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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund
Autoren: Margit Sandemo
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»Mehrere, könnte ich mir vorstellen.«
    »Nein, es ist wahr! Ein ganzes Volk von Hexen und Zauberern.«
    »Was du nicht sagst!«
    Dann ging ihr auf, was er gesagt hatte. Sie spürte, wie sich etwas Kaltes über ihren Körper legte. Es funkelte und glitzerte im Sonnenlicht, das durch die Spalten in den Wänden der Scheune eindrang, und ihr in die Augen stach. »Sag mir… wie heißt du eigentlich?«
    »Ich?« lächelte er nichtsahnend. »War ich nicht dein fahrender Ritter?«
    »Nein, ich will es wissen.«
    »Warum denn?«
    Sie merkte, wie ihr schwindelte, doch es gelang ihr, ihrer Stimme einen normalen Klang zu geben. »Ich will es wissen.«
    »Warum denn? Na, dir kann ich es ja sagen. Ich heiße Heming.«
    Sol war ganz blaß geworden. »Heming Vogtmörder?« Das Lächeln in seinem Gesicht erstarb. »Woher weißt du das? Woher zum Teufel weißt du das? Niemand hier im Süden kennt diesen Namen.«
    Langsam, sehr langsam stiegen fürchterlicher Zorn und schmerzlich brennende, verzehrende Enttäuschung in Sol auf. Der Zorn steigerte sich wie ein Schmerzensschrei, und sie riß eine Heugabel von der Wand. »Halt!« schrie er. »Bist du von Sinnen?«
    Mit aller Kraft schleuderte sie die Gabel gegen Heming, der verzweifelt zu entkommen versuchte. Doch gleich darauf stand er festgenagelt an die Wand gespießt. Die Zinken der Heugabel hatten ihn bei lebendigem Leib durchbohrt. Sein Schrei durchschnitt die Luft.
    Sol starrte mit dem gleichen unversöhnlichen Blick auf ihn, den sie dem Sohn von Abelone vor zwanzig Jahren zugesandt hatte.
    Er stöhnte und keuchte. »Du bist von Sinnen! Hexe!« presste er heraus.
    Sie trat dicht zu ihm heran. »Erkennst du mich nicht wieder? Ich bin Sol vom Eisvolk, Tengels Stieftochter.«
    »Nein!« brüllte er halberstickt vor Schmerzen. »Du bist tot! Alle sind tot!«
    »Nein«, sagte Sol jetzt ruhiger. »Tengel lebt. Und Silje und Dag und Liv. Alle, hinter denen du her warst.«
    »Nein! Nein! Hilf mir«, jammerte er. »Ich sterbe!« »Ja, du stirbst, und das freut mich. Denn du hast das Eisvolk getötet. Du hast Hanna getötet! Danke allen Mächten, daß ich diese Rache nehmen durfte! Daß ich Hanna rächen durfte, die meine Lehrmeisterin und mir gleich war. Ich glaube, sie wußte das. Ich glaube sie hat das vorausgesehen.« »Spinne!« schrie er. »Todesspinne!«
    Sol setzte sich ruhig auf einen Holzblock, um ihm beim Sterben zuzusehen. Hörte ungerührt sein Schreien. Mit monotoner Stimme sprach sie zu ihm, und er war zum Zuhören verdammt. Das Blut rann aus seinen Körper an den Schenkel hinunter. Er versuchte, es mit den Händen zu stillen, doch er konnte diese kaum heben.
    Sols Augen glühten, doch es war, als sei ihre Stimme erloschen. »Dann warst du nur eine Illusion! Eine vage Erinnerung an einen selten schönen Mann, dem ich vor langer Zeit einmal in meiner Kindheit begegnet bin. Nicht einen Funken dämonisch.«
    Selbstverständlich begriff er den Sinn ihrer Worte nicht. Er wußte nichts von ihren Ritten zum Blocksberg, gewöhnlich und irdisch wie er war.
    Ein Meister im Umgang mit Frauen, das war er. Aber kein Satan.
    Sol verstand ganz einfach nicht, daß die Salbe sie während der Trance so überempfindlich, übererotisch gemacht hatte. Sie war müde und verwirrt, wußte weder aus noch ein. Sie wußte nur, daß sie nie jemanden so tief gehaßt hatte, wie diesen Mann.
    »Hilf mir doch! Hilf mir!« flüsterte er. »Ich habe nichts gemacht, es waren die Landsknechte.«
    »Silje hat deinetwegen auch gelitten«, sagte Sol in demselben ausdruckslosen Tonfall. »Und Tengel mit ihr. Um ihretwillen, um Hannas und Grimars willen, um deines eigenen Vaters willen und all derer im Tal des Eisvolkes, sollst du sterben. Heming Vogtmörder! Um all der Kinder willen, die du kaltblütig von den Landsknechten töten ließest - nur um dein elendes eigenes Leben zu retten …« Er konnte sie kaum noch hören. Ihre Stimme erreichte ihn durch einen Nebelschleier aus Schmerzen und Todesangst. In seinen Ohren dröhnte es. Er hatte Blutgeschmack im Mund, spürte, wie ihm das Blut aus den Mundwinkeln rann. Er hustete und versuchte, zu schreien, sie um Hilfe anzuflehen.
    »Um Gottes willen, hab Erbarmen mit mir«, preßte er heraus.
    »Gott hat nie auf meiner Seite gestanden«, sagte sie kalt. »Nur der Teufel, und der freut sich jetzt. Du bist ein harter Konkurrent gewesen, Heming Vogtmörder. Hast du überhaupt noch etwas anderes zustande gebracht, seit du das Tal des Eisvolkes verlassen hast, als
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