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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe
Autoren: Margit Sandemo
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Meta.
    Kolgrim fand Brand draußen auf dem Erbsenfeld. Nach ein paar einleitenden Sätzen fragte er mit entwaffnender Direktheit:
    »Hast du jemals den heimlichen Schatz des Eisvolks gesehen?«
    Brand setzte sich gemächlich an die Grabenkante. Er war jetzt vierundzwanzig Jahre alt und groß und schwer wie ein Bär. Außer ihrem Sohn Andreas hatten er und Matilda noch keine weiteren Kinder, aber Andreas war ein Sohn, auf den man stolz sein konnte, war er doch aus demselben Holz geschnitzt wie sein Vater und sein Großvater.
    »Nein, den Schatz habe ich nie gesehen. Mein Bruder Tarjei hat ihn in Verwahrung, denke ich.«
    Kolgrim kauerte wie eine kleine Eidechse neben dem jüngsten Cousin seines Vaters. »Was ist das eigentlich für ein Schatz?« »Hast du seine Geschichte nie gehört?«
    »Nur teilweise. Ich weiß gar nicht, warum alle die Geschichte kennen, nur ich nicht.«
    Alle waren sehr darauf bedacht gewesen, Kolgrim nicht allzu viel über das Eisvolk zu erzählen. Brand atmete tief durch die Nase ein.
    »Trond und ich waren schon immer der Meinung, daß sie dich ungerecht behandeln, Kolgrim. Mehr als jeder andere solltest du die Sage vom Eisvolk kennen.«
    »Das finde ich auch«, sagte Kolgrim mit zitternder Unterlippe. Es gelang ihm tatsächlich, unglücklich und weinerlich auszusehen. »Ich habe natürlich von dem bösen Tengel gehört, und von deinem Großvater Tengel und meiner Großmutter Sol, die zaubern konnte, aber mehr weiß ich nicht.«
    Also erzählte Brand von all denen in der Sippe, die der Fluch zu Verdammten gemacht hatte, und Kolgrim lauschte andächtig, während seine Augen immer größer wurden. Er hielt sich nicht für einen Verdammten - seiner Ansicht nach war er ein Auserwählter.
    »Hat sich der böse Tengel wirklich auf die Suche nach Satan gemacht? Wo?« »Das weiß niemand.« »Aber hat er das geschafft?«
    »Er sammelte alle magischen Kräuter und Zaubermittel, die er kannte, in einem großen Kessel und kochte daraus ein Gebräu, das schrecklicher war, als ein Mensch sich vorstellen kann. Denn Tengel der Böse konnte eine Menge, das sage ich dir!« »Trank er davon, als es fertig war?«
    »Keiner weiß es. Vielleicht ja, vielleicht nein. Jedenfalls sprach er merkwürdige Beschwörungsformeln über dem Trank, um den mit dem Pferdefuß, du weißt, wen ich meine, heraufzubeschwören. Und das gelang ihm, sagt man. Großvater Tengel glaubte nicht daran, er meinte, es sei nur eine Eigenart der Sippe, das mit den Katzenaugen und den speziellen Fähigkeiten, die gewöhnliche Menschen nicht haben. Aber ich weiß nicht, ich weiß nicht!« »Was denn?«
    »Ob die Sage nicht doch wahr ist. Ich glaube, daß Satan selbst seine Hand im Spiel hat.« »Jesses!«
    »Du sollst nicht so lästerlich reden, das weißt du! Und einer der Nachkommen von Tengel dem Bösen soll der Sage nach der größte Hexenmeister werden, den die Welt jemals gesehen hat«, sagte Brand.
    Das bin ich, das bin ich, dachte Kolgrim aufgeregt. Denn er hatte sofort gewußt, daß er einer der Verdammten war, wie Brand sie nannte. Das wußte er schon seit ganz langer Zeit. Er brauchte ja nur in den Spiegel zu sehen, um sich davon zu überzeugen.
    Ja, er war ganz sicher, daß Tengel der Böse von dem Teufelsgebräu getrunken hatte. Und er, Kolgrim, würde das auch tun. Irgendwann. Wenn er nur wüßte, wie. Und wo…
    »Hat Tarjei den Schatz bei sich, da wo er jetzt ist, in Wie heißt-das-noch?«
    »In Erfurt? Trond hat gemeint, nein. Denn Trond war auch einer von ihnen, wußtest du das?«
    Nein, davon hatte Kolgrim nichts gewußt. Wenn er es nur gewußt hätte, als Trond noch lebte! Dann wären sie beide zusammen ungeheuer stark gewesen. Unbesiegbar! Brand, der einen Moment ganz versunken gewesen war in die Trauer um seinen toten Bruder, blickte auf. »Und in dem Schatz befindet sich unter anderem eine Alraune.« Diese Zauberwurzel kannte Kolgrim. O ja, er kannte und wußte viel mehr, als irgend jemand ahnte. Denn genau diese Dinge interessierten ihn maßlos, und deshalb merkte er sich all das sehr genau.
    Brand war viel zu gutgläubig, um zu begreifen, welche unheilvolle Saat er mit seinen Worten in Kolgrims kleiner schwarzer Seele ausgestreut hatte.
    Das erste, was der Junge tat, war, an einem Kirchgangssonntag so zu tun, als habe er Fieber. Also durfte er zu Hause bleiben.
    Sogleich lief er hinüber nach Lindenallee und durchsuchte das gesamte Haus, den gesamten Hof, ohne jedoch etwas zu finden. Er brauchte die ganze lange Zeit des
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