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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
Autoren: Dan Millman
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vor«, antwortete sie.
    Verflixt noch mal. Wußte sie, was ich meinte, oder nicht? »Ich will Ihnen was sagen, Fräulein … äh …«, ich warf einen Blick auf das Namensschild an ihrem Schalter, »… Barbara. Ich heiße Dan. Ich bin Professor an einem College und mache ein paar Tage Urlaub hier in Honolulu, und – na ja, es ist ein bißchen einsam, wenn man seine Ferien so ganz allein verbringt. Ich weiß, wir haben uns gerade erst kennengelernt, aber ich möchte Sie trotzdem gern zum Essen einladen, wenn Sie Feierabend haben. Vielleicht können Sie mir zeigen, wo die Sonne untergeht, oder wir können uns über Tankstellen und alte Lehrer unterhalten …«
    Wieder lächelte sie – eindeutig ein gutes Zeichen. »Wenn das aus einem Buch ist«, sagte sie, »ist es zumindest originell. Ich mache um fünf Uhr Schluß; wir treffen uns dann draußen vor dem Eingang.«
    »Wunderbar! Also bis nachher.«
    Beschwingt verließ ich die Bank. Ich hatte eine Verabredung, vielleicht sogar einen Anhaltspunkt, wo ich meine Schamanin finden konnte. Aber warum sagte dann eine leise Stimme in meinem Inneren: Du Idiot ! Was soll das ? Socrates hat dich auf eine wichtige Suche geschickt, und du gabelst eine Bankangestellte auf!
    »Ach, halt die Klappe!« rief ich laut. Ein Passant drehte sich nach mir um und warf mir einen seltsamen Blick zu.
    Jetzt war es fünf Minuten nach halb drei. Vor fünf Uhr konnte ich noch zwei, vielleicht sogar drei Banken abklappern. Ich studierte meinen Stadtplan. Die First Bank of Hawaii lag genau um die Ecke.

3
EINE RÄTSELHAFTE BOTSCHAFT
    Wenn man sich mit allem Eifer und aller Kraft bemüht,
helfen die Götter mit.
     
    AISCHYLOS
     
     
    Kaum hatte ich die Bank betreten, warf die Wache auch schon einen Blick in meine Richtung und kam auf mich zu, ging dann aber direkt an mir vorbei. Erleichtert atmete ich auf und warf einen Blick nach oben zu den Kameras. Sie schienen alle auf mich gerichtet zu sein. In geschäftsmäßiger Haltung ging ich zu einem Schalter, tat, als füllte ich einen Einzahlungsbeleg aus, und sah mir den Laden erst einmal genauer an.
    Etwa einen Meter von mir entfernt stand ein sehr nüchtern wirkender Schreibtisch, hinter dem eine ebenso nüchtern aussehende Bankangestellte saß – eine große, aristokratisch wirkende Dame in den Fünfzigern. Sie blickte zu mir auf, als ich auf sie zuging. Doch ehe ich sie etwas fragen konnte, war sie schon aufgestanden. »Tut mir leid – ich habe jetzt Mittagspause, aber ich glaube, Mrs. Walker kann Ihnen weiterhelfen«, sagte sie und zeigte nach hinten auf den anderen Schalter. Dann drehte sie sich um und war verschwunden.
    »Hm … danke«, murmelte ich ihr nach.
    Mrs. Walker ignorierte mich jedoch genauso wie die anderen Angestellten. Bei der nächsten Bank ging es mir ebenso. Dort wurde ich sogar vom Wachmann hinausbegleitet und aufgefordert, mich ja nie wieder blicken zu lassen.
    Resigniert lehnte ich mich an eine Hauswand und ließ mich langsam hinabgleiten, bis ich auf dem Bürgersteig saß. Ich wußte nicht,
ob ich lachen oder weinen sollte. »Ich habe es satt«, sagte ich laut. »Das war’s. Schluß damit. Keine Banken mehr.«
    Ich begriff zwar, wie wichtig es ist, niemals aufzugeben; aber irgendwann erreicht man einen Punkt, wo man nicht mehr mit dem Kopf gegen die Wand rennen will. Es funktionierte einfach nicht. Ich würde zu meiner Verabredung gehen, mir den Sonnenuntergang ansehen und dann zurück nach Ohio fliegen.
    Während ich so dasaß und mich selbst bemitleidete, hörte ich eine Stimme fragen: »Alles in Ordnung?« Ich blickte auf und sah eine kleine, mollige Asiatin mit silbernem Haar, die einen zu weiten Muumuu trug und einen Bambusstock in der Hand hielt. Sie war etwa sechzig Jahre alt und lächelte mit einem Ausdruck mütterlicher Besorgnis zu mir herunter.
    »Ja, danke, es geht schon«, antwortete ich und stand mühsam auf.
    »Sieht aber nicht so aus«, widersprach sie. »Sie machen einen müden Eindruck.«
    Beinahe hätte ich sie gereizt angefahren: Was geht Sie das an? Statt dessen holte ich tief Luft. »Stimmt«, gab ich zu. »Ich bin müde. Aber ich war schon öfter müde; es geht mir gleich wieder besser. Vielen Dank.« Ich erwartete, daß sie nicken und weitergehen würde. Aber sie blieb stehen und sah mich unverwandt an.
    »Trotzdem«, sagte sie, »ich wette, ein Glas Saft würde Ihnen guttun.«
    »Sind Sie Ärztin? Oder Krankenschwester?« fragte ich halb im Scherz.
    »Nein«, lächelte sie. »Eigentlich
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