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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast
Autoren: Stuart Neville
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wen, sag ihm, es geht um irgendwas Geschäftliches.«
    McKennas Lachen verriet seine Angst. »Warum sollte ich das tun? Warum sollte ich jemanden anrufen?«
    »Weil ich dich sonst umbringe.«
    »Du bringst mich doch sowieso um.«
    Fegan sah in den Rückspiegel. In der Dunkelheit konnte er gerade noch McKennas Augen erkennen, in seiner Brille spiegelten sich die Lichter von jenseits des Wassers. »Man kann so sterben oder so, Michael. Das sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe, wie du weißt.«
    »Mein Gott.« McKenna stieß die Luft aus, seine Schultern bebten. »O mein Gott, Gerry, ich kann das nicht machen.«
    Fegan drückte die Mündung der Walther direkt an McKennas Schädel. »Los jetzt.«
    McKenna senkte schnaufend den Kopf. Das Display seines Mobiltelefons tauchte das Innere des Wagens in ein blau-grünes Licht. Das Telefon piepste und brabbelte in seiner zitternden Hand, noch bevor er es ans Ohr hob.
    »Ja … Hör mal, Tom, mach einfach zu und nimm das Bargeld mit zu dir… Dem geht es gut. Ich hab ihn ins Bett verfrachtet. Ich bin hier drüben bei den Docks … Muss einen Kumpel treffen … Rein geschäftlich. Hör mal, ich muss los. Ich hole das Bargeld morgen ab …Ja, in Ordnung… Bis dann.«
    Das Telefon piepste einmal, und sein schwaches Licht verlosch.
    McKenna wandte den Kopf. »Erinnerst du dich noch an die alten Tage, Gerry?«
    Fegan roch Schweiß, seinen eigenen und den Angstschweiß von McKenna. Erinnerungen hatte er weiß Gott genug, die ihm im Kopf herumschwirrten.
    McKenna machte weiter. »Erinnerst du dich, wie die Briten uns damals hopsgenommen haben, weil wir sie mit Pflastersteinen beworfen hatten? Wie alt waren wir da? Sechzehn, siebzehn? Weißt du noch, ich habe den ersten geworfen und bin stiften gegangen. Der kleine Patsy Toner hatte zu viel Schiss zum Werfen und ist gleich hinter mir her.«
    Er reckte den Hals und versuchte, Fegan anzusehen. Fegan stieß ihm mit der Pistolenmündung gegen den Hinterkopf, bis er wieder nach vorne schaute, dorthin, wo die Verfolger warteten. Alle außer dem Jungen. Der starrte weiter durch das Fenster auf der Fahrerseite.
    McKenna lachte auf. »Aber du nicht. Du hattest nie Angst. Vor niemandem. Du hast die Stellung gehalten. Weißt du noch, wie du einen von denen ins Gesicht getroffen hast? Ihre Köpfe lugten oben aus dem Landrover raus, und der Ziegelstein hat ihn mitten auf die Nase getroffen. Das Blut spritzte nur so.«
    »Das reicht«, sagte Fegan. Er hasste die Erinnerung.
    »Und dann haben sie uns die Falls hochgejagt. Meine Güte, weißt du noch? Wie wir gelacht haben, und der kleine Patsy schrie die ganze Zeit nach seiner Mutter.«
    Fegan drückte die Waffe fester gegen McKennas Schädel. »Ich sagte, das reicht.«
    »Und in der Brighton Street haben sie uns dann erwischt. Mein Gott, wie haben die uns verprügelt. Was für eine Abreibung. Und weißt du noch …« McKennas Schultern bebten vor Lachen. »Weißt du noch, wie sie den kleinen Patsy erwischt haben und der einen von oben bis unten vollgepisst hat vor Angst?«
    Ein Lächeln stahl sich auf Fegans Lippen. Mit der freien Hand wischte er es weg. »Dafür haben sie ihm dann den Arm gebrochen.«
    »Stimmt«, sagte McKenna, und das Lachen in seiner Kehle erstarb. »Und wir haben uns am nächsten Tag freiwillig gemeldet. Hat deiner Mutter das Herz gebrochen, nicht wahr?«
    »Das reicht.« Fegans Augen brannten.
    McKennas Stimme wurde zu einem wütenden Fauchen. »Ich war derjenige, der dich da reingebracht hat, Gerry. Ich! Ich habe dich bei McGinty und den ganzen anderen eingeführt. Ohne mich hätten sie dich doch nie genommen. Das solltest du nicht vergessen. Ohne mich wärst du ein Nichts gewesen, nur irgendein katholischer Halbstarker auf Stütze.«
    »Das stimmt«, sagte Fegan. »Ich wäre ein Nichts gewesen. Ich hätte auch nichts verbrochen. Und dieser Junge wäre noch am Leben. Er hätte eine Frau, Kinder, ein Heim, alles. Wir haben ihm das genommen. Du und ich.«
    McKennas Gebrüll ließ das Wageninnere erzittern. »Er war ein verdammter Spitzel! Hat bei den Bullen gesungen! In dem Moment, wo er die Klappe aufgemacht hat, war er ein toter Mann!«
    Fegan wurde plötzlich ganz ruhig. »Es reicht«, sagte er noch einmal.
    »Gerry, überleg dir, was du da machst. Die Jungs werden sich das nicht einfach gefallen lassen, Waffenstillstand hin oder her. Scheiß auf den Stormont. Die werden dich jagen.«
    Eine Träne zog eine warme Spur über Fegans Wange, er schmeckte Salz. »Mein Gott,
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