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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund
Autoren: Margit Sandemo
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herumzuhuren, zu lügen und zu betrügen? Ich nehme an, daß deine Abwesenheit in den letzten Monaten daher rührte, daß du im Gefängnis gesessen hast? Und daß die Männer, die du beim ersten Mal dabei hattest, Gefangenenwächter waren. Satan freut sich jetzt, Heming. Er steht auf meiner Seite, verstehst du.« Der Nebelschleier vor seinen Augen wurde immer dichter. Doch noch konnte er sie erkennen.
    Unbeweglich kauerte sie auf dem niedrigen Holzblock und sah ihm beim Sterben zu. Und ihre Augen leuchteten, gelb und unversöhnlich.
    Bald waren es nur noch die Augen, die er erkannte. Dann verschwanden auch sie.
    Sol erhob sich. Hob die Alraune vom Boden auf. Setzte sich wieder aufs Pferd, und mit dem anderen Pferd am Zügel hinter sich, ritt sie nach Osten. Zu den unbekannten Wohnstätten der Schwenderfinnen.

14. KAPITEL
    Der Winter verging.
    Tengel oder Silje standen oft am Fenster und spähten die Lindenallee hinunter und hofften, einen ganz speziellen Besucher zu erblicken - ihre Stieftochter Sol. Doch nichts tat sich, seit sie an jenem Herbsttag fortgeritten war. Beide studierten insgeheim Sols Linde in der Allee. Und so lange sie gesund war, atmeten sie erleichtert auf. Noch ein Sommer. Ein neuer Herbst…
    Siljes und Tengels - und Charlottes - erstes Enkelkind kam zur Welt. Liv gebar ohne Komplikationen einen hübschen Jungen, der den Namen Tarald bekam. Benannt nach dem sehr stolzen Vater der Mutter. Er hatte ihnen verboten, den Jungen Tengel zu taufen. »Das ist ein Name voller Schmerzen«, sagte er.
    Silje sagte nichts, dachte sich aber ihren Teil: Vielleicht hatte ihre arme Tochter jetzt endlich ihre alten Probleme überwunden - da sie trotz allem ein Kind zur Welt gebracht hatte? Und sie wirkte so glücklich, so fröhlich und frei zusammen mit Dag.
    Silje dachte oft an Hannas Worte: Alle deine Kinder werden dir große Freude machen. Nur einen tiefgreifenden Kummer werden sie dir bereiten.
    Hatte sie diesen Kummer denn nicht schon gehabt? Livs tragische Ehe mit all dem, was damit zusammenhing? Aber als sie es Tengel gegenüber erwähnte, hatte er sich umgedreht. Hatte nicht antworten wollen.
    Weil Liv jetzt glücklich war. Wahrscheinlich war er der Ansicht, daß ihr Unglück zu kurz angedauert hatte, um mitgerechnet werden zu können.
    Silje jedoch war fest entschlossen, diese Zeit mitzurechnen. Jetzt konnte nichts Schlimmes mehr geschehen!
    Klaus war unter Tengels heilenden Händen schnell wieder genesen und arbeitete nun offensichtlich glücklich auf Grästensholm. Nie erwähnte er auch nur mit einer Silbe seine große Sehnsucht. Für ihn hatte es nie eine andere als Sol gegeben, und auch er hielt oft den Weg hinunter nach ihr Ausschau.
    Liv war wirklich glücklich. Dag war eine Absprache mit ihr eingegangen, versprach, daß er ihr niemals Vorwürfe machen würde, wenn ihr irgend etwas im Haus nicht gelänge. Doch für ihn hatte es nie Anlaß zur Kritik gegeben. Eine bessere Hausfrau als Liv war kaum zu finden. Dag nahm an, daß Berenius von einem unermüdlichen Ehrgeiz, der Beste sein und über anderen Menschen stehen zu müssen, getrieben worden war, und deshalb auf anderen herumgetrampelt hatte, wie untadelig sie auch immer gewesen sein mochten.
    Eines Winterabends, als draußen der Wind heulte und Tengel und Silje am offenen Kamin saßen und sich entspannten, wurde schwer an die Tür gehämmert. Fragend schauten sie sich an. Wer konnte an einem Abend in diesem Januarsturm so spät unterwegs sein? Tengel erhob sich, um zu öffnen.
    Draußen stand eine Frau, in Umhang und Schal gehüllt.
    »Sol!« rief Tengel. »Komm herein! Komm herein, geliebtes Kind!«
    Verwahrlost und erschöpft trat sie in die gemütliche Halle. Sie wurde von beiden Elternteilen herzlich umarmt, und Sols Augen füllten sich mit Tränen.
    Sols Blick wurde von Siljes Mosaikfenster angezogen, das Silje einmal von dem Maler Benedikt bekommen hatte. Sie betrachtete die Portraits der vier Kinder, alle von Silje gemalt. Erinnerte sich, wie unruhig sie Modell gesessen und wie Silje sie gescholten hatte. Doch die Portraits waren vortrefflich gelungen.
    »Wir haben dich so schrecklich vermißt, Kind«, preßte Silje zwischen Weinen und Lachen hervor. »Diesmal kommst du also allein? Keine arme Meta und auch kein armer Klaus im Schlepptau?«
    »Nein, ich komme nicht allein«, sagte Sol halberstickt. »Ich habe noch jemanden dabei. Kann ich…?
    »Ja, hol nur deinen Schützling«, lächelte Tengel. »Niemand soll in einer solchen Nacht
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