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Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen
Autoren: Wolfgang Brenner
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legendären rosa Slip mit Netzeinsatz im Schritt hat das Filmmuseum bereits erworben.«
    Pfeifenberger war am Ende. Er brauchte einen Schnaps.
    »Deine Frau Carola ist doch auch sehr nett. Und nur du allein weißt, was für einen Slip sie gerade trägt«, tröstete Schmalenbach ihn. Doch Pfeifenberger war untröstlich.

Die Vollmacht
     
    Elke machte wieder dieses Gesicht, das Bemerkenswertes verhieß. Sie wienerte erst die Kacheln in der Küche, dann begann sie, die Gläser aus dem Schrank zu spülen.
    Schmalenbach verzog sich ins Arbeitszimmer. Nach einer halben Stunde hatte er einen eigenartigen Duft in der Nase. Er schnupperte in den Flur hinaus: Im Backofen wurde ein Kuchen gebacken. Es war also ernst. Wenn Elke ihren Marmorkuchen anrührte, hatte sie das Stadium erreicht, in dem andere Frauen mit Sack und Pack zu ihrer Mutter zurückzogen.
    Schmalenbach hatte den richtigen Zeitpunkt für eine Flucht verpasst. Er setzte sich also zu ihr in die Küche und legte – weil er wusste, dass es keinen Ausweg mehr gab – seinen Hals in den Richtblock. Wenn es mal so weit war, schaffte er es bisweilen, das, was unweigerlich kam, zu genießen. So wie der Schwerverbrecher es genießt, wenn er nach wochenlanger Hetzjagd nicht mehr weiterkann und sich einer Hundertschaft stellt.
    »Weißt du, was seit Tagen großes Thema im Büro ist?«, fragte sie, nachdem sie den heißen Kuchen aus dem Backofen genommen, ihn angestochen und ihn dann, weil er angeblich zu feucht war, in den Mülleimer geworfen hatte. Schmalenbach stand sowieso nicht der Sinn nach Marmorkuchen. Er wollte seine Abreibung. Danach würde er wie ein geprügelter Hund ins »Promi« schleichen, um sich von den Freunden die Wunden lecken zu lassen.
    »Die Weiber reden über nichts anderes mehr. Es ist zum Verzweifeln.«
    In Schmalenbachs Kopf ratterte es. Hatte ihn eine von Elkes Kolleginnen mit Elvira beim Tangotanzen in der »Brotfabrik« beobachtet? Oder hatte Pfeifenberger wieder mal gequatscht? »Weißt du«, begann er umständlich die Schadensbegrenzung, »was andere Leute reden, ist nicht wichtig. Wichtig ist, was man selbst von sich hält.«
    Sie schaute ihn verständnislos an. Offensichtlich hatte er die falsche Strategie gewählt. Also disponierte er schnell um, die Situation erforderte Flexibilität – und Selbstaufgabe. »Manchmal weiß ich am nächsten Morgen nicht mehr, was ich am Vorabend gemacht habe. Ich fürchte, es ist das Alter. Manchmal bin ich auch froh, dass ich es nicht mehr weiß. Denn wenn ich es noch wüsste, würde ich mich dafür hassen. Ich glaube, ich brauche dich nicht zu fragen, ob du das kennst?«
    »Nein, brauchst du nicht«, antwortete sie lakonisch.
    Ein letzter Versuch, den Scharfrichter milde zu stimmen: »Hast du schon gehört, was kürzlich mit Pfeifenberger auf dem großen Rummel in Preungesheim passiert ist? Er spricht ungern darüber. Ich an seiner Stelle würde so was auch lieber geheim zu halten versuchen.«
    »Dann tu es!«, gebot Elke.
    Doch Schmalenbach kämpfte. »Was würdest du davon halten, wenn wir beide mal wieder in die Sauna gehen würden?« Elke liebte die Sauna. Schmalenbach hasste sie, zumindest mit Elke. Mit der Bodybuilderin aus Darmstadt ging er gerne in die Sauna. Aber das war ja auch was anderes. Mit Elke war es wie beim Zahnarzt.
    »Damit dir wieder schlecht wird wie letztes Mal? War das peinlich, als die Angestellten dich raustrugen und du nachher eine Stunde lang im Bademantel neben der Kasse gesessen und an einer Mineralwasserflasche genuckelt hast.«
    Er war einfach kein Typ für die Sauna. Außer in Begleitung der Bodybuilderin. Da benahm er sich, als wäre er in Saunen aufgewachsen. Alle starrten auf ihren definierten Körper. Sie glaubten, er und sie gehörten zusammen. Er fühlte sich neben ihr wie ein gut aussehender Schauspieler oder wie ein heterosexueller Modeschöpfer. Aber das durfte Elke nie erfahren. Es handelte sich um das am besten gehütete Geheimnis im Schmalenbachschen Kosmos.
    »Möchtest du eigentlich lieber einen Grabstein oder ein Holzkreuz?«
    Schmalenbach schluckte. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Oder willst du dich lieber verbrennen lassen?«, fragte Elke nachdenklich. »Momentan sind die Kolleginnen, die sich ein Familiengrab mit Marmorstein wünschen, in der Überzahl.«
    Also darum ging es. Ein Fehlalarm. Gott sei Dank. »Ich bitte dich, Elke. Wir stehen in der Blüte unserer Jahre, da mache ich mir doch keine Gedanken über Grabsteine …«
    »Manuela denkt sogar
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