Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen
Autoren: Wolfgang Brenner
Vom Netzwerk:
Wasser ab. Den Rest musste die Sonne erledigen.
    Nachts schlief er schlecht. Er träumte, Germersheimers Geranien wären vertrocknet. In ganz Frankfurt zerrissen sie sich die Mäuler über Schmalenbachs nachlässige Pflege. Germersheimer verarbeitete seinen Schmerz über den Verlust in einem Gedichtband, der reißenden Absatz fand. Schmalenbach schreckte schweißgebadet hoch.
    Diesmal fuhr er schon vor der Arbeit zu Germersheimers Wohnung.
    Die beiden Pflanzen waren grau, die Blätter welkten, die Stängel bogen sich kraftlos – dabei standen sie schon wieder in einer Wasserlache. Schmalenbach floh aus der Wohnung.
    Abends ertrank er seinen Kummer im »Promi«.
    Es waren nur noch wenige Tage bis zu Germersheimers Rückkehr. Wenn der Arme auf seinem Balkon eine Wüste vorfand, würde er in eine tiefe Depression fallen. Ans Schreiben war dann gar nicht mehr zu denken. Und wer war schuld an dem Desaster? Er, Schmalenbach, der sich dem armen Germersheimer geradezu aufgedrängt hatte.
    Hatte Germersheimer ihm nicht von Pfeifenbergers Erfolgen bei der Blumenversorgung städtischer Kulturgrößen berichtet? Schweren Herzens weihte er also den Freund ein.
    Pfeifenberger, der gerade unglücklich verliebt war, hörte sich alles an und nickte nur ab und zu bedächtig.
    »Ich sehe schon, du hast so ziemlich jeden Fehler gemacht, den man beim Blumenversorgen machen kann.«
    Schmalenbach wurde wütend. »Was soll das? Ich habe fleißig gegossen …«
    »… wahrscheinlich hektoliterweise Wasser, du hast die armen Geranien quasi ertränkt.«
    Es blieb Schmalenbach nichts anderes übrig. Er übergab Pfeifenberger die Schlüssel zu Germersheimers Wohnung. »Aber ich kann dir nichts versprechen«, sagte der Wunderdoktor. »Bei deinem Ungeschick muss sogar meine grüne Hand kapitulieren. Zumal ich gerade schlecht drauf bin. Constanze ist so was von prüde …«
     
    Schmalenbach stand ein paar bange Tage durch. Irgendwann traf er Pfeifenberger im »Promi«. »Und wie geht es den Blumen?«
    »Welchen Blumen?«
    »Den Geranien auf Germersheimers Balkon – oder hast du die vergessen?«
    »Ach die! Die gedeihen prächtig. Einen richtigen grünen Dschungel hat der Gute jetzt.«
    Schmalenbach atmete auf. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.«
    Doch der winkte bloß ab, gab ihm Germersheimers Schlüssel zurück und sagte: »Für Pflanzen tue ich es gern, sie sind gradliniger als Menschen.«
    Zwei Tage später war Germersheimer wieder da – braun gebrannt. Aber in einer miesen Stimmung. »Ich wusste, dass man dir nicht vertrauen kann. Habe ich dich nicht gebeten, das Schlafzimmer, mein Allerheiligstes, nicht zu betreten?«
    »Ja und? Keinen Schritt habe ich da hineingetan.«
    Germersheimers Halsschlagader trat hervor. »Das Andenken an meine geliebte Ex-Frau hast du beschmutzt. Das Bett war durchwühlt. Auf dem Beistelltisch standen leere Sektflaschen und volle Aschenbecher. Ihr Bild war umgeworfen. Und jemand hat einen rosa Slip mit Netz im Schritt unterm Bett liegen lassen. Widerlich. Ich will dich nie wieder sehen.«
    »Moment! Moment! Was ist mit deinen Blumen?«
    Germersheimer schaute ihn verächtlich an. »Die haben überlebt. Aber nur weil ich wusste, wie unzuverlässig du bist. Deshalb habe ich dem Freund meiner Ex-Frau zehn Euro zugesteckt – damit er regelmäßig zugießt.«
    Schmalenbach packte die Wut des Gerechten. »Blödmann! Durch dein Misstrauen hast du die Pflanzen beinahe umgebracht. Sie wären fast zugrunde gegangen, an dem vielen Wasser.«
    Doch Germersheimer floh, um mit seinem Schmerz allein zu sein.
    Pfeifenberger schneite herein. In bester Laune. »Kennst du die Pressesprecherin vom Zirkus Torriani? Wahnsinnsfrau. Ich dachte, ich lande nie bei Constanze. Alle haben es versucht. Vergeblich. Und dann klappt es doch … Ich bin der Einzige, mich hat sie erhört. Wahnsinn, was? Ich denke daran, mich scheiden zu lassen und sie zu heiraten. Constanze ist so jung, so unschuldig, so sauber. Aber das bleibt unter uns.«
    Schmalenbach kochte innerlich, aber er blieb kaltblütig wie selten. »Die Pressesprecherin vom Zirkus Torriani? Die ist doch seit Wochen der Hit in der Stadt. Manderscheid sagt, sie hat der gesamten Eintracht den Kopf verdreht. Unter der Mannschaftsdusche. Und auf dem letzten Bezirksparteitag der Grünen soll sie auf dem Tisch getanzt haben …«
    »Constanze? Niemals! Das ist eine Verwechslung. Sie wollte nicht mal in ein Hotel mit mir. Aus lauter Scham.«
    »Ich sage dir eins: Ihren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher