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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin
Autoren: Sandra Lüpkes
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abgebauten Spielplatzes. Sie standen vor einem weißen Hotel, es war teils reetgedeckt, teils hatte es rote Dachziegel, und obwohl es groß war, wirkte es doch filigran. Zwei kleine Türmchen säumten den Eingang und gaben in ihrer Mitte eine große Treppe frei, auf der ein roter Teppich nach oben führte, der noch nicht einmal protzig wirkte, der dort einfach liegen musste.
    »Okay, es beeindruckt mich«, sagte Wencke missmutig.
    »Das ›Dünenschloss‹ ist dazu da, zu beeindrucken, nimm es nicht persönlich. Um die Jahrhundertwende haben hier Fürsten und Barone residiert, damals führte eine breite Treppe direkt an den Strand. Die liegt jetzt hier irgendwo unter uns, vom Sand verweht. Doch wie ich den Besitzer des ›Dünenschlosses‹ einschätze, wird er eines Tages versuchen, die Stufen eigenhändig wieder freizuschaufeln.«
    Wencke nahm die Broschüre wieder hervor, sie hatte die ganze Zeit in der Tasche ihrer Jeansjacke gesteckt, und so sah das Papier nicht mehr ganz so jungfräulich aus, wie es das in der sicheren Obhut von Meints Sammelmappe getan hätte.
    Auf der Rückseite fand sie, was sie gesucht hatte.
    »Thore Felten heißt der Mann, den wir besuchen müssen. Er scheint sozusagen der Sanddornkönig zu sein.«
    Dann stiegen sie gemeinsam die Treppe hinauf.
     
     
    Bratkartoffeln. Nicht, dass er sie nicht mochte, sie langweilten ihn nur. Speck und Zwiebeln waren nur Taschenspielertricks in der Zauberkiste seiner Kochkünste.
    Eine Frau war heute auf der Insel angekommen. Sie ging Fokke nicht aus dem Kopf.
    Zwischen all den dunkel gekleideten Männern auf dem weißen Schiff war sie ihm sofort aufgefallen. Sie hatte sich nicht umgeschaut, als sie von Bord der »Frisia IX« kam und auf der Gangway die Menschenmassen passierte, die aus irgendwelchen Traditionsgründen ständig »Oh, wie blass« riefen und ihre Wollmützen in der Luft herumschwenkten. Es passierte nicht oft, dass im Oktober eine Frau hierher kam, die ihn interessierte. Das letzte Mal war es bei Ronja so gewesen. Auch diese Frau war rothaarig und hatte diese selbstsichere Art, die ihm an Frauen so gefiel. Doch darauf beschränkten sich die Gemeinsamkeiten auch schon. Die Frau von heute war klein und vielleicht ein bisschen frech, sie trug eine Jeansjacke und nicht etwa einen Kaschmirmantel, ihre Haare waren kurz und gefärbt und keine wilde Lockenpracht. Sie war auf angenehme Art attraktiv gewesen, auch wenn sie einem Mann vielleicht keine feuchten Träume bescherte.
    Fokke war am Fähranleger damit beschäftigt gewesen, Kartons mit frischem Fisch auf einen Handkarren zu laden. Irgendein Idiot hatte seine Reisetasche im Gepäckcontainer auf die Kühlbox gestellt und nun war der Deckel zerbrochen. Selbst schuld, wenn die Klamotten nun nach Fisch rochen. Die kostbare Weinlieferung musste er ebenfalls im Auge behalten, und darüber hatte er die Frau leider aus den selbigen verloren. Das Letzte, was er sehen konnte, war, dass sie ihre Sonnenbrille abnahm, um Siemen Ellers zu begrüßen. Ihre Augen waren beeindruckend.
    Der deftige Geruch aus der Pfanne stieg ihm in die Nase. Unter diesen Umständen würde es schwierig werden, die Weine durchzugehen. Gunnar hantierte mit dem Kellnerbesteck und öffnete eine Flasche nach der anderen.
    »Gib dein Bestes am Wochenende, Fokke, diese Tröpfchen werden das Ihre tun.« Sein Freund schenkte hellblonden Wein ein, nur zwei Fingerbreit, das dünnwandige Glas beschlug leicht. »Chardonnay. Limitierte Ausgabe sozusagen, ›Reserva Legado de Familia‹ , nette Rarität für Kenner. Das Bouquet ist nicht von schlechten Eltern.«
    Fokke nippte daran. Er schloss die Augen und dachte an die Frau am Hafen. »Betörend!«
    Gunnar setzte sich zu ihm an den Tisch, probierte schweigend und nickte schließlich. »Es könnte wieder so sein wie in vergangenen Zeiten. Wenn es am Samstag so läuft wie geplant, dann sind die Tage vergessen, wo wir Bratkartoffeln für die Angestellten servieren müssen.«
    »Es wird so laufen wie geplant«, stellte Fokke fest.
    Für ihn stand das außer Frage, er wusste, es ging ums Ganze. Er hatte zwar schon manchen verwöhnten Gaumen gekitzelt, damals in der »Auster« hatten alle naselang prominente Feinschmecker an seinem Tisch gesessen und geschlemmt, doch diesmal war es anders. Diesmal würden sie alle kommen, sie würden nebeneinander sitzen, wenn er seine große Vorstellung gab, sie würden miteinander schmatzen und rülpsen und nicht zuletzt über seine Kunst schwadronieren. Dies
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