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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin
Autoren: Anne Perry
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uns zuviel gekostet hat? Das hat nichts damit zu tun, Sir Oliver. Der Preis und der Wert einer Sache sind zwei grundverschiedene Dinge.«
    »Das weiß ich. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich nichts davon halte, schweigend zuzusehen, wie ein hilfloser Mann ausgerechnet von dem Menschen ermordet wird, dem er mehr als allen anderen traute. An dem Tag, an dem wir so etwas akzeptieren, weil es unbequem ist, die Wahrheit dahinter anzuschauen, verdienen wir keine Achtung mehr.«
    »Wie angemessen und englisch«, sagte sie in durchaus warmem Ton. »Diese Bemerkung paßt wie das i-Tüpfelchen zu Ihrer gestreiften Hose und Ihrem steifen weißen Kragen, aber Sie haben wahrscheinlich recht. Danke, Sir Oliver. Es war höchst unterhaltsam, Ihre Bekanntschaft zu machen.« Sie öffnete die Lippen zu einem breiten, warmen und strahlenden Lächeln, wie er es noch nie bei ihr gesehen hatte, wandte sich ab und rauschte mit wirbelnden scharlachroten und rostbraunen Röcken davon.
    Ohne sie war der Saal dunkler. Rathbone wollte ihr folgen, doch das wäre eine Torheit gewesen. In ihrem Leben war kein Platz für ihn.
    Monk und Hester standen nahe bei ihm.
    »Brillant«, bemerkte Monk trocken. »Ein weiterer verblüffender Erfolg – nur diesmal ein Pyrrhussieg. Am Ende verlieren Sie mehr, als Sie gewonnen haben. Wenigstens haben Sie Ihren Titel schon. Jetzt würden Sie ihn nicht mehr bekommen. Ihre Majestät wird es nicht gerade amüsieren, daß Sie den Namen ihres ältesten Sohnes in einen Sensationsprozeß gezerrt und der Allgemeinheit vorgeführt haben, wie er und seine Freunde ihre Zeit – und ihr Geld – nutzen.«
    »Das hätte ich auch ohne Ihren Hinweis gewußt«, erwiderte Rathbone säuerlich. »Ich wäre gewiß nicht so weit gegangen, wäre die Alternative nicht noch schlimmer gewesen.« In Gedanken war er freilich immer noch bei Zorah. Wie sie doch vor Lebensfreude sprühte, wie mutig und wie tapfer sie war! Vielleicht war der Einsatz für sie all die Kosten wert – und auch sein Gefühl des Verlustes jetzt.
    Monk seufzte. »Wie konnte eine solche Liebe nur so enden? Er gab alles für sie auf. Sein Land, sein Volk, seinen Thron! Wie konnte die größte Liebesgeschichte des Jahrhunderts zu Desillusion, Haß und Mord führen?«
    »Es war nicht die größte Liebesgeschichte«, entgegnete Hester. »Das waren nur zwei Menschen, von denen jeder das brauchte, was der andere ihm geben konnte. Sie wollte Macht, einen Titel, Reichtum und Ruhm. Er wollte permanente Bewunderung, Hingabe, jemanden, der ständig für ihn da war und sein Leben für ihn führte. Er hatte nicht den Mut, ohne sie zu stehen. Liebe ist tapfer, großzügig und speist sich vor allem aus der Ehre. Und um einen anderen Menschen lieben zu können, muß man zuallererst ehrlich zu sich selbst sein.«
    Rathbone musterte sie. Ganz langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
    Monks Miene verfinsterte sich. Äußerste Abneigung und gleich darauf Wut blitzten in seinen Augen auf. Man konnte sehen, daß er mit sich kämpfte – und verlor. Nach und nach entspannte er sich.
    Zögernd legte er den Arm um sie.
    »Sie haben recht«, sagte erwiderstrebend. »Sie sind aufgeblasen, rechthaberisch und unerträglich – aber Sie haben recht.«

Buch
    Die Anschuldigungen der russischen Gräfin Zorah Rostova erscheinen so absurd, daß es dem berühmten Londoner Anwalt Sir Oliver Rathbone im ersten Moment die Sprache verschlägt: Ausgerechnet die über jeden Zweifel erhabene Prinzessin Gisela soll ihren Mann vergiftet haben. Dabei hat doch Friedrich, Kronprinz des kleinen deutschen Fürstentums Felzburg, wegen der Liebesheirat mit der unstandesmäßigen Gisela auf alle Thronansprüche verzichtet; seither leben die beiden in Venedig im Exil, sind aber gerngesehene Gäste an allen europäischen Fürstenhöfen. Bei einem Besuch beim Lord of Wellborough fiel Prinz Friedrich vor ein paar Wochen vom Pferd, und selbst die aufopfernde Pflege Giselas konnte ihn nicht mehr retten. Niemand zweifelt an einer natürlichen Todesursache – bis die rothaarige russische Gräfin bösartige Gerüchte in die Welt setzt. Gisela droht mit einer Zivilklage, und Zorah Rostova wendet sich an Sir Oliver Rathbone, der von der Gräfin so fasziniert ist, daß er wider besseres Wissen schließlich einwilligt, sie vor Gericht zu verteidigen.
    Sir Oliver bittet seinen alten Freund William Monk, sich in den Kreisen des Hochadels umzuhorchen und diskrete Nachforschungen anzustellen. Und tatsächlich
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