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Verrückt nach Emma

Verrückt nach Emma

Titel: Verrückt nach Emma
Autoren: Maja von Vogel
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    1 . Kapitel
    Liebesbriefe und Sternengeflüster
    I ch weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich schreibe total ungern Briefe. Ich finde einfach nie einen guten Anfang. Wenn’s ums Reden geht, hab ich damit keine Probleme. Meistens quatsche ich einfach drauflos. Das kann aber auch nach hinten losgehen. Manchmal rutschen mir Sachen heraus, die ich eigentlich gar nicht sagen wollte, und schwupps – schon ist wieder irgendjemand sauer auf mich.
    Wie meine Oma immer sagt: Erst denken, dann reden.
    Besonders nervig finde ich Dankesbriefe. Nach Weihnachten muss ich Tante Helga immer einen schreiben, um mich für ihr Weihnachtsgeschenk zu bedanken. Mama sagt, das gehört sich so, und Tante Helga würde mir sonst nächstes Jahr nichts mehr schicken. Das stimmt aber nicht. Einmal hab ich den Brief an Tante Helga nicht in den Briefkasten, sondern in den Mülleimer geworfen. Ganz aus Versehen natürlich, der Mülleimer war nämlich auch gelb. (Okay, zugegeben, ein klitzekleines bisschen Absicht war vielleicht auch dabei …) Im nächsten Jahr kam trotzdem wieder ein Päckchen von Tante Helga. Sie schickt immer dasselbe: für jeden von uns ein paar selbst gestrickte Socken. Mal ehrlich, was soll man dazu schon sagen? Beziehungsweise schreiben? Dass ich mich wahnsinnig gefreut habe? Dass ich die Socken superschön finde und sie total gut gebrauchen kann? Das wäre glatt gelogen. Meistens fällt mir allerdings nichts anderes ein, und ich schreibe es trotzdem. So ist das mit Briefen.
    Wisst ihr, was ich noch schlimmer finde als Dankesbriefe? Liebesbriefe. Daran kann man sich echt die Zähne ausbeißen. Und am allerschwierigsten sind Liebesbriefe, in denen man sich entschuldigen möchte, weil man etwas ganz, ganz Blödes gemacht hat.
    Dummerweise musste ich an einem Sonntagnachmittag im September genau so einen Brief schreiben. Ich saß an meinem vollgekramten Schreibtisch und betrachtete die Regentropfen, die laut auf das Dachfenster trommelten. Das Wetter passte hervorragend zu meiner Stimmung: Beides war ausgesprochen schlecht. Seit einer Stunde kaute ich nun schon auf meinem Stift herum und kam einfach nicht weiter. Der Fußboden war mit Papierschnipseln übersät, weil ich ungefähr hundertundeinen Zettel mit missglückten Briefanfängen in Konfetti verwandelt hatte. Es sah aus, als wäre mitten im September ein Schneesturm durch mein Dachzimmer gefegt.
    Seufzend las ich mir noch einmal durch, was bisher auf dem Blatt stand, das vor mir auf dem Schreibtisch lag:
    Lieber Bastian!
    Okay, das war nicht gerade viel, aber es war immerhin ein Anfang. Und nicht mal der schlechteste, wenn ihr mich fragt. Ich zermarterte mir noch ungefähr siebeneinhalb Minuten lang das Gehirn, dann schrieb ich in meiner ordentlichsten Schrift (normalerweise hab ich so eine Sauklaue, dass sie kein Mensch lesen kann – nicht einmal Bastian. Und das wäre doch schade, wo ich mir schon so viel Mühe mit dem blöden Brief gab):
    Bestimmt wunderst du dich, dass ich dir schreibe. Ehrlich gesagt wundere ich mich selbst darüber. Ich hasse es, Briefe zu schreiben. Und ich hasse es, mich zu entschuldigen. Außerdem könntest du ja zur Abwechslung auch mal den ersten Schritt machen. Warum muss ich eigentlich immer nachgeben, wenn wir uns gestritten haben? Aber du bist und bleibst eben ein riesengroßer Sturkopf …
    Ich runzelte die Stirn. Irgendwie hatte ich das dumme Gefühl, dass das kein guter Anfang für einen Entschuldigungsbrief war. Kurzerhand verwandelte ich auch dieses Blatt in kleine Konfettischnipsel und ließ sie auf den Fußboden rieseln. Wenn ich so weitermachte, würde ich noch bis Silvester hier herumsitzen und irgendwann in einer meterhohen Konfetti-Schneewehe versinken. Bastian würde bis dahin natürlich keinen Gedanken mehr an mich verschwenden, sondern wäre längst mit einem anderen Mädchen zusammen. Vielleicht ja sogar mit Lea, meiner Ex-besten-Freundin. Möglich war alles.
    Seit sich Lea ausgerechnet in meinen Zwillingsbruder Tim verknallt hatte, waren wir hoffnungslos zerstritten. Sie wollte einfach nicht kapieren, dass man nicht mit den Brüdern von besten Freundinnen herumknutscht. Und mit Zwillingsbrüdern schon gar nicht. Dabei ist das doch sonnenklar! Zum Glück hatte die Sache zwischen Lea und Tim nicht lange gehalten. Nach ein paar Tagen hatte Tim wieder mit ihr Schluss gemacht. Bei dem Gedanken, dass sich die blöde Kuh nun vielleicht an Bastian heranmachen könnte, rutschte meine Laune noch weiter in den
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