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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman
Autoren: Michael Cobley
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Rückweg. Auf halber Strecke klingelte sein Comm. Er nahm es aus der Hemdtasche, und als er sah, dass sein älterer Bruder dran war, nahm er den Anruf entgegen.
    »Hallo, Ian - wie schaut’s aus?«, sagte er im Gehen.
    »Gar nicht so schlecht. Bin gerade vom Manöver zurückgekommen und freu mich auf den Gründertag. Ich mach mir Hoffnung auf Heimaturlaub. Und bei dir?«
    Greg lächelte. Ian war Teilzeitsoldat beim Freiwilligenkorps, und wenn er nicht zu Hause bei seiner Frau und seiner Tochter war, tat er nichts lieber, als kilometerweit durch den Sumpf zu stapfen oder in den Basaltklippen des Hrothgar-Gebirges herumzukraxeln.
    »Ich habe mich ganz gut eingelebt«, antwortete er. »Ich bekomme meine Aufgaben allmählich in den Griff und passe auf, dass die Teams ihre Berichte regelmäßig schreiben, so in der Art.«
    »Aber willst du wirklich bei der Tempelausgrabung bleiben, Greg? Wie du weißt, haben wir hier genug Platz, und vor der Episode mit Inga hast du dich in Hammergard doch immer wohlgefühlt …«
    Greg grinste.
    »Ehrlich, Ian, mir geht’s hier gut. Ich mag meinen Job, die Umgebung ist so friedlich und die Aussicht phantastisch! Ich weiß dein Angebot zu schätzen, aber ich bin an dem Ort, wo ich sein möchte.«
    »Schon okay, Kleiner, wollte nur mal nachfragen. Übrigens, hast du schon was von Ned gehört?«
    »Hat mir nur kurz geschrieben, aber das ist okay. Als Arzt hat er im Moment alle Hände voll zu tun …«
    Ned, der dritte und jüngste Bruder, hielt zu Ians Ärger nur sporadisch Kontakt, weshalb Greg sich häufig bemüßigt fühlte, ihn in Schutz zu nehmen.

    »Aye, beschäftigt, verstehe. Und wann werden wir dich voraussichtlich wiedersehen? Kannst du nicht zum Fest herkommen?«
    »Tut mir leid, Ian, ich werde hier gebraucht. Aber in vierzehn Tagen nehme ich im Uminsky-Institut an einer Konferenz teil - sollen wir uns dort treffen?«
    »Klingt gut. Sag mir rechtzeitig Bescheid, dann komme ich rüber.«
    Sie verabschiedeten sich und unterbrachen die Verbindung. Greg schlenderte weiter, erwartungsvoll lächelnd, das Comm in der Hand. Er dachte an die Ausgrabungsstätte auf der Schulter des Riesen, an die vielen Stunden, die er damit verbracht hatte, behutsam die verzierten Stelen oder Bodenfliesen bloßzulegen, ganz zu schweigen von den vielen Tagen, die das Katalogisieren, Datieren und Analysieren von Proben und deren Zuordnung erforderten. Hin und wieder - eigentlich ziemlich oft - war das frustrierend, denn es fehlte ihnen ein Leitfaden, der es ihnen ermöglicht hätte, die Bedeutung der Anlage und ihre Funktion zu verstehen. Selbst die Uvovo-Gelehrten waren überfordert und erklärten, die Kunst der Steinbearbeitung sei in der Zeit des Krieges der Langen Nacht, einer der dunkleren Epochen in der Geschichte der Uvovo, verlorengegangen.
    Als er zehn Minuten später die höchste Stelle erreicht hatte, klingelte sein Comm erneut, und ohne den Anrufernamen vom Display abzulesen, sagte er:
    »Hallo, Mom.«
    »Gregory, mein Sohn, wie geht es dir?«
    »Mir geht’s gut, ich bin gesund und munter, wirklich …«
    »Ja, jetzt, wo du endlich ihren Fängen entkommen bist! Aber fühlst du dich nicht einsam zwischen all den kalten
Steinen, mit den kleinen Uvovo als einzigen Gesprächspartnern?«
    Greg unterdrückte einen Seufzer. In gewisser Weise hatte sie Recht - der Ort lag sehr einsam, und er lebte allein für sich in einer der Hütten. An der Ausgrabung waren drei Forscher von der Universität beteiligt, doch das waren Russen, die weitgehend für sich blieben, und das galt auch für die Uvovo-Teams, die hin und wieder von weiter entfernten Stationen hierherkamen. Manche Uvovo-Gelehrte kannte er nur dem Namen nach, und nur mit Chel hatte er sich angefreundet.
    »Ein bisschen Einsamkeit ist im Moment genau das Richtige für mich, Mom. Außerdem bekommen wir ständig Besuch.«
    »Hm, ja. Als dein Vater noch Ratsmitglied war, bekamen wir auch ständig Besuch zu Hause, aber die meisten Leute waren mir egal, wie du dich erinnern wirst.«
    »Ja, daran erinnere ich mich noch gut.«
    Greg wusste auch noch, wer zu ihm gehalten hatte, als sein Vater an dem Tumor erkrankte, an dem er schließlich gestorben war.
    »Übrigens habe ich mit Onkel Theodor über dich und Vater gesprochen, als er mich heute Nachmittag besucht hat.«
    Greg hob die Brauen. Theodor Karlsson war der älteste Bruder seiner Mutter und hatte nach dem Scheitern des Winterputsches vor zwanzig Jahren den Spitznamen »Schwarzer Theo«
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