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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund
Autoren: Margit Sandemo
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Zeiten unternommen.
    Die alte Frau hatte recht gehabt. In dem Satan, der sie empfing und ihr eine herrliche Nacht bereitete, gab es keine Spur von Heming Vogtmörder. Dunkel war er gewesen, dämonisch und schön. Doch er war ihr Eigentum, kein Zerrbild einer Kindheitserinnerung.
    Sol hatte nie verstanden - oder nie verstehen wollen - daß die drei Kräuter ihr die erregten Träume von einer Phantasiegestalt bescherten. Für sie war die Salbe nur ein magisches Mittel, ein Schlüssel zum Abgrund. Sie wußte nicht, daß es jene Kräuter waren, die Halluzinationen hervorriefen. Der Nachtschatten allein stand für die grotesken Albtraumbilder auf dem Blocksberg, das Bilsenkraut für den schwindelerregend schaukelnden Ritt über Land und Meer. Die drei Kräuter waren jedes für sich genommen tödlich giftig, wenn man sie aß, doch wenn sie auf die Haut aufgetragen wurden - in der richtigen Mischung - riefen sie starke Lusterlebnisse hervor. Und danach entsetzliche Kopfschmerzen. Die Hexen kannten die richtige Mischung. Etwas zu viel von einem Kraut würde ein furchtbares Zerrbild hervorrufen. Oder zum Tod führen. Aber an nichts dergleichen dachte Sol, wenn sie sich stöhnend mit dem Dämon in ihren Lustträumen wand, die ihre eigene Sehnsucht und Phantasie heraufbeschworen hatten.
    Als sie jetzt in ihrem eigenen Bett lag, mit dem kleinen, hilflosen, schlafenden Kind neben sich, wurde sie mit einem Mal von einer starken Gewißheit erfüllt.
    Nun war sie sich sicher, was sie wollte.
    Schweden? Was hatte sie dort verloren? Sie konnte nun mal das Töten nicht lassen oder auf die eine oder andere Weise dem schaden, der ihre Wut auf sich zog. Und dann wäre der Teufelskreis wieder in Gang, Flucht und Armut eingeschlossen. Nur bei einem war sie sicher.
    Ach, wenn sie nur für alle Zeiten bei ihm bleiben könnte! Doch der Weg in das ewige Leben im Abgrund… der führte über den Scheiterhaufen. Die Hexenverbrennung. Sol hatte vor Schmerzen nie Angst gehabt. Das Feuer fürchtete sie nicht. Der Gedanke vermittelte ihr statt dessen ein ekstatisches Glücksgefühl.
    Warum hatte sie sich hier auf der Erde eigentlich abgemüht, nur um von dem Unverstand der Menschen gehetzt zu werden?
    Es war so einfach! Daß sie nicht schon früher daraufgekommen war!
    Der Fürst der Finsternis. Er wartete doch schon auf sie. In der Gestalt, die nur ihren eigenen Wünschen entsprechen würde.
    Sie entsann sich der seligen Stunden mit ihm, nicht nur im Sinnenrausch. Die teuflischen Augen, die in ihre hineingesehen hatten, das unglaubliche Verständnis zwischen ihnen, das Lächeln, das besagte, daß sie und er zusammen gehörten.
    Mit einem Mal sehnte Sol sich so heftig nach ihm, daß sie aufschluchzte. Wenn sie für immer dorthin gelangte, dann wäre sie die fürchterlichen Nachwirkungen los. Dann wäre das ganze Dasein ein einziges brennendes, zügelloses Glück.
    Als sie sich am nächsten Morgen verabschiedete, leuchtete in ihren Augen ein neues Licht der Entschlossenheit. Um die anderen nicht zu quälen, machte den Abschied so kurz und gefühllos wie möglich. Doch sie nahm sich die Zeit, um nach Grästensholm zu reiten und sich das neue Kind anzusehen und unbeschwert und ungezwungen mit den nichtsahnenden Freunden dort zu sprechen. Sogar mit Klaus wechselte sie unten auf dem Hof ein paar Worte. Tengel verstand nicht, warum sie nur ein klägliches Reisegeld mitnehmen wollte. Doch sie behauptete, daß sie unterwegs mehr bekommen würde. Noch mehr verwundert war er, als sie wollte, daß er sich all ihrer Kräuter und Arzneien annahm, sogar der Dinge, die sie von Hanna geerbt hatte. Selbst die Alraune überließ sie seiner Obhut. Bis ich wieder komme, wie sie sagte. Will nicht in die Versuchung kommen, sie wieder zu mißbrauchen. Das hört sich phantastisch an, dachte Tengel erleichtert. Dennoch war er überrascht!
    Als sie vom Hof ritt, wurde das Wetter wieder besser, sonnig und klar.
    Drei Tage später erhielten sie Bescheid.
    Sol war gefaßt worden. Aus freien Stücken war sie geradewegs in die Arme der Landsknechte gelaufen. Das Urteil war rasch gefällt. Vor der Festung Akershus wurde der Scheiterhaufen errichtet. Nach einem Tag der Folter sollte die schlimmste Hexe jener Zeit verbrannt werden. Dag versuchte alles, was in seiner Macht stand, sprach mit allen Richtern und Juristen, die er kannte. Doch sie schüttelten nur den Kopf. Darin durfte er sich mit Rücksicht auf sich und seine Familie nicht einmischen. Diese Frau konnte nichts mehr
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