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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman
Autoren: Michael Cobley
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bisweilen auch in Form von Implantaten. Sie werden als ›Gefährten‹ bezeichnet, niemals als AIs. In
der Hegemonie sind sie noch weiter verbreitet, und die meisten genießen durch Gesetz verbürgte Rechte. Einige der ältesten und komplexesten AIs nehmen sogar wichtige Regierungsposten ein.«
    Es entstand ein schockiertes Schweigen. Alle wirkten alarmiert und bemühten sich, das Gehörte zu verarbeiten. Vor einhundertachtundvierzig Jahren, kurz nachdem die Welt geortet worden war, die ihr neues Zuhause werden sollte, hatten die Besatzung und die Kolonisten an Bord der Hyperion einen heftigen und verzweifelten Kampf gegen die Kommando-AI des Schiffes geführt. Von dem Moment des Austritts aus dem Hyperraum an hatten die Steuersysteme Fehlfunktionen gezeigt, die immer gefährlicher wurden, je näher die Landung rückte. Als sie schließlich landeten, kämpften sie buchstäblich gegen das Schiff, dessen AI keine Anweisungen mehr befolgte. Sie übernahm die Kontrolle über die Maschinen, die Bots und die zahlreichen Reparaturdrohnen, mit denen sie die Bemühungen der Besatzung, Vorräte aus den verschlossenen Lagern zu entladen, sabotierte oder die Besatzung direkt angriff. Schließlich begann sie, die Kolonisten aus dem Kälteschlaf aufzuwecken, implantierte ihnen Neurogeräte und zwang sie, ihre Anweisungen auszuführen. 11 Mann der ursprünglich 46 Personen zählenden Besatzung sowie 29 Personen der 1200 Schläfer waren bereits tot, als die Überlebenden endlich zu dem AI-Kern vordrangen und die Stromzufuhr abstellten. Über die Gründe, weshalb sie sich gegen die Kolonisten gewendet hat, konnten die verschreckten Sieger nur spekulieren. Sie nahmen an, der unbekannte Stress des Hyperraums habe die Daten oder das kognitive Substrat beschädigt. Die Schrecken des Kampfes wirkten noch jahrzehntelang nach, wurden zu einem mächtigen Symbol und dienten als allgemein akzeptierte Rechtfertigung
dafür, die AI-Forschung zu verbieten. Bei den Feierlichkeiten des Gründersieges wurde alljährlich der Toten gedacht.
    »In wenigen Stunden werde ich eine Ansprache an die Kolonie halten und eine Erklärung in der parlamentarischen Versammlung abgeben«, sagte der Präsident. »Natürlich wird nichts von dem, was ich Ihnen hier mitgeteilt habe, darin Erwähnung finden, nur die nichtssagenden Floskeln aus den Funksprüchen des Botschafters. Aber ich wollte Sie persönlich in Kenntnis setzen, denn es ist nicht auszuschließen, dass selbst unsere sichersten Kommunikationskanäle schon in wenigen Tagen Makulatur sein werden.«
    »Ist es denkbar, dass der Botschafter von der Erde von einer AI begleitet wird?«, fragte Pjatkow.
    »Davon sollte man vorsichtshalber ausgehen«, meinte Sundstrom. »Das könnte einen Schatten auf den Feiertag werfen, aber wir werden uns bemühen, die Differenzen zu übertünchen.« Er breitete die Hände aus. »Das wäre im Moment alles, meine Freunde. Fahren Sie mit den Vorbereitungen fort. Morgen Abend werden Sie eine Liste mit den Namen Ihrer Kollegen sowie neue Codewörter erhalten.«
    Als Theo sich mit den anderen erhob, winkte Sundstrom ihn zurück. »Theodor, wenn Sie noch einen Moment Zeit haben …«
    Als die anderen sich verabschiedet hatten und gegangen waren - Pjatkow mit grimmiger Miene -, manövrierte der Präsident seinen Rollstuhl hinter dem Schreibtisch hervor und rollte zu einem gemütlich wirkenden Barschrank. Ohne Theo etwas anzubieten, schenkte er sich einen kleinen dunkelroten Drink ein, kippte ihn hinunter und seufzte wohlig.

    »Ich bin sehr froh, dass Sie sich meinem kleinen Verschwörerkreis angeschlossen haben, Theodor«, sagte er. »Auch wenn Sie nach wie vor Umgang mit verschiedenen Gaunern und gesellschaftlichen Außenseitern pflegen. Ich spreche von Ihren Veteranen.«
    »Ach, das sind Freunde aus meiner Armeezeit, Familienfreunde …« Lächelnd hob er die Schultern. »Gleichgesinnte.«
    Sundstrom lächelte vielsagend. »Jedenfalls schätze ich Ihre Erfahrung und Ihren militärischen Scharfblick noch immer sehr, übrigens auch Ihre abweichende Meinung. Doch Sie bringen noch etwas anderes in unsere heimliche Verschwörung ein, etwas, das sich noch als ausgesprochen nützlich erweisen könnte.«
    Theo lachte. »Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass Sie damit meinen Charme und mein jungenhaftes Aussehen meinen.«
    Sundstrom musterte ihn von der Seite.
    »Ich glaube, Sie und Ihre alten Kameraden vom Korps sprechen in dem Zusammenhang von ›Aktivposten‹.«
    Theo, der noch
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