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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren
Autoren: Veit Heinichen
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österreichisches Auto hatte er gestohlen.
    Mervec kümmerte sich nicht weiter darum, ihm ging anderes durch den Kopf. Irgend jemand war ihm zuvorgekommen und hatte erledigt, was sein letzter Schritt sein sollte. Nur ein gelber Porsche war ihm auf der Fahrt zu Deans Anwesenentgegengekommen. Als er kurz darauf auf dem Hof aus dem Kleinwagen stieg, sah er sofort die Flecken eingetrockneten Blutes auf dem Boden, die Haustür war beschädigt und stand offen. Er zog seine 45er Glock 21 und drang ein. Dean fand er im Schlafzimmer, tot. Das Kissen auf seinem Kopf zeigte frische Schmauchspuren und ein Einschußloch. Das Blut auf dem Laken war noch frisch. Mervec trat umgehend den Rückzug an und jagte das Auto über den Schotterweg bis zu der schmalen Straße, die er gekommen war und die ihn zur Autobahn führen sollte. Einmal kam ihm ein Streifenwagen entgegen, dem er ausweichen mußte, er grüßte die drei Beamten mit einem Handzeichen. Es war ihm nicht entgangen, daß einer sein Kennzeichen notierte. Und bevor er am Ende des Tals auf den Hauptzubringer einbog, sah er das Polizeiauto im Rückspiegel in den Weg zu Deans Bauernhof abbiegen. Gut, daß er sich gleich davongemacht hatte, jetzt ging’s um die Wurst. Falls sie auf Dean stießen, würden sie ganz sicher nach jedem fahnden, der ihnen auf der Hinfahrt begegnet war. Er heizte dem Kleinwagen ein, war eine gute halbe Stunde später bereits in Ljubljana und wechselte das Fahrzeug. Beruhigt war er aber erst, als er sich nach dem Loibltunnel wieder auf österreichischer Seite befand. Hier regnete es in Strömen, er schaltete die Scheibenwischer auf die schnellste Stufe und nahm das Tempo zurück. Es war nicht im geringsten daran zu denken, die Sonntagsfahrer zu überholen, die vor ihm herzuckelten. Die wenigen Kilometer, die er noch vor sich hatte, zogen sich ewig hin. Kurz vor Klagenfurt verspürte er Hunger und stoppte am »Kirschnerhof« in Maria Rain, der voller Gäste war. Ihm wurde ein Tisch in der letzten Ecke des Speisesaals zugewiesen. Endlich konnte er sich entspannen, und bei Leberknödelsuppe, gebackenem Kalbsbries und einem Viertel rotem St. Laurent versuchte er sich ein Bild von der Angelegenheit zu machen. Mit dem Essen ließ er sich viel Zeit.
    Er hatte sowieso nie die Absicht gehabt, Dean die Prämie auszubezahlen, die er ihm für das Attentat schuldete. Aber daß Mervec nicht einmal eine eigene Kugel verschwenden mußte, um den letzten lästigen Zeugen, der ihn belasten könnte, aus dem Weg zu schaffen, irritierte ihn heftig. Wer war ihm zuvorgekommen? Und weshalb? Gab es doch noch jemand, der über seinen so sorgfältig geplanten Schachzug Bescheid wußte? Dann wäre auch er in Gefahr. Er selbst hatte mit niemand anderem darüber gesprochen, nicht einmal mit seinen beiden Partnern, Schladerer und Lebeni, deren freudige Anrufe über das Ableben Dukes ihn noch gestern abend erreichten. Genauso war auszuschließen, daß Dean jemand anderen eingeweiht hatte. Dazu ging er zu professionell vor, immerhin hatte er eine gute Schule durchlaufen. Dean führte den Auftrag alleine aus, die Berichterstattung der Fernsehnachrichten und Sonntagszeitungen war eindeutig. Es brauchte keinen zweiten Mann für das Attentat – eigentlich hätte Mervec stolz auf den Kerl sein können.
    Er verlangte die Rechnung und machte sich auf den Weg nach Hause, nachdem er im Wagen noch einmal seine Waffe überprüft hatte. Um 16.50 Uhr bog er von der B83 in den Ortskern nach Pörtschach ab. Als er am »Strandhotel Prüller« in der Annastraße vorbeifuhr, fiel ihm ein dottergelber Porsche ins Auge. Mervec zuckte zusammen, doch beruhigte er sich rasch wieder. Das Auto hatte ein Wiener Kennzeichen, schwer denkbar, daß es das gleiche Fahrzeug war, das ihm im Wippachtal entgegengekommen war. Zweihundert Meter weiter fuhr Boris Mervec seinen Wagen in die Garage und stieg aus. Der Schreck durchfuhr ihn heftig, als plötzlich zwei hochgewachsene Männer die Einfahrt verdunkelten. Boris Mervec zog seine Automatik und suchte Deckung. Sein Gesicht war versteinert, eine Ader auf seiner Stirn trat hervor.
    »Stehenbleiben!« rief er und gab einen Warnschuß ab. Betonsplitter spritzten auf seinen Wagen. »Wer seid ihr?«
    Die beiden Silhouetten waren blitzartig verschwunden.
    »Boris Mervec?« Das Echo der Stimme hallte von den Betonwänden wider.
    »Was wollt ihr? Keinen Schritt näher, sonst schieße ich.«
    »Sichern Sie die Waffe und schleudern sie diese zum Ausgang, dann kommen Sie mit
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