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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren
Autoren: Veit Heinichen
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klar, daß die Kreditversicherungsscheine hochschießen würden. Auf diese Pleiten konnte man gar nicht genug setzen. Es mußte so kommen. Die Bush-Regierung druckt wie besessen Dollars, um sich an der Macht zu halten. Anstatt Wirtschaftspolitik zu betreiben, jagte dieser Narr die Währung in den Abgrund und vertuschte die Rezession. Der Irak-Krieg kostete nur und brachte mehr Scherereien als Erträge, vom Ölpreis wissen sie nicht zu profitieren, der wildgewordene Venezolaner scheißt ihnen vor die Füße, die Russen tanzen sowieso allen auf der Nase herum und die Überschuldung drückt das Konsumklima. Peng! Werda nicht zuschlägt, ist selbst schuld. Der Dollar fällt weiter, wir werden noch zwei, drei Appartements in New York kaufen. Ich werde mich darum kümmern, wenn ich an der nächsten Sitzung des IAB teilnehme.«
    »Das alles hätten auch die Angeber von Bear Stearns wissen können.« Vera strich eine Strähne ihres Haars zurück und legte Duke die Hand auf die Schulter. »Ein paar Milliarden Dollar in wenigen Stunden zu verlieren, verkraftet keiner. Wenn Bernanke und die FED die nicht gerettet hätten, wären weltweit die Kreditinstitute zusammengebrochen. Too connected to fail, hat es einer genannt.«
    »Das kommt schon noch. Ich bin mir sicher, sie wußten es genau. Wer zu viele andere mit in den Abgrund reißen kann, muß gerettet werden. Trotzdem sollten wir mit ›Ceres 3‹ Ende März definitiv aus dem Markt gehen.« Duke tippte auf ein Blatt auf seinem Schreibtisch, das voller Tabellen und Charts war.
    »Die Milchzertifikate? In Chicago haben wir in zwei Jahren knapp verdoppelt.« Vera war skeptisch, doch Dukes Lebenserfahrung hatte ihm meist recht gegeben.
    »Die Milchindustrie zahlt den Bauern immer weniger, das wird Probleme geben. Sowohl in Europa als auch in den USA ist die Bauernlobby zwar furchtbar langsam, aber schrecklich stark, sobald sie aufwacht. Sie wird etwas vom Kuchen abhaben wollen. In diesem Markt wird es erst in ein paar Jahren wieder interessante Zuwächse geben.«
    »›Ceres 4 und 5‹ werden dafür auch im nächsten Jahr noch kräftig zulegen, sie haben beide eine super Performance. Und das in nur achtzehn Monaten.«
    »Getreide und Soja sind eine sichere Bank.« Duke erhob sich. »Ich werde mich jetzt dem Gast widmen, den mein Sohn angeschleppt hat. Übrigens, sorgt dafür, daß er nichts von diesen Drohungen erfährt. Ich will nicht, daß er sich aufregt«, sagte Duke, »Er ist mir schon jetzt manchmal in seinersturen Verschwiegenheit unheimlich. Selbst einen eigenen Provider und ein eigenes Netzwerk hat er mittlerweile, obwohl das Haus hier vor Hochtechnologie strotzt. Als hätte er etwas zu verbergen. Seine Krankheit macht ihn immer verschrobener.«
    »Was hältst du eigentlich davon, wenn wir Weihnachten irgendwo im Schnee verbringen?« fragte Vera.
    »Auf dem Nanos?« scherzte Duke und zeigte auf den Bergrücken auf der anderen Seite des Tals. »Ich will Sedem und auch meine Mutter ungern alleine lassen. Fahr du, wenn du Lust hast.« Er gab Vera einen flüchtigen Kuß und ging hinaus.
     
    *
     
    Der Diener hatte sie in einem der Nebengebäude durch einen langen Flur geschoben, von dem viele Türen abgingen und dessen Wände voller moderner Gemälde hingen. Manche kamen Pina bekannt vor. In welchen Zeitschriften hatte sie die gesehen? Schließlich bugsierte der Diener sie in das geräumige Badezimmer eines Gästeappartements, dessen Wandverglasung den Blick auf einen Weinberg öffnete. Sie hatte kaum Zeit, sich umzusehen, als es kurz und bestimmt an der Tür klopfte, und bevor sie antworten konnte, trat ein Mann um die Vierzig mit einem Arztkoffer herein. Er stellte sich als Doktor Černik vor, Hausarzt der Familie und auch am Krankenhaus von Nova Gorica tätig. Er zog einen Stuhl herbei, den er unter ihre Wade schob, und löste behutsam den blutdurchtränkten Verband.
    »Das sieht nicht gut aus«, der Arzt schüttelte den Kopf. »Der Biß ist tief.«
    Pina zog tapfer die Luft durch die Zähne, als er die Wunde reinigte.
    Doktor Černik schaute sie mit gefurchter Stirn an. »Wie steht’s mit Ihrem Impfschutz? Tetanus?«
    »Alles ok.« Vor zwei Jahren, vor ihrer Versetzung nach Triest, hatte sie sich noch untersuchen und alle Schutzimpfungen auffrischen lassen, als hätte der Personalverschieber im Innenministerium sie in die Dritte Welt beordert.
    »Der Fuß muß geröntgt und die Wunde vernäht werden«, sagte Černik. »Wenn die Knochenhaut verletzt ist, bekommen Sie
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