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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren
Autoren: Veit Heinichen
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ruhig, als er sich dem Kalabresen gegenübersetzte. »Und jetzt alles noch einmal von vorne, und wenn Sie irgendein Detail vergessen, dann laß ich wieder die Kollegin ran. Sie ist heute ziemlich mies drauf.«
     
    *
     
    Boris Mervec saß wieder einmal in Untersuchungshaft. Die Auskunft der Kollegen von der Bundespolizeidirektion Kärnten besagte, daß zwei Beamte ihn aufgrund der Informationen aus Italien und Slowenien überprüfen wollten, der Mann aber Widerstand geleistet hatte. Seine Waffe, eine Glock21, befand sich in der ballistischen Untersuchung, mit einem Ergebnis war erst nach Dreikönig zu rechnen. Die Kugel, welche die Ärzte aus Deans Schädel beförderten, hatte ein anderes Kaliber und stammte eindeutig nicht aus dieser Pistole. Außer illegaler Ausreise aus Österreich und unerlaubtem Waffenbesitz war Mervec leider nichts vorzuwerfen. Sein Anwalt setzte bereits alle Hebel in Bewegung, damit er die Festtage auf freiem Fuß verbringen könnte.
    Die Polizei nördlich der Alpen hatte ganz zufällig noch einen zweiten Fang gemacht. Nach Schichtwechsel waren zwei ihrer Leute von der Dienststelle Villacher Straße nach Pörtschach ins Restaurant des »Strandhotel Prüller« gefahren, um sich den Magen vollzuschlagen. Ein Lokal, das viele Polizisten zu seinen Gästen zählte. Zwei Stunden zuvor war auf Ersuchen Ljubljanas der Fahndungsbefehl nach einem dottergelben Porsche mit Wiener Kennzeichen eingetroffen. Sie hatten sich nicht weiter darum geschert, bis das Fahrzeug plötzlich vor ihnen stand. Sie keilten es mit ihrem eigenen Wagen ein, erkundigten sich anschließend erfolglos an der Hotelrezeption und dann im Restaurant. Eine der Kellnerin wußte Bescheid und nannte im Flüsterton den Tisch, an dem die beiden Männer enorme Wiener Schnitzel mit Pommes frites vertilgten. Sie tranken nur Mineralwasser dazu. Die beiden Polizisten verständigten ihre Dienststelle und setzten sich an einen Tisch im Rücken der beiden Bürstenköpfe, die einen wortkargen Dialog in englischer Sprache führten. Daß sie Waffen trugen und vom Fach waren, erkannten die Beamten sofort. Als wenig später ein Zivilfahrzeug vor dem Restaurant hielt, standen sie bereits mit gezogenen Pistolen hinterden Gorillas und überwältigten sie mühelos. Beide trugen Profiwaffen vom Typ Walther PPS, Kaliber 9u19, das Nachfolgemodell der James-Bond-Pistole, und waren amerikanische Staatsbürger. Sie protestierten heftig, quasselten mit breitem Akzent von Freiheit und Demokratie. Gültige Waffenscheine konnten sie nicht vorweisen.
    Laurenti hatte Marietta gebeten, bei den Österreichern darauf zu dringen, daß wenigstens bei diesen beiden Waffen der ballistische Test in aller Eile durchgeführt wurde. Auch die Kugel aus Deans Kopf stammte schließlich aus einer solchen Kanone. Und falls dessen Gehirn nicht mehr funktionierte, wenn er aus der Narkose erwachte, dann ließen sich die beiden Bürstenköpfe vielleicht damit überführen. Als Pina sich am Computer die erkennungsdienstlichen Fotos ansah, die von den Österreichern per Mail eintrafen, nickte sie zufrieden. Für sie war das der Beweis, daß Sedem der Drahtzieher hinter allem war. Ein größenwahnsinniger Weltenrächer, dem sie sich leichtfertig hingegeben hatte. Laurentis Einwand, daß es eher danach aussah, als hätte ihr kurzzeitiger Verehrer die Kerle auf die Mörder seines Vaters angesetzt, lehnte sie empört ab.
     
    *
     
    »Papà, du mußt uns helfen!« Er hörte Livias Stimme nur schwach, sie klang verzweifelt.
    Der Anruf seiner beiden Töchter erreichte ihn, als er nach dem eineinhalbstündigen Verhör Calamizzis auf der Via Coroneo schon fast an seinem Wagen angekommen war. Mit aller Kraft zog Laurenti die Autotür gegen die Sturmböen ins Schloß, und erst als auch Pina neben ihm saß, vernahm er Livia klar und deutlich. »Nur wegen einer Tanne soll ich eine saftige Geldbuße bezahlen. Die spinnen doch, die Bullen. Und obendrein muß ich noch den Alkoholtest machen undauch einen Drogentest, obwohl sie doch eigentlich wissen müßten, daß ich deine Tochter bin. Du mußt unbedingt eingreifen!«
    Es würde die erste wirklich kalte Nacht werden in diesem Winter, mit einem sternenklaren Himmel. Die Bora pfiff fröhlich ihr Lied und trieb alles, was nicht niet- und nagelfest befestigt war, vor sich her, Papier, Laub, Blumentöpfe und Müllcontainer, warf reihenweise Motorroller um und versetzte die Straßenlaternen in heftige Schwingungen. Ein paar Meter weiter flackerte das
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