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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund
Autoren: Margit Sandemo
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wußte, daß er ihr alles geben könnte, was eine Frau brauchte.
    »Ich weiß, wer Ihr seid«, sagte er. »Euren Namen kenne ich nicht, aber Ihr werdet die 'Hexe mit den Katzenaugen' genannt Nein, keine Aufregung, ich weiß, daß man hinter Euch her ist, aber ich habe kein Interesse daran, Euch zu verraten. Ihr habt aber auch noch einen anderen Beinamen.« »Ach ja? Das wußte ich nicht.« »Ihr werdet die 'Gelbe Spinne' genannt.« »Spinne? Igitt! Warum das denn? »Die Leute bilden sich ein, daß Ihr hinter Männern her seid und Eure Liebhaber nach der Umarmung tötet.« Sol war tief berührt. »Das ist nicht wahr! Das ist absolut nicht wahr! Zum ersten habe ich nur äußerst wenige Männer gehabt und die beiden - oder drei (sie hätte den Henker fast vergessen) erfreuen sich noch bester Gesundheit. Ich habe keine Freude an gewöhnlichen, sterblichen Männern.« Er mußte über ihre Entrüstung lachen. Er fragte, wohin sie unterwegs sei, und sie antwortete, sie sei auf dem Weg nach Solör, zu den Schwenderfinnen. »Weil sie Zauberkünste beherrschen, wie man sagt.«
    Seine Augen glänzten. Oh, er war so anziehend! »Ja, ich wußte doch, daß Ihr eine Hexe seid, meine kleine Mondgöttin. Das kann man an Euren Augen erkennen.« Es machte nichts, daß er es aussprach, ganz im Gegenteil. Wer, wenn nicht er, konnte alles verstehen?
    Bei näherer Betrachtung war deutlich zu erkennen, daß er kein jugendlicher Mann mehr war. Aber das war der Fürst der Finsternis auch nicht. Er war bestimmt tausend Jahre alt. Denn in seinem Reich waren tausend Jahre wie ein Tag. Satan. Luzifer - Der Engel, der den Kampf mit Gott aufnahm und der vom Himmel in die Hölle gestürzt worden war. Das mußte Luzifer sein, so mußte er nach dem Fall ausgesehen haben. Mit bleibender Schönheit, doch bereits mit einem Blinken des Bösen in den Augen.
    Es war nicht richtig, das Bild das die Menschen sich von dem leisen geschaffen hatten. Er war schön - schön wie der Engel des Herrn, der er einst gewesen war. Oder vielleicht konnte er sich nach Belieben verwandeln? Er hatte ja so viele Gesichter - Drache, Hund oder Schlange. Er konnte alles.
    »Wo seid Ihr die ganze Zeit gewesen, nachdem wir uns das letzte Mal begegnet sind?« fragte sie.
    Er war etwas betreten.
    »Nein, entschuldigt, das war eine dumme Frage«, sagte sie schnell. Er sah erleichtert aus.
    Doch warum er beim zweiten Mal so lange gewartet hatte, aus dem Abgrund emporzusteigen, hätte sie ihn gern gefragt. Aber das war nicht so wichtig. Vielleicht wollte er von seinem anderen Leben nicht sprechen.
    »Kleine Mondgöttin, mein Weg fuhrt auch mich nach Osten. Darf ich vorschlagen, daß wir uns zusammentun? Für eine einsame Frau sind die Wege nicht sicher.«
    Graziös neigte Sol den Kopf. »Ich nehme Euer Angebot an, mein Herr. Doch duzt mich bitte, wenn es beliebt. Wir sind uns ja früher schon einmal begegnet.«
    Das letzte sagte sie in einem vielsagenden Tonfall, und sein gespenstisches Lächeln verriet ihr, daß er auf das Spiel einging.
    Er war der schönste Mann, der ihr je begegnet war. Trotz der tiefen Linien, die das Dasein auf seinen Wangen hinterlassen hatte, war er nahezu unverschämt schön. Die blauen Augen glänzten, und das in feinen Wogen liegende blonde Haar wurde an den hohen Schläfen bereits grau. Sie schätzte sein »weltliches« Alter auf… tja, um die vierzig? Wieviel Tausende von Jahren er wirklich alt war, konnte sie nicht sagen.
    Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken, und die Nackenhaare sträubten sich. Eine Sache war es, ihm bei einem Ritt zum Blocksberg zu begegnen. Es war wie im Traum, verantwortungslos. Eine ganz andere Sache war es, ihm in einem ländlichen Wirtshaus direkt gegenüber zu sitzen und mit ihm eine Reiseroute zu besprechen - mit allem, was dazu gehörte.
    Er jedoch war ja das einzige Wesen, das sie voll und ganz verstand, also warum war sie denn nervös? Gleichwohl mußte sie einräumen, daß auf ihren Ausflügen in sein Reich Zusammengehörigkeit und Gemeinsamkeit sehr viel größer waren. Jetzt hatte sie Schwierigkeiten, den rechten Ton zu treffen. Es war, als näherten sie sich einander nur zögernd. Eine Stunde später ritten sie in der stechende Herbstsonne hintereinander an der Glomma entlang. Der Pfad war zu schmal, um nebeneinander zu reiten und miteinander zu sprechen. Doch Sol war sich sehr bewußt darüber, daß er hinter ihr ritt, und sie spürte, daß er ebenso empfand. Sich ihrer physisch und sinnlich stark bewußt
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