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Die-Schnaeppchenjaegerin

Die-Schnaeppchenjaegerin

Titel: Die-Schnaeppchenjaegerin
Autoren: Sophie Kinsella
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stattfindet, und ein uniformierter Herr lotst uns alle in den entsprechenden Flur. Das heißt, dass es sich um eine größere Angelegenheit handeln muss. Natürlich nicht so groß, dass Fernsehkameras und CNN da wären und die gesamte Weltpresse mit angehaltenem Atem warten würde. Aber doch so groß, dass ziemlich viel Leute herbeiströmen. Ein relativ wichtiges Ereignis in unserer langweiligen kleinen Welt.
    Als ich den Konferenzraum betrete, ist dieser bereits von unzähligen Menschen bevölkert, denen von umhergehenden Serviererinnen Kanapees gereicht werden. Die Journalisten kippen den Sekt weg, als wenn sie noch nie welchen getrunken hätten. Die PR-Mädels sehen alle ziemlich hochnäsig aus und nippen an Mineralwasser. Ein Kellner bietet mir ein Glas Sekt an. Ich nehme mir zwei. Das eine trinke ich jetzt, das andere stelle ich mir für später, wenn es langweilig wird, unter den Stuhl.
    Am anderen Ende des Raumes erspähe ich Elly Granger von der Investor^ Weekly News. Sie wird von zwei ernsten Herren in Anzügen bedrängt, denen sie mit glasigem Blick hin und wieder zunickt. Elly ist klasse. Sie ist erst seit einem halben Jahr bei Investor’s Weekly und hat sich schon auf dreiundvierzig andere Stellen beworben. Sie wäre ja am allerliebsten Beauty-Redakteurin bei einer Frauenzeitschrift. Manchmal, wenn wir betrunken sind, schließen wir einen Pakt: Dass wir, wenn wir in drei Monaten nicht einen aufregenderen Job haben, beide kündigen. Aber der Gedanke daran, kein Geld zu haben - und sei es nur für einen Monat -, ist fast noch abschreckender als der Gedanke daran, den Rest des Lebens über Rentenpläne zu schreiben.
    »Rebecca. Wie schön, dass Sie kommen konnten.«
    Ich sehe auf und verschlucke mich um ein Haar an meinem Sekt. Luke Brandon, der Obermimer von Brandon Communications, steht vor mir und sieht mich so durchdringend an, als wüsste er ganz genau, was ich gerade denke.
    Ich bin ihm erst ein paar Mal begegnet, und jedes Mal fühle ich mich irgendwie unwohl in seiner Gegenwart. Erstens hat er einen furchtbaren Ruf. Alle Welt redet ständig davon, was er für ein Genie ist, sogar Philip, mein Boss. Er hat Brandon Communications aus dem Nichts aufgebaut und zum heute größten PR-Unternehmen in der Londoner Finanzwelt gemacht. Vor ein paar Monaten hat eine Zeitung ihn zu einem der cleversten Unternehmer seiner (und damit meiner) Generation gekürt. Es hieß, er habe einen überdurchschnittlich hohen IQ und ein fotografisches Gedächtnis. (Leute mit fotografischem Gedächtnis habe ich noch nie leiden können.)
    Aber das ist noch nicht alles. Ich finde, er macht immer so ein finsteres Gesicht, wenn er mit mir redet. Als wüsste er ganz genau, was ich für eine Hochstaplerin bin. Da fällt mir ein: Wahrscheinlich weiß er das tatsächlich. Bestimmt kommt eines Tages heraus, dass der berühmte Luke Brandon nicht nur ein unschlagbares Genie ist, sondern auch Gedanken lesen kann. Er weiß, dass ich, wenn ich zu irgendeinem langweiligen Diagramm aufblicke, in Wirklichkeit an ein traumhaftes schwarzes Oberteil denke, das ich bei Joseph gesehen habe, und mir überlege, ob ich mir die dazu passende Hose wohl auch leisten kann.
    »Sie kennen Alicia, oder?«, sagt Luke Brandon und deutet auf das makellose blonde Mädchen neben ihm.
    Ich kenne sie nicht. Aber das macht auch nichts weiter. Die Mädchen bei Brandon C, wie sie die Firma nennen, sind nämlich ohnehin alle gleich. Sie sind adrett gekleidet, redegewandt, mit Bankern verheiratet und absolut humorlos.
    »Rebecca«, sagt Alicia kühl und reicht mir die Hand. »Von Successful Saving, richtig?«
    »Richtig«, sage ich ebenso kühl.
    »Wie schön, dass Sie kommen konnten«, sagt Alicia. »Ich weiß ja, wie viel die Journalisten immer zu tun haben.«
    »Kein Problem«, sage ich. »Wir möchten ja im Grunde an so vielen Pressekonferenzen wie nur möglich teilnehmen. Damit wir wissen, was in der Industrie los ist.« Ich bin ganz stolz auf meine Antwort. Ich nehme mir den Quatsch ja fast selbst ab.
    Alicia nickt ernst, als wäre ihr jedes Wort, das ich sage, unglaublich wichtig.
    »Sagen Sie, Rebecca, was halten Sie eigentlich von der heutigen Neuigkeit?« Sie deutet auf die FT unter meinem Arm. »Das war ja eine ganz schöne Überraschung, finden Sie nicht?«
    Oh, Gott. Wovon redet sie?
    »Eine interessante Entwicklung«, sage ich noch immer lächelnd, um Zeit zu gewinnen. Ich sehe mich auf der Suche nach irgendeinem Hinweis im Konferenzraum um - vergeblich.
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