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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund
Autoren: Margit Sandemo
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war.
    Ein verrückter Gedanke überkam sie. Dies war der Mann für sie, so viel war sicher. Wenn sie doch mit ihm zusammen zur Ruhe kommen könnte. Hier, in dieser Welt. Ein Heim aufbauen dürfen, vielleicht Kinder bekommen, dieses rastlose Suchen hinter sich lassen. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie, so wie andere Frauen zu werden - die Geborgenheit mit Mann und Heim zu spüren. Aber war das möglich? Zusammen mit so einem? Das konnte wohl nicht sein. Er war hier ja nur zu Gast, wie ein Fremder in dieser Welt. Doch sie würde ihn fragen. Oh, Gott, sie würde ihn fragen. Jetzt aber noch nicht. Erst mußten sie einander besser kennen.
    So sehnlichst hatte sie sich noch nie etwas gewünscht. Und der Gedanke an ein ruhiges, schönes Glück rieselte in leichten Strömen durch ihren Körper.
    Sie ritten lange - bis er zu halten befahl. Da hatten sie gerade ein Dorf hinter sich gelassen, und nun befanden sie sich in einer öden Gegend.
    Ihr fahrender Ritter zeigte auf einen Heuschober. »Sollen wir dort eine Zeitlang Rast machen?« Sie nickte. Ihr Herz hämmerte ihr vor Aufregung bis hinauf in den Hals.
    Es war mitten am Tag. Die Sonne schien auf die Wände des Schobers, und drinnen war es warm und angenehm. Er zog sie langsam aus und betrachtete sie lange, bevor er auf routinierte Weise ihre Leidenschaft weckte.
    Sol war noch nie zuvor einem so sicheren Liebhaber begegnet. Er war jetzt nicht wie der Fürst der Finsternis. Der pflegte schneller zur Sache zu kommen. Hier schien er genau zu wissen, was eine Frau sich wünschte, und als er schließlich ausgezogen neben ihr lag, vibrierte ihr ganzer Körper.
    Doch gleichwohl war es nicht dieselbe Orgie wie in seinem Reich. Sie wußte nicht, was anders war, konnte es nicht begreifen. Im Abgrund mußte sie nicht entfacht werden, ihr Körper hatte dennoch in Brand gestanden. Hier war sie zum ersten Mal in einer irdischen Umarmung entflammt, doch es glich eher einem Genuß, nicht der schmerzhaften Ekstase, die mehr und mehr verlangte.
    Aber gewiß machte er sie glücklich! Das konnte sie nicht leugnen. Als sie ermattet neben einander lagen, empfand sie eine warme Zusammengehörigkeit. Endlich hatte sie im Leben Halt gefunden. Etwas, woran sie sich festhalten konnte. Sie strich mit der Hand über die seidenweiche Haut auf seiner Brust.
    Diesmal unternehme ich nichts, um eine mögliche Leibesfrucht zu töten, dachte sie. Wenn ein Kind dabei herauskommt, dann ist es mir herzlich willkommen. Man stelle sich vor - ein Nachkomme von mir, der Hexe mit den Katzenaugen, und Satan höchstpersönlich! Das Kind würde sie hüten und lieben - wenn es zu einer solchen Verbindung kommen würde.
    »Du warst gut«, sagte er heiser.
    »Du auch.«
    Das wußte er wohl von früher. Es war schließlich nicht das erste Mal.
    Doch diesmal war es anders. Ganz anders als ihre Ausflüge zum Blocksberg. Er war auch nicht so gut ausgestattet, körperlich gesehen, wie im Abgrund. Aber auch dieses Detail gehörte selbstverständlich zu seiner irdischen Verkleidung.
    »Nun wollen wir zusammenhalten«, flüsterte er.
    »Ja. Aber du weißt doch wohl, daß ich keine Heilige bin« »Das bin ich auch nicht«, lächelte er. »Nein, das bist du ganz bestimmt nicht.«
    Er griff nach ihrer Alraune. »Die will ich haben«, sagte sanft. »Als Liebespfand.«
    Sol spürte Verlust und Widerwillen an sich zerren. Sie konnte doch nicht ihren teuersten Besitz fortgeben! Doch sie konnte es ihm auch nicht verweigern, eine Alraune gehörte rechtmäßig dem Satan. Mit Trauer im Herzen gab sie sie her.
    Sie erhob sich und zog sich an. Langsam und gemächlich stand auch er auf.
    »Ich habe auch zwei, drei Leute in meinem Leben umgebracht«, gab sie zu, denn ihm mußte sie es selbstverständlich sagen. »Aber damit will ich jetzt aufhören. Ich habe Lust, mit dir zusammen ein neues Leben anzufangen. Ein besseres Leben«, lächelte sie. »Meine Stiefeltern haben mich immer darum gebeten, doch ich bin wahrscheinlich zu einsam und wild gewesen, um auf Menschenleben Rücksicht zu nehmen. Und diejenigen, die ich umgebracht habe, waren böse Menschen, die meinen nächsten Angehörigen Schaden zufügen wollten. Nur die, vor denen ich sie beschützen mußte, habe ich getötet.« Ihr Ritter grinste breit. Er war ein prächtiger Anblick, wie er dort nackt vor der Scheunenwand stand.
    »Du brauchst dich bei mir nicht dafür zu entschuldigen«, lächelte er. »Ich habe ein ganzes Volk ausgerottet« »Ja, das hast du wohl«, lachte sie.
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