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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman
Autoren: Michael Cobley
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der Erde!, dachte er. Jetzt wissen wir also, dass die Menschheit den Schwarmkrieg überlebt hat. Aber haben wir sie geschlagen, oder sind nur weitere Überlebende von der Erde geflüchtet? Und wie ist es den anderen beiden Kolonieschiffen ergangen, der Forrestal und der Tenebrosa ?
    Ihm schwirrte der Kopf von Fragen, Folge von anderthalb Jahren unbezahlter Arbeit am Hyperion -Datenprojekt. Aufgrund seiner militärischen Erfahrung hatte er einem der Kontrolleure bei der Abschrift einer militärischen Abhandlung geholfen. Wie sich herausstellte, handelte es sich um eine schwedische Übersetzung des Buches Vom Kriege , verfasst von einem Preußen namens Clausewitz, das Theo nur von Zitaten kannte. Bei der langwierigen Beschäftigung mit dem Rohtext, wobei er die Kapitelanfänge erraten musste, hatte er begonnen, sich für die Hyperion und deren Schwesterschiffe zu interessieren, auch für die, die niemals gestartet waren …
    Die Tür in der Ecke wurde geöffnet, und der Präsident rollte herein. Sein Rollstuhl wurde von einem jungen Mann in einem braungrauen Einteiler geschoben.
    »Guten Abend, Theodor«, sagte Sundstrom, entließ seinen Helfer und manövrierte den Rollstuhl hinter den Schreibtisch.
    »Guten Abend, Holger«, erwiderte Theo. »Sie haben da ein hübsches Arbeitszimmer, mit interessanten Büchern.« Er deutete auf eine Vitrine. »Ist das die Serow-Ausgabe von 1984 ?«
    »In der Tat«, antwortete Sundstrom. »Collins’ Mondstein ist natürlich seltener, dafür schreibt Orwell wesentlich politischer.«

    Theo lachte leise auf. Wasili Serow war Systemtechniker an Bord des Kolonieschiffes Hyperion gewesen und hatte eine bedeutende Rolle beim tödlichen Kampf gegen die Kommando-AI gespielt. In den darauf folgenden Schweren Jahren hatte Serow eine Druckerpresse zusammengebastelt und darauf sorgfältig die wenigen Bücher gesetzt, die in denjenigen Datenspeichern gespeichert waren, die nicht in das Bordnetz eingebunden gewesen waren. Auf die riesigen Speicherbänke der Hyperion , deren Daten von der Bord-AI mehrfach verschlüsselt worden waren, hatten sie jahrzehntelang keinen Zugriff gehabt, weshalb Serows Arbeit für das Überleben der Kolonisten einen unschätzbaren Wert gehabt hatte.
    Einen Moment lang schwiegen beide Männer nachdenklich, dann sagte Sundstrom:
    »Ich nehme an, Sie haben davon gehört.«
    »Etwa zwei Stunden, bevor ich Ihre Einladung erhalten habe«, sagte Theo, ihn aufmerksam musternd. »Dann stimmt es also - die Erde hat ein Schiff losgeschickt, das nach uns sucht. Heißt das, der Schwarm wurde geschlagen und alle unsere Sorgen haben ein Ende?«
    Sundstrom lächelte schwach.
    »Wenn das so einfach wäre. Theo, der Schwarmkrieg hat zweieinhalb Jahre gedauert, erst dann hat die Hegemonie uns geholfen, die letzten Schwärmer zu vertreiben, und das war vor hundertfünfzig Jahren, eine lange Zeit in der Geschichte einer Zivilisation oder einer Gesellschaft. Vergegenwärtigen Sie sich nur mal all den Zwist und die Umbrüche, die unsere kleine Enklave durchgemacht hat - erst der Kampf gegen die AI der Hyperion , dann die Ersten Familien gegen die Neue Generation, dann die Konsolidierer gegen die Expansionisten, schließlich der Abfall der Neustadt -, denken Sie sich das alles mal in planetarischem
Maßstab.« Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, unser Leben wird eher komplizierter werden, um nicht zu sagen ungemütlich.«
    Theo lehnte sich stirnrunzelnd zurück und ließ im Geiste die etwa ein Dutzend Treffen mit Sundstrom aus den vergangenen zwei Jahren Revue passieren.
    »Sie machen den Eindruck, als wüssten Sie mehr als ich …« Er beugte sich vor. »Als Sie mich gebeten haben, mich Ihrem kleinen Zirkel anzuschließen, haben Sie gemeint, wir müssten uns auf die schlimmste Möglichkeit vorbereiten, nämlich eine Okkupation durch eine feindlich gesinnte Spezies. Jetzt wird ein Erdraumschiff erwartet - wann genau wird es eintreffen?«
    »In vierzehn Stunden.«
    »Na schön, also in weniger als einem Tag«, sagte Theo. »Trotzdem machen Sie nicht gerade den Eindruck freudiger Erwartung.« Plötzlich lachte er auf und schnippte mit den Fingern. »Oder dienen die ganzen Maßnahmen etwa der Vorbereitung auf den Kontakt mit der Erde?«
    Sundstrom lehnte sich in seinem Rollstuhl zurück, seine knochigen Hände ruhten auf den Armlehnen. »Sie sind ein Mann von rascher Auffassungsgabe, Theo«, sagte er. »Hätten Sie anstelle von Viktor Ingram den Winterputsch angeführt …«
    »Wenn ich damals
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