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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons
Autoren: Thilo P. Lassak
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absolut nicht hierhergehörte: An der Fensterscheibe lehnte ein Briefumschlag.
    »Scheiße!«
    Birger Jacobsen sprang aus seinem Sessel und schmiss den Eisbeutel auf den Boden. Sein Augenlid begann zu zucken. Wie kam der Umschlag hier herein? Hektisch sah er zur Tür. Die Hotelangestellten hatten die strenge Anweisung, diesen Raum nicht zu betreten, und seiner Formel widersetzte sich keiner von ihnen.
    Vorsichtig, als könnte es jeden Augenblick explodieren, wendete Birger Jacobsen das Papier in seinen Fingern. Es war von hervorragender Qualität, kein Supermarktmist. Er ließ das Messer des Latinos aus dem Griff springen und schlitzte den Umschlag an der Unterseite auf. Sicher ist sicher. Heraus fiel ein Zeitungsschnipsel, ordentlich ausgeschnitten. Aufgeregt faltete Birger Jacobsen das dünne Blatt auseinander. Der Artikel stammte aus dem Standard , vom 13 . Oktober 1978 – fast auf den Tag genau neunundzwanzig Jahre alt.
    Den Mann, der ihm von dem mehrspaltigen, leicht unscharfen Foto entgegenstierte, hatte er schon einmal gesehen. In der Wohnung des Mädchens, auf einem Poster!
    In Punkmanier standen dem Kerl die stacheligen Haare vom Kopf ab, ein anderer Mann mit Anzug und Schlips führte ihn in Handschellen ab. Im Hintergrund ein übereifriger Kameramann. Bildunterschrift:
    Under arrest… Sid Vicious is led away to jail by a New York detective under the glare of cameramen’s flash bulbs.
    Mit wachsender Begeisterung las Birger Jacobsen den Text, bis er sich über sein weiteres Vorgehen sicher war. So sollte die rothaarige Schlampe sterben. Sogar der Name stimmte.
    Sid Vicious is accused of murder.
Sex Pistols punk rocker Sid Vicious has been charged with stabbing to death his go-go dancer girlfriend in a Manhattan hotel room. He will appear in court today.
Police says it was one of the most bizarre records. The girl, 20-year-old Nancy Spungen has been stabbed in the stomach. Police says Vicious was found wandering in the vicinity on one of New York’s modest hotels, the Chelsea, in a semi-comatose state asking Where is Nancy? Nancy was dead in room 100 at the hotel. [9]
    Zufrieden faltete Birger Jacobsen den Artikel wieder zusammen und steckte ihn in den Umschlag zurück. Er erinnerte sich an damals. Erst Jahre später hatte er von Blomberg die wahren Hintergründe des Verbrechens erfahren, das offiziell nie aufgeklärt wurde. Semi-komatös ! Er lachte. Zu welchen sprachlichen Höhenflügen ein tiefer Zug aus einem kleinen Flakon und der passende Spruch dazu die Journalisten bringen konnten! Semi-komatös! Keine schlechte Idee, um unliebsame Punk-Mädchen loszuwerden. Von der unbarmherzigen ägyptischen Polizei gehetzt und ohne Begleitung würde er seinen Sid in die Bahnen lenken können, die für ihn von Nutzen waren.
    Was lehrt uns Geschichte? Ließ sie sich wiederholen? Fast dreißig Jahre später? Der unbekannte Absender schien dieser Auffassung zu sein, die Worte »stabbing to death« waren mit rotem Kugelschreiber umkringelt. Birger Jacobsen nickte. Zufrieden steckte er das Springmesser in seine Tasche zurück.
    Dann holte er in aller Ruhe seine Versace-Anzüge aus dem Kleiderschrank, legte sie sorgfältig zusammen und verstaute sie im Koffer. Er würde verreisen. Und als neuer Mensch zurückkehren. Als er die Tür seines Lieblingsapartments im Chelsea Hotel hinter sich zuzog, streifte Birger Jacobsens Blick ein letztes Mal den Türrahmen mit der Zimmernummer.
    Wie ein stiller Verbündeter schimmerte ihm die 100 entgegen. Als er in den Flur treten wollte, stolperte er über einen Blumenkranz. Auf der Schleife stand: Für Nancy.

78. Kapitel
    Montreal, Freitag, 12. Oktober 2007, 14 Uhr
    Die Ausmaße des Flughafens in Montreal waren bescheiden, wenn man den JFK International Airport in Queens kannte. Jurgens Unterschriften hatten sich als perfekte Fälschungen herausgestellt. Angeblich wurden die beiden von ihren Eltern in Kairo erwartet. Der Beamte hatte die Schreiben und die Pässe kommentarlos in Augenschein genommen und die beiden durchgewinkt.
    Sid lehnte sich in seinem Sessel zurück und schlurfte eine Cherry-Coke. Zwischen den Unterlagen des Tresors hatte sich auch ein dickes Bündel mit 100-Dollar-Scheinen befunden. Außerdem hatte er noch bei Western Union das Limit seiner Kreditkarte ausgereizt – einige Zehntausend Dollar. Er war anscheinend der Grund, warum sein Vater so reich geworden war, also durfte er das Blutgeld ohne schlechtes Gewissen ausgeben. Sie reisten erster Klasse, nach dem
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