Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
dabei hatte ich mir geschworen, so etwas nie wieder zu machen.«
    »Dann mach es nicht, Gerry. Hör mir zu, es ist noch nicht zu spät. Du bist betrunken und steckst in einer Depression. Du bist nicht du selbst. Es wird keinen Ärger geben, wenn du jetzt aufhörst. «
    Fegan schüttelte den Kopf. »Tut mir leid.«
    »Dreißig Jahre, Gerry. Wir kennen uns schon seit dreißig…«
    Die Walther bellte einmal auf und schleuderte rotes und graues Gewebe gegen die Windschutzscheibe. McKenna sackte nach vorne auf das Lenkrad, und die Hupe des Mercedes gellte durch die Nacht. Fegan streckte den Arm aus und zog McKenna zurück in den Sitz. Die Stille verschluckte sie.
    Er kletterte aus dem Wagen und machte mit seinem Taschentuch die Fahrertür auf. Im fahlen Licht vom anderen Ufer sah er, wie McKennas Augen ihn stumpf anglotzten. Seine Designerbrille war zerbrochen und baumelte von einem Ohr. Nur um sicherzugehen, schoss Fegan ihm noch eine Kugel ins Herz. Der trockene Knall der Pistole plätscherte über den Lagan auf die glitzernden Gebäude zu.
    Fegan wischte sich die feuchte Hitze aus den Augen und sah sich um. Die Verfolger kamen aus ihren dunklen Verstecken hervor, drängelten sich um die offene Tür und sahen von Fegan auf die Leiche und von der Leiche wieder zurück auf Fegan. Er blickte sie an, seine Augen wanderten von einem zum anderen. Während sie sich wieder in die Dunkelheit zurückzogen, zählte er sie.
    Einer weniger.
    Elf waren noch übrig.

ELF
     
    »Das ist er«, sagte McSorley und deutete auf ein verschwommenes Bild auf einem fleckigen Zeitungsbogen. Es zeigte einen älteren Mann, der gerade die Tür eines Postamts aufschloss.
    Davy Campbell drehte die Seite auf der Tischplatte, damit er besser sah. Ein weiches Ziel, dachte er. Wieder mal typisch.
    McSorley nippte an seinem Bier und wischte sich den Mund ab. Seine Jeans sah an ihm mindestens fünfzehn Jahre zu jung aus. Hughes und Comiskey fläzten sich auf der anderen Seite der Sitznische. Der Alkohol hatte ihnen bereits die Augen gerötet, dabei war es gerade erst Mittagszeit.
    McSorley wandte sich an die beiden. »Ihr zwei bleibt bei seiner Frau. Davy und ich kümmern uns um ihn.«
    Campbell verschloss das Fenster, das auf den kochend heißen Parkplatz mit zwei verrosteten Autos und die dahinterliegenden Berge wies. Auf der Straße am Rande von Dundalk herrschte kein Verkehr. Die Umleitungen für den Bau der neuen Autobahn hatten den Betrieb im Players Inn inzwischen dermaßen lahmgelegt, dass Eugene McSorley laut über seinen Plan reden konnte, ohne Lauscher befürchten zu müssen. In ein paar Monaten würde der Verkehr auf vier Spuren aus dem Herzen Dublins bis hoch nach Newry geleitet werden, das im Norden direkt hinter der Grenze lag, und von dort weiter bis nach Belfast. Die Hafenstadt Dundalk würde dann vollkommen abseits liegen und mit ihr der Players Inn.
    Früher hatten die Gaelic-Football-Memorabilien an den Wänden noch die Touristen beeindruckt, die auf ihrem Weg nach Dublin in ganzen Busladungen hier angelandet waren. Sie wussten erst, wie schlecht das Essen war, wenn es auf den angeschlagenen Tellern serviert wurde, triefend vor Fett. Jetzt, wo die Kundschaft noch aus diesem Abschaum hier bestand, wirkten die um die Bar herum drapierten Football-Leibchen und Trophäen ein wenig traurig.
    Der Vater des Wirts, Joe Gribben Senior, hatte zu der Mannschaft von Louth gehört, die 1957 den Sam Maguire Cup gewonnen hatte, und Joe Gribben Junior würde das nie in Vergessenheit geraten lassen. Campbell selbst war in Glasgow geboren und aufgewachsen und hatte an Gaelic Football keinerlei Interesse. Joe Gribben wiederum hatte klugerweise keinerlei Interesse an dieser Unterredung, also blieb er außer Hörweite am anderen Ende der Bar.
    Comiskey lehnte sich vor und fuchtelte mit einem Finger vor Campbell herum. »Wieso darf der denn mit? Wieso muss ich bei der alten Schachtel bleiben?«
    Campbell streckte die Hand aus und packte den Finger. »Nimm den aus meinem Gesicht, sonst breche ich ihn dir ab.«
    »Hört auf«, fuhr McSorley sie an und riss die zwei Hände auseinander. »Davy kommt mit mir, weil er weiß, was er tut. Alles, was du kannst, ist rumsitzen und dich am Arsch kratzen, also halt die Klappe und tu das, was man dir sagt.«
    »Du kannst mich mal«, maulte Comiskey. Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Campbell starrte ihn an, bis der andere den Blick abwandte. Waren das wirklich die besten Männer, die McSorley auftreiben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher