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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast
Autoren: Stuart Neville
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geopfert. Jeder Republikaner sollte das gefälligst respektieren.« McKennas Züge entspannten sich wieder. »Aber jetzt ertränkst du das alles im Suff, Gerry. Allmählich fällt das den Leuten auf. Jeden Abend hängst du sturzbesoffen in der Bar und redest mit dir selbst.«
    »Ich rede gar nicht mit mir selbst.« Fegan wollte schon auf seine ständigen Begleiter zeigen, besann sich aber eines Besseren.
    »Mit wem denn sonst?«, fragte McKenna mit bebender Stimme. Er lachte wütend auf.
    »Mit den Leuten, die ich umgebracht habe. Den Leuten, die wir umgebracht haben.«
    »Pass auf, was du sagst, Gerry. Ich habe noch nie jemanden umgebracht.«
    Fegan fixierte McKennas blaue Augen. »Stimmt, Typen wie du und McGinty, ihr wart immer zu schlau, selbst Hand anzulegen. Fürs Grobe habe ihr ja Leute wie mich gehabt.«
    McKenna verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust. »Da kann niemand seine Hände in Unschuld waschen.«
    »Was war sonst noch?«, fragte Fegan. »Du sagtest, >unter anderem<. Was willst du außerdem?«
    »McKenna drehte eine Runde im Zimmer, der Junge folgte ihm. Fegan musste sich in seinem Sessel umdrehen, um ihn im Blick zu behalten. »Ich muss wissen, was du dieser Frau gesagt hast«, erklärte McKenna.
    »Nichts«, antwortete Fegan. »Ich bin kein großer Redner, weißt du ja.«
    »Nein, das bist du nicht. Aber ich habe aus einer verlässlichen Quelle erfahren, dass die Cops in den nächsten paar Tagen anfangen werden, in den Sümpfen bei Dunnagon herumzubuddeln. Ungefähr dort, wo wir damals diesen Jungen vergraben haben.
    Seine Mutter hat ihnen gesagt, wo sie suchen müssen.« McKenna trat in die Mitte des Raumes und baute sich vor Fegan auf. »Also, woher hat sie das gewusst, Gerry?«
    »Spielt das eine Rolle?«, frage Fegan zurück. »Mein Gott, von dem ist doch sowieso nichts mehr übrig. Die Geschichte ist über zwanzig Jahre her.«
    »Es spielt sehr wohl eine Rolle. Wenn du das Maul aufmachst, bis du ein Verräter. Und du weißt ja, was mit Verrätern passiert.«
    Fegans Finger umklammerten die Sessellehnen.
    McKenna beugte sich vor und stützte die Hände auf seine Schenkel. »Warum, Gerry? Warum hast du es ihr gesagt? Was hast du dir davon versprochen?«
    Fegan suchte nach einer Lüge, egal welcher, aber es fiel ihm keine ein. »Ich dachte, dann lässt er mich vielleicht in Ruhe.«
    »Was?« McKenna richtete sich auf.
    »Ich dachte, er würde verschwinden«, erklärte Fegan. Er sah den Jungen an, der mit den Fingern auf McKennas Kopf zielte. »Ich dachte, er würde mich zufriedenlassen. Ruhe geben.«
    McKenna machte einen Schritt zurück. »Wer? Der Junge?«
    »Aber er wollte etwas anderes.«
    »Herrgott noch mal, Gerry.« McKenna schüttelte den Kopf. »Was ist bloß mit dir los? Vielleicht solltest du mal zum Arzt. Weißt schon, damit er dich wieder hinbiegt. Für eine gewisse Zeit woanders hin.«
    Fegan blickte hinab auf seine Hände. »Vielleicht.«
    »Jetzt hör mal zu.« McKenna legte Fegan eine Hand auf die Schulter. »Mein Informant redet nur mit mir, sonst mit niemandem. Du bist mir all die Jahre über ein guter Freund gewesen, und das ist auch der einzige Grund, warum ich mit dieser Sache nicht zu McGinty gelaufen bin. Wenn der wüsste, dass du bei dieser alten Schachtel die Klappe aufgemacht hast, dann würden die Bullen demnächst nach deiner Leiche suchen.«
    Fegan hätte am liebsten McKennas Hand von seiner Schulter gerissen, blieb aber reglos sitzen.
    »Kann natürlich sein, dass ich dich dann auch mal um einen Gefallen bitten muss. Ich hätte vielleicht was für dich zu tun. Ich habe da ein paar Deals am Laufen, Sachen, von denen McGinty nichts weiß. Wenn du die Finger von der Flasche lassen kannst und dich kurieren lässt, könntest du mir eine große Hilfe sein. Und McGinty muss ja gar nicht erfahren, was du der Mutter dieses Jungen gesagt hast.«
    Fegan sah, wie der Junge das Gesicht verzerrte, während die anderen Schatten sich um ihn versammelten.
    »Verstehst du, was ich dir sage, Gerry?«
    »Ja«, sagte Fegan.
    »Guter Mann.« McKenna lächelte.
    Fegan stand auf. »Ich muss mal pinkeln.«
    McKenna trat zurück. »Bleib nicht zu lange«, sagte er.
    Rasch verschwand Fegan die Treppe hinauf und ins Bad. Er zog die Tür hinter sich zu und schloss ab, aber wie immer schafften es seine Verfolger trotzdem herein. Fegan achtete nicht weiter darauf und bemühte sich stattdessen, aufrecht stehen zu bleiben, während er seine Blase entleerte. Er hatte sich schon lange daran
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