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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin
Autoren: Sandra Lüpkes
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Schweigen. Es war das erste Mal, dass der Hoteldirektor seine Klappe hielt.
    Nun räusperte er sich. »Was kann ich denn nun für Sie tun? Bitte, setzen wir uns doch.«
    Meint und Wencke setzten sich auf eine wohl antike, ziemlich aufwendig geblümte Chaiselongue, die sich am Fußende des riesigen Bettes ausbreitete. Thore Felten nahm ihnen gegenüber auf einer Art Frisierhocker Platz, seitlich von ihm war ein monumentaler Spiegel mit beweglichen Seitenflügeln. Hier mochte sich die glückliche Braut vor und nach Vollzug der Ehe das Haar richten. Nun spiegelte sich der Hoteldirektor darin, Wencke sah Felten von hinten, Felten von links und von rechts und dank des oberen Spiegelflügels auch aus der Vogelperspektive. Dies war ein ziemlich merkwürdiger Raum für ein Ermittlungsgespräch. Normalerweise saß man in einem Büro, einer Küche oder in der guten Stube. In einer Flitterwochensuite hatte sie noch nie eine Todesnachricht überbringen müssen.
    »Nun, wie bereits gesagt, dies ist mein Kollege Meint Britzke, mein Name ist Wencke Tydmers, wir kommen von der Polizeidienststelle Aurich, genau genommen von der Mordkommission.«
    Tatsächlich zeigte Felten endlich mal eine Regung: Er zog die Augenbrauen hoch.
    »Heute Morgen ist in den Dünen unweit Ihres Hotels eine junge Frau tot aufgefunden worden. Unter den gegebenen Umständen gehen wir davon aus, dass sie eines gewaltsamen Todes gestorben ist.«
    Felten verschränkte die Arme und legte die Beine übereinander.
    »Was wollen Sie damit sagen: unweit meines Hotels? Ich bin mir sicher, in diesem Haus hat niemand etwas damit zu tun. Ich kenne alle meine Angestellten und würde für jeden meine Hand ins Feuer legen.«
    »Darum geht es nicht direkt. Wir haben nur erfahren, dass die Tote am Wochenende zur Sanddornkönigin gekrönt werden sollte.« Es klang schon verdammt dramatisch, dachte Wencke, und sie mochte das eigentlich nicht. »Ronja Polwinski.«
    Bingo, es gab auch Gefühle, die sich auf Feltens Gesicht bemerkbar machten. Seine Mimik fiel in sich zusammen, als hätte jemand die Luft herausgelassen, und sie wusste jetzt, woher die tiefen Falten um seinen Mund herum kamen.
    »Das kann nicht sein. Sie ist doch gar nicht auf der Insel.«
    Meint hatte schnell seinen Notizblock aus der Sammelmappe gezogen.
    »Hatte sie vor, zum Festland zu fahren? Wenn ja, wann und wohin?«
    »Mein Gott, ich habe sie am Freitag gesehen, sie wollte Samstag früh fahren. Sie sagte, sie hätte noch einen wichtigen Beratungstermin in Hannover, und dann hatte sie vor, sich noch ein wenig zu entspannen, bevor das Wochenende kommt. Sie wollte morgen früh mit dem ersten Flieger wieder zurück sein.« Er schüttelte fassungslos den Kopf, alle seine Spiegelbilder taten dasselbe.
    »War Frau Polwinski bei Ihnen fest beschäftigt?«
    »Ja«, er hielt kurz inne, wohl, um sich an die Vergangenheitsform in der Frage zu gewöhnen. »Sie war seit einem Jahr in unserem Haus. Sie studiert normalerweise…«
    »… Psychologie und Touristik«, half Wencke ihm auf die Sprünge.
    »Genau. Für ihre Diplomarbeit brauchte sie Einblicke in das Hotelleben. Die haben wir ihr gewährt, als Gegenleistung profitierten wir von ihren Forschungsarbeiten. Quid pro quo. Wir sind alle gut damit gefahren.«
    »Herr Felten, wenn ich ehrlich bin, kann ich mir nichts darunter vorstellen.«
    Er überlegte kurz.
    »Sie experimentierte in gewissem Sinne mit unseren Erwartungen und denen unserer Gäste. Sie kennen das doch sicher, was dem einen Gast recht ist, ist dem anderen nicht billig. Und wer darunter zu leiden hat, ist oft das Personal und alle anderen, die damit zu tun haben. Ihr Ziel war es, ein Konzept zu erarbeiten, wie man einerseits den höchsten Ansprüchen der Kunden genügt und das Personal dahingehend auch motiviert und fördert. Andererseits aber auch ein betriebliches Umfeld schafft, welches die Mitarbeiter nahezu von selbst dazu animiert, das Beste zu geben.«
    »Tut mir Leid, ich verstehe es immer noch nicht so ganz.«
    »Nun, im Grunde war sie immer im Gespräch mit allen Menschen in diesem Hotel. Sie versuchte herauszufinden, was wer will, und am Ende wollte sie dies alles unter einen Hut bringen.«
    Wencke gab sich zufrieden, zumindest mit dem geschäftlichen Teil. Sie beobachtete Felten genau, sah auch, dass er litt. Ihm schien die Nachricht in die Eingeweide gefahren zu sein. Und dies konnte unmöglich nur aus rein beruflichen Gründen so sein. »Wie gut kannten Sie sich privat?«
    Meint warf ihr
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