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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau
Autoren: Ake Edwardson
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vielleicht schon verloren, dachte Winter. Soll ich anfangen, mich darauf einzustellen?
    Winter ging eine Etage höher in Beiers Labor. Bengt Sundlöf saß da, über seine Lupen gebeugt. Es sah unbequem aus. Der Fingerabdruckexperte arbeitete so konzentriert, dass er Winter nicht hörte. Winter betrachtete unbemerkt das Papier, auf das Sundlöf seine Muster aus Linien und Gabelungen zeichnete. Erst als Sundlöf aufblickte, um sein Auge an die andere Lupe zu halten, fiel ihm auf, dass er Gesellschaft bekommen hatte.
    Winter sagte nichts. »Du willst wissen, wie es läuft?« »Wie läuft es?«
    »Da sind eindeutig Abdrücke, aber ich kann noch nicht sagen, ob wir bis auf zwölf Punkte kommen. Oder auch nur zehn.«
    »Wie viele hast du jetzt?«
    »Darauf möchte ich dir lieber noch keine Antwort geben. Aber es ist etwas Besonderes... über gerade dem hier zu sitzen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Tja, dass es überhaupt möglich ist. Ich muss gestehen, dass ich nicht daran geglaubt habe.«
    »Ich auch nicht«, gab Winter zu.
    »Aber sei nicht zu optimistisch«, sagte Sundlöf.
    »Ist es wirklich der Abdruck eines Kindes?«
    »Sieht so aus. Ich habe die zwei verschiedenen Sätze hier und vergleiche mit denen der Frau... und ihren Abdrücken als Kind.«
    Winter drehte sich zum Gehen um.
    »Man kommt ganz schön ins Grübeln bei der Sache«, meinte Sundlöf zum Abschied.
    Winter zuckte zusammen. Er lag im Bett. Das Telefon klingelte. Die Lampe am Kopfende brannte. In seiner Hand hielt er noch die Akte, über der er eingeschlafen war. Der Wecker zeigte drei Uhr. Das Telefon klingelte und klingelte. »Ja, hallo?«
    »Göran hier. Zeit aufzustehen.« »Was ist los?«
    »Zwei Dinge. SKL ist mit der DNS-Analyse fertig. Mogren war mir einen Gefallen schuldig und hat vor einer halben Stunde angerufen. Es ist ihre. Helenes. Die Kippe. Sie hat diese Zigarette im Mund gehabt.« »Wir wussten es, oder?«
    »Wir wissen nichts, bevor es nicht bewiesen ist«, wandte Beier ein und fügte triumphierend hinzu: »Jetzt ist es bewiesen. Und noch etwas. Sundlöf steht neben mir und will es dir selbst sagen.«
    Sundlöfs Stimme kam aus dem Hörer. »Ich hab sie identifiziert. In zwölf Punkten!«
    Winters Gesicht fühlte sich heiß an, als stünde er in Flammen. Als hätte es ihm das Haar weggesengt.
    »Unser Glück war, dass das, was wir gefunden haben, ein Abdruck von der Fingerkuppe war«, fuhr Sundlöf eifrig fort. »Sonst hätte es nie und nimmer geklappt.«
    »Und du bist dir sicher?«
    »Ich bin mir wirklich verdammt sicher, Winter. Wir haben jetzt Fingerabdrücke hier, die beweisen, dass sie... Herrgott, ich bringe sie durcheinander... also langsam: Helene war als Kind in diesem Haus.« Sundlöf schwieg und holte dann tief Luft. »Der Alte hat alles abgewischt, was auf der obersten Tapetenschicht war, aber er hat nicht alles weggekriegt, was darunter war.«
    »Nein.« Winter dröhnte der Kopf. »Er hat nicht alles weggekriegt.«
    »Hier noch mal Göran«, kündigte Sundlöf an und reichte offenbar den Hörer wieder zurück.
    »Wir sind alle hier versammelt, die ganze Bande«, sagte Beier. »Hast du vor, jetzt mit uns noch mal rauszufahren?«
    »Worauf du dich verlassen kannst!«, rief Winter, der jetzt wirklich wach war, auch von der Kühle im Zimmer: Er hatte die Balkontür halb offenstehen lassen.
    »Ich bin dabei«, sagte Beier.
    Halders fuhr. Winter hatte ihn sofort angerufen, und Halders hatte Aneta angerufen, die jetzt neben Halders auf dem Vordersitz saß. Winter und Ringmar hatten hinten Platz genommen. Beier fuhr im Streifenwagen hinter ihnen mit.
    Der Wald schien ganz farblos um diese Zeit. Es war halb fünf. Kein Flugzeug zerteilte die Luft über ihnen. So weit sie sehen konnten, gab es kein elektrisches Licht. Sie fuhren wie durch einen Weltraum ohne Sterne. Die Lichter der Stadt reichten nicht bis hierher.
    »So was von Schwärze hab ich noch nie gesehen«, sagte Aneta Djanali und hoffte, Fredrik würde das nicht zum Anlass nehmen für eine blöde Bemerkung: Nur du bist dunkler, oder so. Aber Halders hielt den Mund.
    Eine Lampe beleuchtete schwach den Platz vor dem Haus. Bremers Ford stand draußen, quer, als hätte der letzte Fahrer es eilig gehabt. Der Autolack schimmerte matt im Schein der Lampe, die von Nebel umhüllt war.
    »Was war das?« Aneta Djanali zuckte zusammen, kaum dass sie aus dem Auto gestiegen waren.
    »Die Pferde da hinten«, meinte Winter leise. »Die sind unruhig geworden.«
    »Na, und ich erst. Unruhig?
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