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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord
Autoren: H Brennan
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PROLOG
    W arum bleibe ich dann nicht hier?«, wiederholte Henry. Er wusste, dass er gerade in dieses verflixte Gequassel verfiel, bei dem er nur nachplapperte, was andere sagten, und wie ein Dorftrottel guckte, aber er konnte anscheinend nichts dagegen tun.
    »Ja«, sagte Blue bestimmt. »Warum eigentlich nicht?«
    Sie schlenderten durch die Gärten des Purpurpalastes und Blue sah absolut fantastisch aus. Nachtblüher hatten begonnen, ihren Duft zu verströmen, und auf dem Fluss spiegelte sich das Licht der Fackeln. Wenn es je einen perfekten Rahmen für einen romantischen Augenblick gegeben hatte, dann diesen, und Henry war klar, dass er gerade dabei war, ihn vollkommen zu vermasseln. »Warum nicht?«, fragte er.
    »Ach, Henry, ich wünschte, du bliebest hier«, sagte Blue sanft. Sie streckte ihren Arm aus und nahm seine Hand, so gingen sie gemeinsam am Flussufer entlang. »Du willst nicht zurück nach Hause, ich will nicht, dass du nach Hause zurückkehrst, Pyrgus will nicht, dass du nach Hause zurückkehrst, also: Warum bleibst du dann nicht hier?«
    »Pyrgus will nicht, dass ich nach Hause zurückkehre?«, sagte Henry überrascht, dann wurde ihm klar, wie blöd das klang, und es gelang ihm, etwas noch Blöderes zu sagen: »Meine Mutter würde mich umbringen.« Er schaute Blue in der törichten Hoffnung an, dass sie das verstand, und fügte hinzu: »Wenn ich nicht nach Hause käme.«
    Blue ignorierte es. »Was wirst du denn machen, wenn du nach Hause kommst?«
    Henry dachte kurz nach, dann sagte er vage: »Prüfungen und so.« Dabei war das Ganze überhaupt nicht vage, wenner daran dachte. Er würde seine Prüfungen ablegen, und wenn er sie bestand, was wahrscheinlich war, lief alles darauf hinaus, dass er schließlich an einer Universität landen würde, allerdings nicht an einer der guten, nicht Oxbridge oder irgend so eine. Aber auf welche Universität auch immer er schließlich ging, er würde sich bis zu einem mittelmäßigen Abschluss durchschlagen und dann Lehrer werden, denn das war es, was seine Mutter wollte. Sie war Lehrerin. Sie war, genauer gesagt, Rektorin einer Mädchenschule. Sie erzählte ihm immer, dass der Lehrerberuf großartig war wegen der langen Ferien, als ob das Maß für einen guten Job darin bestand, wie lange man ihm fernbleiben konnte.
    »Du bist doch gar nicht gern zu Hause«, sagte Blue, »jetzt wo dein Vater nicht mehr da ist. Du magst deine Mutter doch gar nicht   …«
    »Nein, aber ich liebe sie«, sagte Henry düster. Das war das Problem. Zu sagen, dass er seine Mutter nicht mochte, war noch untertrieben. Er konnte sie nicht ausstehen. Aber das änderte nichts an seiner Liebe für sie. Er fragte sich, ob Schuldgefühle ein Normalzustand waren.
    »Sie zwingt dich dazu, Dinge zu tun, die du gar nicht tun willst«, sagte Blue, als hätte er gar nichts gesagt. »Und sie macht lauter Dinge, von denen du möchtest, dass sie sie nicht tut.« Sie wandte sich ihm zu, um ihn anzusehen.
    Wie zum Beispiel Anaïs bei uns einziehen zu lassen
, dachte er.
    »Wie zum Beispiel Anaïs bei euch einziehen zu lassen«, sagte Blue trocken. Sie wandte sich ab, und sie setzten ihren Spaziergang fort. »Du bist nicht mehr glücklich in der Gegenwelt. Das weiß ich genau. Jedes Mal, nachdem du nach Hause zurückgekehrt bist, siehst du noch elender aus, sobald du wieder herkommst. Und du hast dort nichts zu
tun
– nichts Wichtiges. Bloß, na ja   … Zeug, wie Schule und Prüfungen. Du hast keine Position, so wie du sie hier hast. Niemand hat Respekt vor dir.«
    Jetzt mach mal eine Pause
, dachte Henry. Langsam wurde es quälend. Nur dass es zufällig stimmte. Oder fast stimmte. Charlie hatte immerhin Respekt vor ihm. Er hatte sogar schon mal den Verdacht gehabt, dass Charlie auf ihn stand. Aber das war’s auch schon. Das Leben zu Hause
war
ein Elend.
    »Wenn du dagegen hierbleiben würdest«, fuhr Blue unnachgiebig fort, »dann hättest du eine wichtige Aufgabe. Du bist schon ein Held   –«
    Das war Unsinn. Wenn überhaupt, dann war er ein Schurke wegen all dem, was er Blue angetan hatte, obwohl er nicht er selbst gewesen war, als er es getan hatte, und nachdem immer mehr Leute davon erfahren hatten   –
    »–   weil du Pyrgus aus Hael befreit hast, als er Kronprinz war. Und wenn du deine Räume im Palast nicht magst, kann ich dafür sorgen, dass du schönere bekommst und   –«
    »Nein, nein, damit hat das gar nichts zu tun«, warf Henry schnell ein. »Ich liebe meine Räume im Palast.«
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