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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren
Autoren: Veit Heinichen
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von denen er allerdings fünfzehn Prozent an Politiker und Vermittler abtreten mußte. Gute Kontakte hatten ihren Preis. Das Projekt im Norden der romantischen Stadt Trogir an der dalmatischen Küste brachte kaum weniger ein. Und im Gegensatz zu seinen früheren Geschäftspartnern war er zur Zwischenfinanzierung nicht auf Dritte angewiesen, denn dafür stand die Muttergesellschaft in der Schweiz ein. Dukes Landentwicklungsgesellschaft AdriaFuture warf Geld ab wie Heu, doch war schon jetzt klar, daß die Geschäfte nicht ewig weitergehen würden. Sobald die EU-Mitgliedschaft Kroatiens besiegelt wäre, gälte es, neue Gesetzesspielräume ausfindig zu machen. Und warum sollte die EU eigentlich ohne Korruption auskommen?
    »Was schlagt ihr vor? Soll ich meinen Flug nach London absagen?« Der Tonfall des athletischen, graumelierten Mannes mit den grauen Seidenhandschuhen war wie immer sanft, aber es klang unüberhörbarer Spott durch. »Dem freien Istrien und Dalmatien zuliebe? Wißt ihr zufällig, wen sie beauftragt haben, mich ins Jenseits zu befördern?«
    »Eine Niete«, sagte Vera und gab ihm ein Foto. »Ein Tierpräparator aus Triest.«
    »Er schmuggelt für sie, um sein Gehalt aufzubessern, das er bei Wetten verspielt. Er steht tief bei ihnen in der Kreide«, ergänzte Edvard.
    »Und wo liegt das Problem?« fragte Duke maliziös.
    »Vorsicht ist angesagt. Wir fänden es beide besser, wenn du vorerst nicht in der Öffentlichkeit erscheinen würdest«, sagte Vera und warf ihm einen schmachtenden Blick zu.
    »Also bitte!« Duke stand auf, trat ans Fenster und ließ seinen Blick über das weite, offen vor ihm liegende Hügelland schweifen. »Ich laß mich sowieso so gut wie nie sehen. Die letzten Fotos von mir in der Presse erschienen vor acht Jahren. Edvard, sobald du deinen Auftrag erledigt hast, trete ich natürlich wieder auf, obwohl ich es bisher nicht vorhatte. Sie müssen wissen, wer der Herr im Haus ist, sonst probieren sie es immer wieder. Die Ruhe des Stärkeren: Wenn wir sie demütigen, werden sie sich zerstreiten.«
    »Wir wissen, daß der Mann im Moment nach Ancona fährt, um von einer Fähre einen Koffer voller Kaviar zu übernehmen, der für die Gastronomie in Cortina d’Ampezzo bestimmt ist. Damit die Russen sich über die Weihnachtstage wie zu Hause fühlen können«, sagte Vera.
    »Auf der Rückfahrt werde ich das Mißverständnis bereinigen«, sagte Edvard gelassen.
    Duke war zufrieden. »Ich verlaß mich auf dich. Und am Samstag werde ich mich am Grenzübergang Škofje/Rabuise bei der offiziellen Zeremonie anläßlich der Erweiterung der Schengen-Zone blicken lassen. Besser könnte man es nicht inszenieren: Nur geladene Gäste, Staatsoberhäupter und sonstige Prominenz, alles was Rang und Namen hat. Und viele, die schon lange auf eine Gelegenheit gewartet haben, mir mit ihren Geschäftsideen endlich das Ohr abzukauen. Dazu Presse und Fernsehen aus halb Europa. Das wird unsere ehemaligen Partner schmerzen.«
    »Wann brauchst du den Wagen?« fragte Edvard. Er arbeitete seit acht Jahren für Duke, und sein Chef schätzte seinen scharfen Verstand und seine Direktheit. Edvard setzte seine Anweisungen so um, wie er es selbst getan hätte – ohne lange Umwege.
    »Ich fliege am Nachmittag von Ljubljana aus. Buch mir bitte zuerst den Flug nach Zürich, übermorgen dann zur Sitzung in London. Am Donnerstag nachmittag komme ich zurück. Am besten Lowcost von Stansted nach Triest, dann bin ich um 16 Uhr wieder hier.«
    Sein Sekretär verließ den Raum. Vera stand auf und ging zu Duke, strich ihm mit den Händen durchs Haar. »Schaust du dir in London die neue Fondsmanagerin an? Sie soll hübsch sein.«
    »Ja, und sie hat mehr Haare auf den Zähnen als ein Bär auf dem Rücken. Diese Kristin Muller kommt direkt von Baring-Assett. Sie kostet uns eine Menge Geld, sie kennt ihren Marktwert genau. Aber die Frau ist gut, in drei Jahren hat sie zweihundertzweiundsechzig Prozent mit dem Hongkong China Dollar Fund erwirtschaftet.«
    »Mit ›Duke Credit Opportunities 1&2‹ haben wir fünfhundertneunzig und dreihundertfünfzig Prozent gemacht.«
    »Die Beste bist natürlich du.« Duke küßte Vera die Hand. »Neunhundertsiebzehn Millionen in zweieinhalb Jahren, nur mit Credit Default Swaps. Auch wenn heute jeder sagen würde, daß es absehbar war. Seit fünfzehn Jahren wußte man von der Immobilienblase in Amerika, und spätestens als im Februar die kalifornischen Subprime-Anbieter die Verlustmeldungen losließen, war
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