aber dir fehlt die Spitze, mit der du eine ernsthafte Diskussion auslösen kannst«, sagte Vera, während sie ein Glas Rote Bete, zwei Saatrüben, einen Kohl, ein Glas Honig und Salzgurken aus der Tüte nahm.
    »Eine Diskussion? Ich glaube nicht, dass es irgendetwas gibt, das in diesem Land eine Diskussion über die Zeit der Finnlandisierung in Gang setzen könnte.«
    »Bei euch werden Bücher nicht zensiert. Wenn du die Wahrheit enthüllst, geraten eure derzeitigen politischen Strukturen gehörig durcheinander.«
    Elina starrte ihre russische Freundin schweigend an. Sie wusste genau, was Vera meinte. Als unter Jelzin die Archive des KGB einen Spaltbreit geöffnet wurden, bat die finnische Regierung umgehend darum, die Akten einzufrieren. Alle anderen Länder hingegen suchten um Informationen an.
    »Du hast nichts Konkretes, nur Vermutungen«, sagte Elina.
    Vera erwiderte nichts, sondern griff zum Messer und fing an, den Kohl zu zerkleinern. »Du könntest mich jetzt in der Küche allein lassen. Vielleicht räumst du deinen Computer weg, ich möchte nachher im Wohnzimmer decken.«
    Elina wusste, dass sie mit Druck nicht mehr erfahren würde. Wenn Vera reden wollte, würde sie das tun. Gerade erst war sie in London gewesen, wo sie Kontakt zu geflohenen russischen Dissidenten hatte. Obwohl Vera nicht viel darüber gesprochen hatte, wusste Elina, dass sie auch Oberst Alexander Litwinenkovom russischen Sicherheitsdienst gekannt hatte, der im Jahr 2000 übergelaufen war, kurz nachdem man ihn beauftragt hatte, den Geschäftsmann Boris Beresowski zu ermorden. In Großbritannien war Litwinenko zum scharfen Kritiker Putins avanciert. Er sollte Informationen über den Mord an Anna Politkowskaja sammeln, wurde dann aber selbst mit einer seltenen und extrem teuren radioaktiven Substanz vergiftet, die man nur über staatlich anerkannte Labors beschaffen konnte. Vera hatte sich mit dem Mord an Litwinenko beschäftigt und unterhielt gute Beziehungen zum britischen Nachrichtendienst.
    Elina war gespannt. Vielleicht würde Vera beim Abendessen etwas erzählen. Sie räumte ihren Laptop und die Papierstapel vom Tisch, ging ins Schlafzimmer, stellte den Computer aufs Hochbett und stieg die Leiter hinauf. Kurz sah sie noch Vera in der Küche hantieren, bevor ihr vom hohen Rand des Hochbetts der Blick versperrt wurde.
    Gerade als sie den Esstisch im Wohnzimmer fertig gedeckt hatte, hörte Vera den Deckel auf dem Kochtopf klappern. Auf dem Tisch hatte sie eine weiße Decke ausgebreitet und darauf schön die Teller, den Brotkorb, verschiedene kleine
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