Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Chris und Timur erstarrten.
    »Lasst sie los!«, befahl ich.
    Inga verschwand.
    »Los, jetzt du«, sagte ich zu Rita gewandt.
    Rita machte keine Anstalten, stattdessen sah sie Chris fragend an. »Gehst du?«
    Chris schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn wir gehen, wer erklärt dann den anderen, was los ist? Und wer passt dann auf dieses Federvieh auf? Ich bleibe.«
    Ein Lächeln huschte über Ritas Gesicht. »Ich bleibe bei dir, mein Kommandeur. Wir bleiben bei dir.«
    Ratlos sah ich die beiden an.

    »Chris!«, flüsterte ich eindringlich und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Schleuse.
    Kopfschüttelnd und mit einem milden Lächeln im Gesicht parierte der Engländer meine Aufforderung. »Ich kann doch die anderen nicht allein lassen, Dima. Schließlich bin ich doch ihr Kommandeur, wenn du gehst.«
    »Ich?«
    »Ja, du.«
    »Und du, Timur?«
    Seufzend breitete Timur die Arme aus. »Zwei Timure wären zu viel für eine Erde. Ich muss noch lernen, mit diesem Teil hier umzugehen«, sagte er grinsend und wedelte mit der Strahlenkanone. »Außerdem finde ich das Raumschiff spannend. Nimm das als Andenken mit.«
    Er nahm den Tragegurt mit seinem Samuraischwert von der Schulter und überreichte es mir.
    Zu Tränen gerührt, bekam ich kein Wort heraus. Stattdessen griff ich nach meinem Schwert und streckte es Timur hin.
    Plötzlich fasste mich Tolik am Arm. »Ihr Idioten, beeilt euch, der Durchlass wird immer enger!«
    Der Ring hatte noch vierzig Zentimeter Durchmesser, vielleicht sogar etwas weniger. Ein leuchtender Fleck in seinem Stahlkäfig.
    Zu dritt hievten Chris, Timur und Tolik mich durch die enge Schleuse.
    Zuerst fühlte ich den Wind, der mir ins Gesicht blies. Dann erblickte ich die grasbewachsene Böschung, und mir wurde schwindlig. Jetzt spürte ich die Schwerkraft der Erde. Eine unsichtbare starke Hand hatte mich der Inselwelt entrissen und auf meinen Heimatplaneten zurückbefördert.

    Mich überschlagend und ohne die geringste Chance zu bremsen, kullerte ich den steilen Hang hinab. Mein Aufenthalt auf den Vierzig Inseln endete genauso, wie er begonnen hatte: mit einem heftigen Absturz.
    Meine rasante Talfahrt endete abrupt an einem Baum. Dumm nur, dass ich ausgerechnet mit dem Kopf dagegenkrachte!
    Als ich das Bewusstsein wiedererlangt hatte, taten mir sämtliche Knochen weh. Wie nach einem Wachdienst auf der Ostbrücke. Eine leichte, kühle Hand streichelte mir übers Gesicht.
    »Inga«, flüsterte ich, ohne die Augen zu öffnen. »Entschuldige, dass ich dich angeschrien habe.«
    »Das verstehe ich schon«, entgegnete sie ruhig.
    Wir befanden uns auf halber Höhe des Hangs, zwischen dem höchsten Punkt des Hügels und einer einsamen, menschenleeren Straße. Inga saß mit dem Rücken an ebenjene Kiefer gelehnt, an der ich zur Begrüßung auf der Erde k. o. gegangen war. Mein Kopf ruhte auf ihren Knien.
    Ich spähte zum Himmel und suchte ihn nach einer Spur des Hypertunnels ab. Vergeblich. Womöglich konnte man ihn nur vom Schiff aus sehen.
    »Was ist mit den anderen?«, fragte Inga.
    »Sie haben sich geweigert zu gehen. Chris, Timur und Tolik haben mich gepackt und durch die Schleuse geschoben. Ich bin ihnen so unendlich dankbar. Was meinst du, ob es ihnen gelingt, den Tunnel wieder zu aktivieren?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte sie achselzuckend. »Aber es ist doch nicht unsere Schuld, oder?«
    »Was ist nicht unsere Schuld?«
    »Dass sie zurückgeblieben sind.«

    Nachdenklich blickte ich zur Straße hinab. »Nein. Sie waren wohl schon zu sehr an die Inseln gewöhnt. Die Inseln waren ganz ihre Welt geworden.«
    »Aber auch unsere Welt.«
    »Ein bisschen, ja.«
    »Aber wir sind jetzt wieder auf der Erde und...«
    Inga sprach nicht zu Ende. Über dem Hügel tauchte plötzlich wie aus dem Nichts ein Holzschwert auf, wirbelte durch die Luft und fiel wenige Meter oberhalb von uns ins Gras.
    »Ja, wir sind auf der Erde«, wiederholte ich, rappelte mich auf und ging das Schwert holen.

7
    ZU HAUSE
    Gegen Abend erreichten wir eine Stadt.
    Wir waren der Straße gefolgt, die sich unterhalb unseres »Landehügels« befand. In sanften Windungen schlängelte sie sich talwärts und war von südlich anmutenden Gärten gesäumt. Alte Apfelbäume bogen sich darin unter der Last ihrer riesigen, rotbackigen Früchte. Ich konnte der Versuchung, einige davon zu pflücken, einfach nicht widerstehen, schon beim ersten Baum griff ich zu.
    Schmatzend biss ich in die saftigen, unbeschreiblich süßen Äpfel, während wir über den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher