Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Wand lehnte. Wir stiegen auf ein Flachdach, zogen die Leiter hinter uns hoch und kletterten über zwei oder drei Dächer und eine Reihe von Treppen in einen Hof, wo etwa hundert nackte Menschen der Göttin in ihrem elementaren Ritual huldigten, und zwar in einer höchst ungewöhnlichen Stellung, die, wie Alpheus mir versicherte, in Phrygien als Akt großer Frömmigkeit galt. Sie luden uns zum Mitmachen ein, doch ich musste leider ablehnen. »Warum konnte ich diese Insel nicht vor zehn Jahren besuchen?« klagte ich. »Oder auch nur vor fünf? Du und deine Freunde, ihr könnt ruhig bleiben, Alpheus. Ich finde den Weg zum Hermaphroditus auch allein.«
    »Unsinn«, lehnte er mein großzügiges Angebot ab. »Die eigentlichen Feiern beginnen ohnehin erst nach Einbruch der Dunkelheit, und man muss seine Kondition schonen, wenn man bis zum Sonnenaufgang durch halten will.«
    Also verließen wir den Hof und traten in eine Seitenstraße. Mir wurde bewusst, dass ich keinen Schimmer hatte, wo wir waren.
    »Hier entlang«, sagte Alpheus. Wir gingen eine lange Treppe zwischen zwei Häusern hinunter. »Und jetzt hier durch.« Wir betraten einen Tunnel, der in einen großen dunklen Raum in einem der Gebäude mündete.
    »Wo sind wir?« fragte ich. »Ich glaube, du hast den falschen Abzweig -« Ein Dolch, der mir unters Kinn gehalten wurde, ließ mich abrupt verstummen. Eine Hand zupfte den Dolch aus meinem Gürtel.
    »Er hat noch ein Caestus unter seiner Tunika«, warnte Alpheus.
    Nein, ich hätte Hermes auf keinen Fall wegschicken dürfen. »Alpheus! Jeden anderen habe ich verdächtigt, aber ich dachte, zumindest du wärst mein Freund.«
    »Du meinst, ich war nicht wichtig genug, um in irgendwelche Angelegenheiten von internationalem Belang verwickelt zu sein, stimmt's? Nun, das war der Plan«, sagte er höhnisch. »Nimm es nicht persönlich. Ich habe deine Gesellschaft wirklich genossen und bedauere, dass deine sture Beharrlichkeit dir dieses schreckliche Schicksal beschert hat.«
    »Und was jetzt? Ich nehme an, du willst mich umbringen.« Ich hatte nicht vor, kampflos abzutreten, obwohl ich in meiner mißlichen Lage wenig ausrichten konnte. Doch ich vermutete, dass er etwas anderes mit mir vorhatte. Leute, die einem die Kehle durchschneiden wollen, tun es meistens, bevor man weiß, dass sie ein Messer haben.
    »Nein, ich bin beauftragt, dich hier festzuhalten, bis jemand zu uns stößt«, erwiderte er. »Aber ich würde mir keine allzu großen Hoffnungen machen.«
    »Dann werde ich also deinen Auftraggeber kennen lernen?« »Einen von ihnen«, gab er zurück. »Ein reisender Dichter gibt einen idealen Agenten, Spion und Makler ab, musst du wissen.
    Niemand verdächtigt uns, wenn wir umherziehen, weil unsere Kunst uns überallhin führt, wo eine Nachfrage besteht. Es gibt immer irgendeine Feierlichkeit, für die eine neue Hymne komponiert werden muss, eine Bestattung, die durch eine elegische Ode im Andenken der Nachwelt haftenbleiben soll, und so weiter. Mein Auftraggeber brauchte eine Basis auf Zypern, also hat er mich vorgeschickt, um die Insel auszukundschaften und die erforderlichen Schmiergelder zu verteilen. Ein zusätzlicher Vorteil besteht darin, dass ich in den Häusern der Reichen stets ein gefragter Mann bin, so dass niemand es ungewöhnlich findet, mich in Gesellschaft der höchsten Würdenträger zu sehen. Ein Dichter an der Tafel schmückt ungemein.«
    »Mein Kompliment«, sagte ich. »Du hast deine Doppelkarriere elegant im Griff. Ich vermute, die Dichtkunst ist nicht so einträglich?«
    »Leider nein«, bestätigte er. »Aber das ist unwesentlich. Man schafft Kunst, um den Musen zu gefallen, nicht für das tägliche Brot. Allerdings lebe ich auch gern gut, weshalb ein zusätzliches Einkommen vonnöten ist. Die alten Flotten haben zu diesem Zweck Schauspieler angeheuert, aber sie wurden in den vornehmen Häusern nur als Unterhaltungskünstler geduldet, deshalb ist ein Poet die deutlich bessere Wahl.«
    »Ich werde auf meine alten Tage beschränkt«, sagte ich bitter. »Du warst es, der vorgeschlagen hat, Ariston seinen Eid am Poseidon-Tempel abzunehmen, und hast dich dann entschuldigt, während ich von Flavia und ihren Matrosen abgelenkt war. Da hast du den Hinterhalt geplant, nicht wahr? Dann hast du uns mit deinem Gedicht über Orpheus und Eurydike das Tempo vorgegeben - und die Fackel schön hoch gehalten, damit keiner der Angreifer dich für eines der Opfer hielt.«
    Meine Augen hatten sich mittlerweile ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher