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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
Autoren: Sergej Lukianenko
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nur ein Experte für Sprache und Menschen. Und ich verstehe mich darauf, mein Verhalten zu ändern.«
    »Wo ist der Hypertunnel zur Erde, du Gnom?«, fragte ich zornig.
    »Der Hypertunnel verschwindet, wenn die Energiezufuhr aussetzt«, erwiderte er zögernd.
    Der Hass machte mich klüger.
    »Wie lange dauert es, bis er verschwindet?«
    »Einen halben Zyklus.«
    Mein Schwert zuckte gegen den Hals des Außerirdischen, dass die Federn nur so staubten.
    »Übersetze das gefälligst in unsere Zeitrechnung«, knurrte ich.
    »Sechs bis sieben Stunden.«
    »Zum letzten Mal: Wo ist er, dieser Hypertunnel?«

    »Hinter dieser Wand«, antwortete er, und einen Moment lang hatte ich den Eindruck, dass er mich auf den Arm nehmen wollte. »Die Wand wird per Knopfdruck hydraulisch hochgefahren. Allerdings hat das Bedienpult keinen Strom mehr.«
    Rat suchend sah ich mich nach den anderen um. Timur hielt die Strahlenpistole des getöteten Raumschiffkapitäns in der Hand.
    »Dynamit haben wir hier keines«, brummte er und fummelte an der Waffe herum. »Dann probieren wir’s doch mal damit. Das hier müsste doch der Abzug sein...«
    Die Wand wurde noch um einiges effektvoller hinweggepustet als zuvor die Lamellentür am Eingang. Möglicherweise hatte Timur unwissentlich eine zu starke Strahlung eingestellt.
    Hinter den zerfetzten Metallplatten befand sich ein winziger Raum. Auf Regalbrettern an den Wänden lagen Kleidung, Koffer, Bücherstapel und tragbare Aufnahmegeräte ohne erkennbare Ordnung herum, außerdem einige Kameras in ledernen Fototaschen.
    Inmitten des Raums befand sich ein blaugrün schimmernder, runder, etwa einen Meter breiter Spiegel, der in der Luft zu schweben schien.
    Über die qualmenden Trümmer hinweg betrat ich den Raum und inspizierte die leuchtende Scheibe.
    Es war kein Spiegel, sondern ein zitterndes Häutchen, flirrende Luft, eine Wolke aus farbigem Staub in einem Stahlrahmen; ein flackernder Ring, hinter dem sich dunkelgrüne Kiefernzweige im Wind wiegten und herbstliches Laub durch die Luft flog; eine unsichtbare Membran, hinter der sich eine Böschung befand, die zu einer
Straße hinabführte, und eine untergehende Sonne, die sich in den Scherben einer zerbrochenen Flasche spiegelte.
    »Ist er das?«, flüsterte ich.
    Unser Gefangener stand neben mir. Chris und Timur hatten ihn in den Raum geschleift.
    »Ja, das ist er«, bestätigte er.
    »Und wie benutzt man ihn?«
    »Einfach hineingehen.«
    Hineingehen! Einfach hineingehen! Und auf die Erde zurückkehren! Mein Herz schlug bis zum Hals. Als ich mit dem Finger die flimmernde Membran berührte, spürte ich den kühlen irdischen Wind. Es war ein frischer Herbstwind, der zum Greifen nah direkt hinter der Membran des Hypertunnels sanft blies. Er hatte keine Lust, durch die stickigen Kabinen des Raumschiffs zu pfeifen, er wartete auf uns. Und wir würden kommen.
    »Die Schleuse wird enger, Dima«, drängte Chris und rüttelte mich an der Schulter. Ich erschrak. Chris hatte recht. Der Ring war bereits um einige Zentimeter kleiner geworden. Noch eine halbe Stunde, dann würde er ganz verschwinden. Wir hatten noch zehn Minuten Zeit, danach würde ein Mensch nicht mehr hindurchpassen.
    »Wie kann man das Schrumpfen der Schleuse stoppen? Rede!« Verzweifelt krallte ich meine Hände in den federflaumigen Nacken des Außerirdischen und schüttelte ihn.
    »Der Reaktor ist zerstört, der Hypertunnel verschwindet«, sagte er gleichgültig.
    Den Vogelmenschen grob zur Seite stoßend, wandte ich mich an die anderen. Ich suchte Blickkontakt zu Inga und nickte ihr energisch zu.

    »Später, Dima. Lass erst mal die anderen...«, sagte sie und senkte den Blick.
    »Wir haben keine Zeit zu diskutieren!«, brüllte ich sie an. »Mach, dass du da hindurchkommst, aber plötzlich!«
    Timur packte Inga am Gürtel und hob sie mit spielender Leichtigkeit an die flimmernde Membran, die in dem enger werdenden Stahlring etwa einen halben Meter über dem Boden schwebte. Chris kam ihm zu Hilfe.
    »Vielleicht wäre es besser mit den Füßen voran, nicht dass du auf den Kopf fällst?«, flüsterte er.
    »Mit den Füßen voran?« Timur zog die Stirn kraus. »Blödsinn!«
    »Ist es richtig so?«, fragte ich und sah den Fremdplanetarier drohend an. »Ich warne dich, wenn ihr etwas passiert, geht’s dir an den Kragen.«
    »Alles in Ordnung so«, antwortete er beschwichtigend. »Ich verstehe eure Bedenken.«
    Inga stieß einen Schrei aus, als ihre Beine durch die schimmernde Membran stießen.
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