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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
Autoren: Dan Millman
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würde mir dann nicht auch eines Tages der Himmel seine Geheimnisse enthüllen? Und was konnten die Steine mir alles verraten, die Bäume mir alles zuflüstern? Würde ich das Geheimnis des fließenden Baches, die uralte Weisheit der Berge begreifen lernen? Das mußte sich erst noch zeigen.
    Und worin lag der Sinn des Ganzen? Ich erinnerte mich an einen Ausspruch von Aldous Huxley. Als er schon älter war, fragte ein Freund ihn einmal: »Was haben Sie eigentlich aus all Ihren spirituellen Studien und Übungen gelernt, Professor Huxley?«
    Mit einem Zwinkern in den Augen antwortete Aldous: »Vielleicht … ein etwas gütigerer Mensch zu sein.«

    Kleine Dinge können viel bewirken, dachte ich. Und ich stieß einen Seufzer des Mitgefühls mit all den Menschen aus, die sich in den Details des Alltagslebens verrannt und wie ich die größeren Zusammenhänge aus den Augen verloren hatten – die befreiende Wahrheit, die im Herzen unseres Lebens liegt.
    Dann fielen mir Mama Chias letzte Worte wieder ein: »Es ist alles gut, Dan. Alles wird gut werden.«
    Da ging mir das Herz auf, und Freudentränen liefen mir über das Gesicht, aber auch Tränen des Kummers um alle Menschen, die sich immer noch allein fühlten — von der Welt abgeschnitten in ihrer Hütte der Einsamkeit. Aber schließlich stieg eine Welle des Glücks in mir auf, und ich lachte vor Freude. Denn ich wußte mit absoluter Gewißheit, daß auch sie eines Tages die Liebe und Unterstützung des Geistes spüren würden – wenn sie nur die Augen ihres Herzens öffneten.

EPILOG
ES GIBT KEIN LEBEWOHL
    Es gibt keine Landkarten, keine Glaubensbekenntnisse,
keine Philosophien mehr. Von hier an kommen die Anweisungen
direkt aus dem Universum.
     
    AKSHARA NOOR
     
     
    Sobald ich wieder in meiner Hütte im Pelekunu Valley angelangt war, holte ich den muschelüberwachsenen Gegenstand, den ich in Kimos Meereshöhle gefunden hatte, aus meinem Rucksack. Ich brauchte mehrere Stunden, um ihn zu reinigen und mit meinem Schweizer Taschenmesser sorgfältig alle Ablagerungen abzukratzen. Nachdem ich ihn wieder und wieder gewaschen und unter fließendem Wasser abgeschrubbt hatte, erkannte ich mit wachsender Ehrfurcht die Gestalt eines knienden Samurai-Kriegers, der meditierte. Allmählich begriff ich: Dieses Symbol offenbarte mir die nächste Station auf meiner Reise – ich würde nach Japan gehen, um den Meister der verborgenen Schule zu finden.
     
    In dieser Nacht träumte ich von einem alten Mann, einem Asiaten mit traurigem, weisem Gesicht. Irgend etwas lastete schwer auf seinem Herzen. Hinter ihm wirbelten Akrobaten durch die Luft. Und ich wußte, daß ich ihn finden würde – nicht nur, um etwas von ihm zu empfangen, sondern auch, um ihm zu dienen.
     
    Still und ohne große Feierlichkeiten verabschiedete ich mich von allen Freunden, die mir so ans Herz gewachsen waren – Joseph und Sarah, Sachi und dem kleinen Socrates, Fuji und Mitsu mit ihrem Baby und auch Manoa, Tia und den anderen Leuten, die ich auf
der Insel kennengelernt hatte und die mir inzwischen so viel bedeuteten.
    Mama Chia hatte mir ein kleines Boot hinterlassen. Joseph erklärte mir, wo es war. Es lag in einer flachen Bucht hinter Bäumen in Kalaupapa, der Leprakolonie, vor Anker. Diesmal nahm ich genügend Proviant mit. Und eines warmen Novembermorgens – die Sonne stieg gerade aus dem Meer empor – warf ich meinen Rucksack unter den Sitz des Bootes, zog es in die seichte Brandung und stieg ein. Der Wind blähte das Segel.
    Als ich über die Brandung hinaus war und mein Boot friedlich auf den sanften Wellen des Meeres dahinschaukelte, blickte ich noch einmal zurück und sah, wie Regen die Klippen einhüllte und in tausend kleinen Kaskaden zum Meer hinabstürzte. Einige dieser Kaskaden zersprühten und verwandelten sich in Wolken aus Nebeltröpfchen und Regenbogen, ehe sie das Meer erreichten.
    Schließlich wölbte sich ein größerer Regenbogen mit herrlichen Farben von einem Ende der Insel zum anderen. Ich warf noch einen letzten Blick zur Küste zurück, und ein paar Sekunden lang sah ich, wie die große Gestalt einer rundlichen, hinkenden Frau durch den Vorhang des Nebels und der Bäume trat. Sie hob grüßend die Hand zum Abschied, dann war sie verschwunden.
     
    Ich drehte mich wieder um, änderte meinen Kurs und segelte mit dem Wind über den Kanal, der zwischen Molokai und Oahu liegt.
    Auf dieser kleinen Insel Molokai hatte ich unter der Anleitung einer Lehrerin, die mir ganz unerwartet
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