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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
Autoren: Sergej Lukianenko
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Summe geistiger Fähigkeiten, die es ihrem Träger erlauben würden, eine gehobene Stellung in der Gesellschaft einzunehmen. Der auf diese Weise gemessene Intellekt bot eine ausreichende Garantie für die zukünftige Karriere eines Menschen.
    Natürlich war es unmöglich, alle Faktoren zu berücksichtigen. Immer wieder kam es vor, dass Heranwachsende mit fantastischen intellektuellen Werten bei Unfällen
ums Leben kamen. Andere gerieten in Situationen, an denen sie selbst als geborene Führer zerbrachen.
    Zur Sicherheit trafen die Außerirdischen eine großzügige Vorauswahl. Fast tausend Heranwachsende pro Jahr wurden auf die Inseln geschleust. Man schuf Bedingungen für sie, in denen alle Aspekte ihrer Persönlichkeit zum Tragen kamen: Angst und Wagemut genauso wie Liebe und Hass. Die einen sperrten sich gegen jede Art von Zusammenarbeit, andere wurden bereitwillig zu Spionen. Der eine errichtete auf seiner Insel eine gewalttätige Diktatur, ein anderer führte sie demokratisch, zurückhaltend und im Bestreben, die Interessen aller zu berücksichtigen.
    Auf den Inseln wurde ein »Großes Spiel« inszeniert, dessen Ziel für die Beteiligten verführerisch und begehrenswert war. Es wurden Regeln aufgestellt, die zum Teil unerlässlich waren, um das Spiel in Duelle zwischen Verstand und Willen zu kanalisieren und es nicht auf den Kampf gestählter Muskeln zu reduzieren. Das Verbot, bei Sonnenuntergang nach oben zu blicken, hatte eine doppelte Erklärung: Einerseits wurde zum Zeitpunkt der Umstellung der Simulatoren von Tag- auf Nachtbetrieb die nackte Kuppel des Versuchsgeländes für einen kurzen Augenblick sichtbar, andererseits sagt der Versuch, ein Verbot zu unterlaufen, eine Menge über einen Menschen aus. Zu allen Zeiten und auf allen Planeten waren die Unruhestifter immer diejenigen, die keine Angst hatten, Regeln zu brechen.
    Die physischen Grundvoraussetzungen der Spieler wurden durch die speziellen Schwertimitate ausgeglichen, die nur durch die Willensleistung ihres Besitzers zu einer scharfen Waffe wurden. Mit einem solchen
Schwert konnte ein willensstarker Schwächling einen athletisch gebauten Waschlappen ohne Weiteres besiegen.
    Es verrannen die Jahre, vergingen die Jahrzehnte. Immer noch bestand keine Verbindung zum Lotan.
    Doch das Große Spiel lief immer weiter, und immer mehr junge Menschen starben auf den Inseln …

6
    DIE RÜCKKEHR
    Wir schwiegen. Unser Gefangener war verstummt und rührte sich nicht. Den Vogelkopf in den Nacken gelegt, saß er in seinem Sessel und wirkte erschöpft.
    »Dann sind wir also alle zukünftige Berühmtheiten?«, fragte Timur.
    Inga sah ihn ein wenig mitleidig an. »Der große Feldherr Timur«, sagte sie nachdenklich.
    »Der große Künstler!«, verbesserte Timur. »Meine Leidenschaft war immer das Zeichnen.«
    »Ihr verfluchten Bestien!«, platzte Tolik heraus, der neben meinem Stuhl auf dem Boden saß. »Na gut, ihr wollt uns erobern... idiotisch, stumpfsinnig... Kriege und Eroberungen hat es immer schon gegeben auf der Erde. Aber Kinder zu nötigen, sich gegenseitig umzubringen...«
    Toliks Wortwahl überraschte mich. Wir hatten uns nie selbst als Kinder bezeichnet, war es doch unser großer Wunsch, erwachsen zu sein. Ein Mensch wird aber erst in dem Moment erwachsen, in dem er aufhört, es sich zu wünschen.
    »Auch das hat es schon immer gegeben«, entgegnete der Fremdplanetarier gelassen. »Immer schon, zu allen Zeiten. Kinder haben sich gegenseitig bekämpft und auch getötet, nicht immer physisch, aber häufig seelisch. Das Leben gab ihnen dazu die Waffen in die Hand, die jeweilige Zeit legte die Regeln fest und lehrte sie auch, diese zu brechen. Wir haben nur die Rolle des Lebens
und der Zeit übernommen. Keine sehr angenehme Rolle. Unsere Regeln sind härter, aber gerechter. Wir wählen diejenigen aus, die uns geeignet erscheinen. Eure Führer wählen diejenigen aus, die ihnen nützen. Zu allen Zeiten war das so.«
    »Aber auf der Erde haben wir nicht getötet!«, rief Tolik aufgebracht. »Wir hatten keine Schwerter!«
    »Hattet ihr doch. Und zwar sowohl echte als auch solche mit Klingen aus Worten und Taten. Auch solche Klingen können töten.«
    »Du bist gar nicht so dumm, wie du dich stellst«, sagte ich zu unserem Gefangenen und erhob mich von meinem Stuhl.
    Auch der Außerirdische stand nun auf, wobei seine knorrigen Gelenke ächzten.
    »Du auch nicht, Kommandeur der Menschen. Du verstehst es, zu lieben und zu hassen, darin liegt deine Stärke. Ich bin
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