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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund
Autoren: Margit Sandemo
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spürte sie Hannas widerwärtige Hände auf ihrem Körper, hörte ihre Stimme abscheuliche Beschwörungen murmeln:
    »Belial, Athys, Kybele, Rebo, Apollyon, Lupus Astarot, nehmt...«
    Es hört sich an, als riefe sie Dämonen an, dachte Silje dumpf. Nein, keine Dämonen jetzt, keine Dämonen, wir sind im Tal des Eisvolkes, und ich habe Dämonen über den Bergen aufsteigen sehen, und alles ist meine eigene Schuld, meine Schuld, jetzt kommt die Strafe. Ich habe mit einem Dämon geschlafen, durchfuhr es sie.
    Und dann – nichts mehr.
     
    Langsam, ganz langsam stieg sie aus einem rabenschwarzen Brunnen auf.
    Sie hörte Geräusche. Zuerst schwach, dann deutlicher.
    Es waren Stimmen. Eine der Stimmen der Bauersfrauen. »Sie ist so unglaublich klein und schwach.«
    »Gib ihr einen Klaps auf den Hintern, dummes Huhn!« Das war Hannas Stimme. »Steck ihr den Finger in den Mund!«
    Über wen reden die eigentlich?, wunderte sich Silje.
    Eine warme Hand liebkoste ihre Stirn. Tengels Stimme. Leise und undeutlich. »Silje! Silje, komm zurück zu mir!«
    Sie rang nach Worten, um ihm mitzuteilen, dass sie lebte, aber sie konnte nicht einen Nerv in ihrem Körper bewegen.
    Ein schwacher Schrei. Dag? Nein, der schrie viel kräftiger. Das Gespenst im Wald? Das hatte so geklungen. Ein neugeborenes Kind.
    Ein neugeborenes Kind? Ihr und Tengels kleines... Mädchen?
    »Wie klein«, sagte die Bauersfrau. »Das kleine Wesen wird um nichts auf der Welt überleben.«
    Endlich kam Silje wieder so weit zu Kräften, dass sie die Augen öffnen konnte. Alles war verschwommen.
    »Tengel«, flüsterte sie.
    »Danke, lieber Gott!«, hörte sie ihn sagen. Seine Hand strich ihr liebevoll über die Schläfen und über den Rücken.
    Sie wollte das Kind sehen, aber eigentlich auch wieder nicht. Traute sich nicht. Zuerst musste sie mehr zu Kräften kommen.
    »Hanna hat mir etwas gegeben«, sagte sie. »Das wirkte sofort.«
    »Nun ja, nicht sofort. Du hast noch eine Weile danach verbissen gekämpft.«
    Sie dachte darüber nach. »Es tut weh. Es hat mich in Stücke gerissen.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    Hanna, die nun neben der Feuerstelle hockte wie ein Raubtier auf dem Sprung, drehte den Kopf. »Deine Frau taugt nicht zum Kinderkriegen, Tengel.«
    »Meinst du... dass dies das letzte Kind ist?«, fragte er.
    »Das
sollte
es sein«, grinste die Alte. »Aber du kriegst es doch bestimmt nicht fertig, dich von ihr fernzuhalten.«
    Silje und Tengel wechselten Blicke und versuchten, ein Lächeln zu verbergen. Er hatte Tränen in den Augen, wie sie sehen konnte, das hatte sie zuvor noch nie an ihm beobachtet.
    »Ich sitze hier und sehe merkwürdige Dinge im Feuer«, sagte Hanna plötzlich. »Aus eurer Familie kommt
    »Was denn?«, fragte Tengel, als sie schwieg. »Das böse Erbe... wird es noch immer weitergegeben?«
    »Das auch. Das auch. Aber da sind andere Dinge, die merkwürdiger sind. Du hast einmal gefragt, ob ich deine Zukunft sehen könnte, Silje. Ich sehe sie jetzt. Ihr seid das Eisvolk. Ihr und niemand anders.«
    »Aber das stimmt nicht«, wandte Tengel ein. »Alle im Tal nennt man Eisvolk.«
    Hanna lachte. »Es ist, wie ich sage. Von den Kindern, die du aufziehst, Silje, geht große, große Freude aus und eine große Trauer.
    Und dann folgt... Nein, damit soll es genug sein. Aber ich verstehe das nicht. Ich sehe eine doppelte Reihe aus Bäumen?«
    »Eine Allee?«, fragte Silje verwundert. »Nein, das ist unmöglich.«
    Hanna achtete nicht auf sie, sondern vertiefte sich in die Glut auf der Feuerstätte.
    Tengel erhob sich und übernahm das eingewickelte Kind von der Bauersfrau.
    »Willst du sie sehen?«, fragte er mit väterlichem Stolz in der Stimme.
    »Hates...?«
    »Vor diesem Kind brauchst du keine Angst zu haben«, hörte sie Hanna von der Seite. »Es hat keine Kräfte.«
    Silje atmete erleichtert auf. Sie sah auf und war erschrocken, wie elend und blau gefroren das kleine Mädchen aussah. »Sie ist... süß«, sagte sie ohne Überzeugungskraft und schluckte. »Aber wird sie rothaarig?«
    »Nicht mehr als du, glaube ich«, lächelte Tengel.
    Er liebt das Kind schon, dachte sie überrascht. Er, der es nicht haben wollte. Während ich, die ich so unermüdlich darum gekämpft habe, keine Kraft habe, überhaupt
irgendetwas
zu fühlen.
    »Wie soll sie heißen?«, fragte die andere Bauersfrau von der Wand her. Offenbar traute sie sich nicht in Hannas Nähe.
    Silje sah, dass die Alte, die in der Glut gestochert hatte, aufstand.
    »Sie ist so klein
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