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Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen
Autoren: Wolfgang Brenner
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»Typisch Kerl. Eine Frau darf schön sein, aber sie darf nicht auch noch Köpfchen haben.«
    »Von schön war keine Rede. Diese Ansagerinnen haben doch alle Durchschnittsgesichter.«
    »Auf jeden Fall hat sie ihr Leben gelebt. Und dass sie sich mit einem Fonds vergriffen hat, mein Gott, wem passiert das nicht mal im Leben? Sogar mir ist es schon passiert.«
    Schmalenbach ließ sein Buch sinken. »Wie bitte?«
    Elke war verlegen. »Ja, ich habe in einen todsicheren Fonds eingezahlt. Bankgebäude. In einer super Gegend.«
    Ein tiefer Seufzer. »Was konnte da schon passieren?«
    »Doch nicht etwas in den Fonds, von dem jetzt alle reden?«
    Elke wurde kleinlaut. »Doch. Deshalb habe ich auch das Sparbuch vor dir verschlossen.«
    »Wie oft habe ich dir schon gepredigt: Das Bankwesen erfordert besondere Umsicht!«
    »Ich wollte es eben auch mal versuchen. Mein bisschen Geld vermehren.«
    Nun hatte Schmalenbach Mitleid mit dem armen Ding. »Versprichst du mir, es nie wieder zu tun – es sei denn, du holst dir vorher Rat bei mir?«
    Sie kuschelte sich an ihn. »Schön, dass bei dir doch immer die menschliche Seite durchkommt.« Dann machte sie sich los. »Was hast du eigentlich mit deinem Anteil des Geldes gemacht, das wir auf dem Sparbuch angelegt hatten? Als ich – du weißt schon – das Geld für den blöden Fonds abgehoben habe, war dein Anteil schon weg.«
    Er tat zerknirscht. »Ich wollte es dir erst an Weihnachten sagen. Ich habe ihn angelegt.«
    »Angelegt?«
    »Todsicher. Eine Schiffsbeteiligung. Containerschiff MS Fidelitas. Sie zahlen zehn Prozent Zinsen. Eine immense Steuerersparnis. Unterm Strich springt für dich ein Pelzmantel heraus.«
    »Schmalenbach!«, schrie Elke auf und umarmte ihn.
    »Das tust du? Von deinen Zinsen? Obwohl ich so leichtsinnig bin?«
    Schmalenbach brummte. »Ich bin eben sentimental wie ein alter Hofhund.«
    Der Abend endete im Bett. Elke war sehr anhänglich. Als alles vorbei war, hauchte sie: »Weißt du was, mit der Ansagerin hattest du Recht. Sie ist eine dumme Pute.«
    Doch Schmalenbach war mit seinen Gedanken woanders. Er überlegte gerade, in welcher Meerenge er die MS Fidelitas havarieren lassen sollte. Am besten, man ließ die Container verrutschen. Dafür konnte niemand was. Schmalenbach war für einen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz: Die tibetanische Besatzung würde er natürlich retten lassen. Durch das deutsche Forschungsschiff »Meteor«, für das er schon als Junge geschwärmt hatte. Bis auf den Schiffshund. Ein bisschen Tragik musste sein. Elke musste nach dem Unglück leider auf den Pelz verzichten. Als Trost würde er sie zum Essen einladen. Zu ihrem Lieblingsitaliener. Oder ins »Promi« – falls bei dem verunglückten Fonds überhaupt nichts mehr herauskam.

Germersheimers Geranien
     
    Seit Tagen machte Germersheimer ein Gesicht wie kurz nach seiner Scheidung. Alle, die ihn auf sich zukommen sahen, drehten ab. Germersheimer konnte einem leid tun. Schmalenbach fasste sich ein Herz. »Was hast du bloß?«
    Germersheimer sah ihn mit dem treuen Dackelblick an, der schon seine Ex-Gattin dazu gebracht hatte, nach dreizehn Ehejahren mit einem Gymnasiasten durchzubrennen.
    »Trauerst du ihr immer noch hinterher?«
    »Seit ich weiß, dass sie glücklich ist, geht es mir besser. Wenn ihr neuer Freund das Abitur diesmal bloß besteht – wir bangen zu dritt. Nein, ich habe ein wirkliches Problem, Schmalenbach. Ich würde so gerne Urlaub machen.«
    Das war es also. Der notorisch klamme Literat konnte sich keinen Urlaub leisten. »Warst du dieses Jahr nicht schon im Harz?«, fragte Schmalenbach.
    »Im Harz. Ich bitte dich. Das war ein verlängertes Wochenende. Zudem noch verregnet. Die Pension war voll mit Sachsen, die schon beim Frühstück ihr persönliches Glas Nutella in den Speisesaal mitbrachten. Ich brauche einen richtigen Urlaub – aber …«
    »Du, es gibt da ganz günstige Angebote. Mallorca für 199 Euro.«
    »Daran liegt es nicht. Du weißt ja, meine Ex-Frau zahlt mir Unterhalt. Nein, es ist viel schwieriger: meine Blumen.«
    »Deine Blumen?«
    »Ich finde niemanden, der sie gießt, während ich weg bin. Seit Wochen frage ich rum – aber alle fahren entweder selbst weg oder haben schon irgendwelche Blumen zu gießen.«
    Wenn es nur das war: Wozu waren denn Freunde da, wenn nicht für solche Wechselfälle des Lebens? »Kein Problem. Ich gieße deine Blumen«, erklärte Schmalenbach.
    »Du?«
    »Ich habe meinen Urlaub schon hinter mir – und ich habe auch
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