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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin
Autoren: Anne Perry
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regnete, und sie haßt Regenwetter. Ihm geht es in dieser Hinsicht wohl ähnlich, aber er war zu sehr Kavalier, um abzulehnen. Nun, sie hatte ihn vor allen anderen darum gebeten, so daß ihm kaum eine andere Wahl blieb. Friedrich bot ihr an, mit ihr zu fahren, aber sie entgegnete spitz, daß Rolf ja schon um ein Gespräch mit ihm gebeten habe und er darum bleiben und ihm den Gefallen tun solle.«
    »Es schien sie nicht zu stören, daß Friedrich sich allein mit Graf Lansdorff unterhielt?« fragte Rathbone mit gespieltem Erstaunen.
    »Im Gegenteil, sie forderte ihn praktisch dazu auf!« antwortete Zorah mit einem dezenten Kopfschütteln, aber ohne eine Sekunde zu zögern.
    »Kann es sein, daß sie den Grund für Graf Lansdorffs Anwesenheit nicht kannte?«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Dumm war sie noch nie. Ihr ist wie allen von uns die politische Lage in Felzburg und dem Rest von Deutschland sehr wohl bewußt. Sie lebt in Venedig, und Italien steht unmittelbar vor dem Kampf um seine Vereinigung und die Unabhängigkeit von Österreich.«
    »Wir haben gehört, daß sie sich nicht für die Politik interessiert«, bemerkte Rathbone.
    Zorah starrte ihn voller unverhohlender Ungeduld an. »Sich nicht für Politik zu interessieren ist nicht ganz dasselbe, wie zu verkennen, was vor sich geht und das eigene Überleben betreffen kann. Das, was sie ruinieren könnte, hat Gisela noch nie kaltgelassen.«
    Gemurmel im Saal. Einer der Geschworenen beugte sich vor. Rathbone zog die Augenbrauen hoch. »Sie ruinieren?«
    Zorah stützte sich auf die Brüstung. »Wenn Friedrich ohne sie zurückgekehrt wäre, wäre sie nicht nur eine geschiedene Frau gewesen, vielmehr wäre sie vor aller Öffentlichkeit fallengelassen worden. Zum Leben hätte sie nur noch das gehabt, was er ihr von sich aus gegeben hätte. Aber seine Zuwendungen waren alles andere als sicher. Sein ganzes Vermögen stammt aus seinen Ländereien daheim. Viele davon liegen an der Grenze zu Preußen. Sollte es einen Unabhängigkeitskrieg geben, wäre Klaus von Seidlitz nicht der einzige, der einen Großteil seiner Besitztümer verlöre. Dessen war sie sich sehr wohl bewußt.« Ein eisiges Lächeln kroch über ihr Gesicht. »Nur weil eine Frau ihr Leben mit Vergnügungen verbringt, sich wie eine Göttin kleidet, Juwelen sammelt und mit anderen Reichen dem Müßiggang frönt, heißt das doch nicht, daß ihr die Herkunft des Geldes nicht bekannt ist und sie seinen regelmäßigen Eingang nicht aufmerksam verfolgt.«
    Wieder entstand Unruhe im Saal. Ein Mann machte seiner Meinung mit einem häßlichen Kommentar Luft.
    »Ist das Ihre Schlußfolgerung, Gräfin Rostova?« fragte Rathbone, ohne auf das Publikum zu achten. »Oder wissen Sie das aufgrund eigener Beobachtungen?«
    »Ich habe Friedrich in ihrer Gegenwart davon sprechen hören.
    Sie wollte keine Details wissen, aber sie ist alles andere als naiv. Der Rest ergibt sich daraus zwangsläufig.«
    »Und es störte sie nicht, ja, sie war sogar darauf aus, daß Friedrich und Graf Lansdorff eine Unterredung unter vier Augen führten?«
    Zorah sah ihn verblüfft an, als verstünde sie Giselas damalige Reaktion selbst im nachhinein nicht. »Richtig. Sie forderte ihn dazu auf.«
    »Und er? Führte er das Gespräch?«
    »Selbstverständlich.«
    Im Saal herrschte Stille. Jeder lauschte gespannt.
    »Kennen Sie das Ergebnis des Gesprächs?«
    »Graf Lansdorff erklärte mir, Friedrich würde nur unter der Bedingung zurückkehren, daß er Gisela als seine Frau und spätere Königin mitbringen könne.«
    Einer der Geschworenen stieß einen Seufzer aus.
    »Hegte Graf Lansdorff die Hoffnung, daß Friedrich zum Nachgeben bewegt werden könne?« setzte Rathbone nach.
    »So gut wie nicht.«
    »Aber er wollte es versuchen?«
    »Natürlich.«
    »Gelang es ihm Ihres Wissens?«
    »Nein. Bis zum Zeitpunkt seines Unfalls war Friedrich unerbittlich. Er glaubte stets, daß das Land sie zusammen aufnehmen würde. Daran hatte er sein ganzes Leben lang geglaubt. Aber natürlich hatte er sich getäuscht.«
    »Äußerte er je den Wunsch, Graf Lansdorff solle nachgeben?«
    »Davon habe ich nie etwas gehört. Er sagte schlichtweg, daß eine Rückkehr ohne Gisela für ihn nicht in Frage käme, egal was das Land brauchte oder was die Leute für seine Pflicht hielten.
    Er glaubte, er könne sich durchsetzen.« Zorah sprach mit tonloser Stimme, doch unwillkürlich verzog sie voller Verachtung das Gesicht.
    Harvester flüsterte Gisela etwas ins Ohr, aber da
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