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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin
Autoren: Sandra Lüpkes
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hielt den Atem an. Er wollte nachfragen, aber Mareike war in Tränen aufgelöst, schluchzte und jammerte, er kam nicht zu Wort. Er strich ihr über den Kopf und beschloss, sich so zu geben, als habe er es schon gewusst.
    »Scheiße, hätte das Arschloch, das sie umgelegt hat, nicht noch eine Woche warten können?« Wieder schüttelte sie sich vor Weinkrämpfen. »Jetzt soll ich den ganzen Mist übernehmen, verstehst du? Die denkt sich diesen Schwachsinn aus mit diesen verdammten ›Sanddorntagen‹ , und dann macht sie sich einfach so davon, und ich kann ihren Job gleich mitmachen. Das schaffe ich nie!«
    Der Fahrstuhl hielt an, er half ihr auf und gab ihr sein Taschentuch. Sie schnauzte sich und verzog dann das Gesicht. »Das stinkt nach Bratkartoffeln«, sagte sie, drückte ihm den Stofflappen wütend in die Hand und schob sich durch die Tür, kaum dass sie geöffnet war. Fokke schaute der verheulten, schlaksigen Mareike hinterher, wie sie auf ihren Stöckelschuhen und in dem ziemlich knappen Rock in ihr Zimmer stolperte.
    Dann ging er langsam in seine Bude, verriegelte die Tür hinter sich und atmete tief durch.
    Ronja war ermordet worden.
    Dies war schrecklich genug. Doch das wahre Grauen, welches ihm leise die Klauen auf die Schulter legte, bereitete ihm der Gedanken an seine Mutter.
    »Ich habe es nicht mehr unter Kontrolle. Ich habe mich nicht mehr unter Kontrolle. Es ist etwas Schreckliches passiert, o mein Gott, wenn Sie wüssten, wie schrecklich«, hatte sie am Telefon gesagt. Und er ahnte, dass seine schlimmsten Befürchtungen, seine grauenhaftesten Vorahnungen vielleicht schon eingetroffen waren.
     
     
    Wir halten alle die Luft an in Erwartung auf das kommende Wochenende. Wenn die wirklich wichtigen Leute der deutschen Spitzengastronomie erst einmal Wind davon bekommen, wie vielseitig die Sanddornbeere unsere Küche bereichern kann, dann wird unser kleines Hotel hier auf Juist bundesweit einen unvergesslichen Namen in den höchsten Kreisen erlangen.«
    Wortgewandt und weltvergessen dozierte der schlanke Herr im hochwertigen Sport-Outfit nun schon, seit Wencke und Meint das Hotel betreten hatten und in sein Direktorenzimmer geführt worden waren. Er hätte eigentlich gerade vorgehabt, auf dem Platz hinterm Haus Tennis zu spielen, doch diese Dinge könnten auch warten, und er wäre gern bereit, ihnen das Hotel zu zeigen und so weiter. Sie hatten sich ihm vorgestellt und auch, dass sie von der Mordkommission waren, hatten sie ihm gesagt. Irgendwie schien er es nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Er erinnerte Wencke an den Fasan, den sie in den Dünen vor dem Hotel beobachtet hatte: stolz und eitel durch seine Welt schreitend, aber lächerliche Laute von sich gebend.
    Leider konnte Wencke nichts dagegen tun: Sie mochte diesen Thore Felten nicht. Mit Sicherheit wurde er als attraktiver Mann in den besten Jahren gehandelt, doch sie kam nicht darüber hinweg, dass er irgendwie nach Kopfschmerzen aussah. Er war zwar sportlich gebräunt, und in seinen Augen blitzte ab und zu etwas Jungenhaftes, doch die tiefen Falten um seinen Mund herum bezeugten, dass er nicht allzu oft lachte.
    »Nachdem wir nun die Standardzimmer und die Juniorsuite gesehen haben, freue ich mich, Ihnen unsere Hochzeitsräume zeigen zu können.« Felten öffnete mit großer Geste eine Doppelflügeltür, und sie betraten ein riesiges, lichtdurchflutetes Zimmer, in dessen Mitte ein pompöses Himmelbett stand. Auf dem Baldachin war eine goldfarbene Kompassrose gestickt, und die gegenüberliegende Wand war eigentlich eher ein einziges Fenster, das ein großformatiges Panorama auf den Strand freigab. »Schauen Sie, Sie genießen hier den auf der Insel einzigartigen Seeblick zu beiden Seiten, denn wenn wir die Galerie nach oben gehen, können wir von dort das Wattenmeer überblicken. Nur meine Frau und ich haben eine vergleichbare Aussicht in unserer Wohnung. Ist es nicht phantastisch?«
    »Was kostet es?«, fragte Meint.
    »Nun, es ist nur noch bis Samstag frei, dann wird hier der niedersächsische Landesvater mit seiner Frau residieren. Ich habe heute Morgen das erfreuliche Fax mit seiner Zusage bekommen, dass er uns an den Sanddorntagen beehren wird.«
    »Wir werden nicht hier wohnen, ich frage nur, weil ich mir absolut nicht vorstellen kann, was so etwas kostet.«
    Felten lächelte ein wenig pikiert. »Hundertachtzig.«
    Meint nickte.
    »Pro Person, versteht sich.« Meint nickte wieder.
    Für einen kurzen Moment herrschte betretenes
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