Die Rueckkehr des Daemons

Chufu und plante, mich so zu besiegen.
    Nun rieche ich wieder den Sand, den roten Sand der Wüste, und ich höre das Flüstern der Menschen. Der Zeitpunkt der Rache ist nicht mehr fern.
    Wer Seth verachtet und verhöhnt, der soll meinen Zorn zu spüren bekommen, denn es ist der Zorn Seths. Wer aber zu Seth betet und ihn fürchtet, der soll Macht bekommen über die Menschen und sie beherrschen wie ein Pharao.
    Du, sa’i meri’i, mein geliebter Sohn, bist auserwählt von mir, hörst du? Und ich bin auserwählt von ihm.
    Die Zeit ist reif.
    Mein unsterbliches Herz sagt es.

85. Kapitel
    Kairo, 13. Oktober 2007, nach Sonnenuntergang
    Der Taxifahrer hörte gar nicht mehr auf sich zu bedanken, als ihm Sid am Fuße der Cheopspyramide einen 100-Dollarschein in die Hand drückte. Endlich gab er Gas, wendete und raste die fünfzehn Kilometer zurück nach Kairo.
    Sid ging langsam auf den Schatten der Pyramide zu. Unter dem strengen Blick der Sphinx war eine MultiMedia-Vorführung über die alten Ägypter auf ihrem Höhepunkt angekommen. Fanfaren schmetterten über die Ebene, in ohrenbetäubender Lautstärke schallten die Beschreibungen der Pyramiden aus der Lautsprecheranlage über den Platz am Nil.
    Sid nahm all das nur im Unterbewusstsein wahr. Den Warnschildern zum Trotz erklomm er den ersten Steinquader der Cheopspyramide. Der Schweiß von 20.00 0 Bauern stieg ihm in seine Hundenase, ihre Ängste und Hoffnungen, ihr Glaube an den Pharao als höchstes Wesen auf Erden, dem sie mit der harten körperlichen Arbeit ihren Gottesdienst erwiesen. Er musste sich zum nächsten Stein strecken, die Blöcke hatten übermenschliche Ausmaße. Stück um Stück kletterte er aufwärts, 137 beschwerliche Meter. Nur nicht nach unten sehen. Sid hörte die beeindruckenden Daten des größten Bauwerks der Antike zu sich heraufschmettern.
    Grundfläche etwa 5, 3 Hektar, Gesamtvolumen 2, 5 Millionen Kubikmeter, Anzahl aller Steinblöcke etwa 2, 5 Millionen bei einem durchschnittlichen Gewicht von 2, 5 Tonnen, Gesamtgewicht der Pyramide damit 6,2 5 Millionen Tonnen, höchstes Bauwerk bis zum Mittelalter. Erbauer Chufu, den die Griechen in Cheops umbenannt hatten.
    Napoleon hatte 1798 während seines Ägyptenfeldzugs ausgerechnet, dass man mit den Steinen der Pyramide eine drei Meter hohe Mauer um ganz Frankreich herum bauen könnte.
    Sid war oben angekommen. Weil die Spitze, das Pyramidion, fehlte, hatte der Wind in 4.50 0 Jahren hier oben ein etwa fünf mal fünf Meter großes Plateau glatt geschliffen.
    Mit rasselndem Atem sah er in die Ferne, die Lichter Kairos glitzerten ihm entgegen. Ihn schwindelte. Mit wackeligen Knien hockte er sich im Schneidersitz auf den Boden und schloss die Augen. Wenn man den Ausführungen der Fremdenführer glauben konnte, hatte genau hier Napoleon gesessen und seine Berechnungen durchgeführt. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Noch einmal zog Sid den Brief aus der Tasche, den er bei den Unterlagen aus dem Tresor gefunden hatte.
    St. Vincent’s Hospital
7th Avenue/11th street
    27 . Juni 1992
    Sehr geehrte Mrs und M r Martins,
    die Klinikverordnung zwingt mich, den Befund für Ihren letzte Nacht in unserem Hospital geborenen Säugling noch einmal offiziell zu Papier zu bringen.
Wie meine Untersuchungen ergeben haben, leidet Ihr Sohn an einer schweren Anomalie des Herzens. Er hat eine fünfte Herzkammer. Ohne sofortige Operation gibt es für ihn keine Überlebenschance. Doch von einem erfolgreichen Eingriff dieser Art habe ich in meinen langen Jahren als Chefarzt noch nicht gehört. Im St. Vincent’s ist sie jedenfalls nicht durchführbar.
Ich möchte Sie deshalb bitten, so schwer es sein mag, sich damit abzufinden, dass Ihr Sohn die nächsten Tage nicht überleben wird.
    Mein herzliches Beileid.
    Doktor Ralph Shaw,
Chefarzt Kardiologie
    Anbei die Liste mit kardiologischen Zentren, um die sie mich gebeten haben.
    Auf der angetackerten zweiten Seite befand sich eine Liste von Telefonnummern der besten Herzchirurgen im ganzen Land, pro forma . Eine nach der anderen war mit unterschiedlichen Stiften fein säuberlich durchgestrichen.
    Das Papier war wellig, so als sei es nass geworden. Tränen? Seine Eltern mussten noch am Tag nach der Geburt damit begonnen haben, einen Spezialisten nach dem anderen abzutelefonieren.
    Darunter, handschriftlich von Sids Vater notiert, ein weiterer Name: Doktor Panajotis Theodorakis. Ohne Honorar , stand dahinter vermerkt. Der Name war dreifach unterstrichen.
    Sid überließ das