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Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Autoren: Ilkka Remes
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Kindersitz für Leo hatte gerade so auf die enge Rückbank gepasst. Nachdem Jone das Auto gesehen hatte, war er bereit gewesen, es in Ordnung zu bringen, und als Gegenleistung durfte er damit so oft fahren, wie er wollte. Riku nahm dann den Fiat, den er als Winterfahrzeug benutzte.
    Er schaltete den Motor aus, und die CD von Olavi Virta verstummte. Riku stieg aus und schloss ab.
    »He«, rief ein Taxifahrer. »Du kannst deine Schrottlaube da nicht stehen lassen!«
    Ohne der Beleidigung Beachtung zu schenken, ging Riku in die Abflughalle und fuhr die Rolltreppe zur Ankunftshalle hinunter. Dort ließ er den Blick über die ankommenden Passagiere schweifen und spürte, wie er immer gereizter wurde. Auf dem Monitor las er, dass die Maschine aus Paris planmäßig gelandet war. Im selben Moment erkannte er einen Mann in Sakko und teuren Jeans, der einen Aluminiumkoffer zog. Hinter ihm ging Katja, die Leo dabei half, den Rucksack umzuhängen.
    »Leo«, rief Riku und streckte dem Jungen die Arme entgegen.
    »Papa!«
    »Was machst du denn hier?«, fuhr Katja Riku an. Wenn sie zornig war, klang ihr russischer Akzent noch stärker durch als sonst.
    »Das könnte ich dich auch fragen. Ich komme Leo abholen.«
    »Red keinen Blödsinn.«
    »Ich habe das Recht, ihn jedes zweite Wochenende zu sehen. Und dieses Wochenende bin ich dran, das weißt du sehr gut.«
    Katja schien nur mit Mühe ihre Wut beherrschen zu können. In ihrem eng anliegenden Kostüm und mit den gefährlich hohen Schuhen führte sie Riku lebhaft die Veränderung vor Augen, die sie im Lauf der Jahre vollzogen hatte. Von der Bescheidenheit der Studentin in T-Shirt und Jeans, in die er sich seinerzeit verliebt hatte, war nichts mehr übrig.
    »Du warst es doch, der letztes Mal das Treffen abgesagt hat«, fauchte Katja.
    »Da musste ich arbeiten.«
    »Papa, Hans hat uns ins Disneyland eingeladen«, rief Leo mit vor Eifer roten Backen dazwischen.
    Riku warf einen kurzen Blick auf Hans Nyman, den angeblichen Geschäftsmann aus Espoo, der sich die Sonnenbrille auf die Stirn geschoben hatte. Versuchte er wieder einmal, den Jungen für sich einzunehmen?
    Riku ging neben Leo in die Hocke. »In den Herbstferien machen wir eine viel schönere Reise. Wir beide fahren zu Kalles Sommerhaus und gehen angeln und in die Sauna …«
    Riku wurde von seinem klingelnden Handy unterbrochen. Er sah kurz aufs Display und meldete sich dann.
    »Komm zum Karhupuisto, jetzt sofort. Die genaue Adresse lautet Agricolankatu 13 A« , sagte sein Vorgesetzter Markku Jalava.
    »Ich habe keinen Dienst …«
    »Mach dich auf den Weg, ich ruf dich gleich noch mal an.«
    Riku nahm das Handy vom Ohr und rang seine Wut nieder, damit Leo sie nicht sah. Diese Runde war eindeutig verloren.
    »Papa muss jetzt gehen. Nächstes Wochenende machen wir was Schönes.«
    »Was denn?«
    »Wir gehen zum Beispiel … klettern. Oder ins Kino.«
    Als er sich umwandte, traf sein Blick Katjas.
    »Nimmst du Leo nun doch nicht mit?«, fragte sie spitz.
    Ohne zu antworten, ging Riku an den glotzenden Reisendenvorbei zur Rolltreppe, fuhr in die Abflughalle hinauf und steuerte dem Ausgang zu.
    Vom Auto aus rief er in Kannelmäki an, wo die Festnahme bei dem Drogenversteck problemlos verlaufen war. Seine Kollegen hatten viertausend Tabletten Subtex einkassiert, gut zwei Kilo Amphetamin und zwei estnische Männer, beides neue Gesichter. Bykows Gruppe drängte offenbar ernsthaft auf den finnischen Markt. Riku war zufrieden mit dem Tipp, den er von Sergej bekommen hatte, aber andererseits auch besorgt, weil er dem Mann wohl eine Gegenleistung würde anbieten müssen.
    Noch vor einigen Jahren hätte Riku um keinen Preis darauf verzichtet, an so einer Festnahme teilzunehmen – denn eine Festnahme war stets ein spannender und unberechenbarer Moment. Inzwischen musste er jedoch sehr genau überlegen, wo und wem er sein Gesicht zeigen konnte, auch wenn er ohnehin nicht mehr verdeckt ermitteln durfte, seit er wegen eines Dienstvergehens vor Gericht gestanden hatte. Neben diesem Ereignis war der zweite Wendepunkt in seinem Leben Leos Geburt gewesen. Wenn man in vorderster Linie gegen die härteste Form der organisierten Kriminalität kämpfte, bedeutete das automatisch, dass man persönliche Risiken einging, was für den Vater eines kleinen Jungen eine schwerere Last war als für einen Junggesellen. Besonders vorsichtig musste man bei der Arbeit mit Informanten sein. Man bewegte sich dabei ständig in vermintem Gelände und einer höchst
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