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Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Die Rückkehr des friedvollen Kriegers

Titel: Die Rückkehr des friedvollen Kriegers
Autoren: Dan Millman
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hinter einem Schalter saß und gerade den Telefonhörer auflegte.
    Ich nickte ihr dankend zu, ging zu der Frau hinüber und stellte mich vor: »Hallo! Ich bin ein friedvoller Krieger. Kennen Sie Socrates von der Tankstelle …?«
    »Wie bitte?« antwortete sie und warf einen bedeutungsvollen Blick zum Wachtposten am Eingang hinüber.
    »Ich habe gesagt, ich bin ein potentieller Kunde. Ich suche eine Bankangestellte, die sich in Wertpapieren auskennt …«
    »Ach so«, meinte sie lächelnd und strich sich ihre Jacke glatt. »Ich glaube, da kann ich Ihnen weiterhelfen.«
    »O je, so spät ist es schon. Ich muß weg«, sagte ich bedauernd mit einem Blick auf meine Uhr. »Ich komme ein andermal wieder. Dann können wir zusammen essen gehen. Auf Wiedersehen, ciao, aloha, tschüß.« Mit diesen Worten machte ich mich aus dem Staub.
    Diesen Spruch vom friedvollen Krieger und potentiellen Kunden sagte ich den ganzen Nachmittag über immer wieder auf. Schließlich entdeckte ich eine Bar und trank zum erstenmal seit langem wieder ein Bier. Und dabei mag ich überhaupt kein Bier!
    Nachdem ich acht weitere Banken absolviert hatte und schon wieder vor der nächsten stand, nahm ich mir vor, nie im Leben auch nur auf den Gedanken zu verfallen, Privatdetektiv zu werden! Der Rücken tat mir weh, und ich hatte das Gefühl, gleich ein Magengeschwür zu bekommen. Eigentlich war das Ganze eine verrückte Idee. Vielleicht arbeitete die Frau gar nicht bei einer Bank, und das Briefpapier hatte ihr nur jemand gegeben. Warum sollte eine Schamanin ausgerechnet bei einer Bank angestellt sein? Andererseits – warum arbeitete ein alter Krieger wie Socrates an einer Tankstelle?
    Ich war verwirrter und mutloser denn je. Der Glaube an meine Intuition, den ich vorher noch gehabt hatte, war inzwischen genauso plattgedrückt wie die Coladose neben mir auf dem Bürgersteig. Ich hob sie auf und warf sie in einen Abfallkorb – eine gute Tat. Dann war dieser Tag wenigstens nicht völlig verschwendet.
    In dieser Nacht schlief ich wie ein Toter – und das war nicht weit von der Wahrheit weg.

    Am nächsten Tag machte ich bei weiteren zehn Banken die Runde und kehrte am Abend erschöpft und wie betäubt in mein Zimmer zurück. In zwei Spar- und Darlehnskassen hatte man mich aufgefordert, sofort zu verschwinden. Bei der letzten Bank war ich aggressiv geworden. Beinahe hätte die Polizei mich verhaftet. Ich war völlig mit den Nerven am Ende und beschloß, für heute Schluß zu machen.
    In dieser Nacht träumte ich, ich liefe immer hinter der Frau her, die ich suchte, und verpaßte sie jedesmal nur um Haaresbreite. Es war wie in einem Film, wenn die beiden Hauptfiguren schon fast nebeneinander stehen, sich dann aber im letzten Augenblick noch den Rücken zukehren und sich verfehlen. Diese Szene wiederholte sich immer wieder von neuem und brachte mich zum Wahnsinn.
    Müde und zerschlagen wachte ich auf. Heute war ich zu allem bereit – wirklich zu allem –, nur nach einer namenlosen Bankangestellten wollte ich nicht mehr suchen. Aber irgendwie zahlte sich mein Training bei Socrates jetzt tatsächlich aus, denn ich zwang mich, aufzustehen, mich anzuziehen und wieder auf die Suche zu gehen. Kleine Siege der Selbstdisziplin wie dieser können viel bewirken.
    An diesem dritten Tag meiner Suche hatte ich wirklich die Grenzen meiner Willenskraft erreicht. Doch es gab wenigstens einen Lichtblick, eine heitere Oase in einem Meer finsterer Gesichter: In der vierten Bank traf ich eine außerordentlich hübsche Kassiererin, ungefähr in meinem Alter. Als ich ihr erklärte, ich suchte eine ganz besondere Frau, fragte sie mich mit einem Lächeln, das ihre Grübchen zur Geltung brachte: »Bin ich besonders genug?«
    »Ich  … ja … eigentlich sind Sie eine der besondersten Frauen, die mir seit langem über den Weg gelaufen sind«, grinste ich. Ich hatte zwar meine Zweifel, ob sie wirklich die Schamanin war, nach der ich suchte. Aber in meinem Leben waren schon merkwürdigere Dinge passiert, und bei Socrates konnte man schließlich nie wissen  …
    Sie sah mir unverwandt in die Augen, als warte sie auf etwas. Aber vielleicht wollte sie auch nur flirten. Oder sie wollte, daß ich ein Konto bei ihrer Bank eröffnete. Aber sie konnte ja auch die Tochter
der Schamanin sein! Ich durfte keine Chance ungenutzt lassen, sagte ich mir. Und ein bißchen Spaß konnte mir auch nicht schaden.
    »Wissen Sie, wer ich bin?« fragte ich.
    »Sie kommen mir irgendwie bekannt
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