Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Riesen vom Hungerturm

Die Riesen vom Hungerturm

Titel: Die Riesen vom Hungerturm
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
nicht, daß er einen Menschen gerettet und bis zum Hungerturm gebracht hatte, wo er allem Anschein nach in die Gewalt des Schrecklichen Dreigespanns geraten war.
    »Doch er ist schlau und wird sich zu retten wissen, sofern er meine Ratschläge beherzigt. Mir blieb keine Wahl, wollte ich rechtzeitig nach Tupan zurückkehren. Ich drang auf geheimen Wegen in den Palast ein und begab mich hierher, von wo aus ich meine heimlichen Streifzüge unternahm, bis ich Gewißheit hatte.«
    »Gewißheit?« fragte Andraiuk. »Worüber? Du magst das Böse Auge besiegt haben, Alamog, doch zu spät. Sabri brachte ihr und mein Kind zur Welt, als…«
    »All das weiß ich«, unterbrach ihn der Magier. »Und noch mehr. Dryhon war es, der das Neugeborene raubte. Er tötete Murac und übergab das Kind den Vogelreitern, die vor den Mauern der Stadt auf ihn warteten. Er wurde nicht von ihnen entführt, sondern schloß einen Pakt mit Shadron, in der Hoffnung, dadurch an meine Stelle treten zu können. Er verriet dich auf schmählichste Weise.«
    Andraiuk stand auf, ging einige Male im engen Raum auf und ab und ballte die Fäuste.
    »Ich hätte es wissen müssen!« stieß er zornig aus. »Ich war blind!«
    »Von Dryhons Magie geblendet«, sagte Alamog.
    Andraiuk stürzte auf ihn zu und ergriff seine Schultern. Beschwörend fragte er:
    »Dann weißt du auch, wo Lillil nun ist?«
    »Malag, Dryhons Spießgesell, sollte das Kind den Dunklen Mächten beim Hungerturm opfern. Doch verzweifle nicht, Herr.« Alamog fuhr mit den Händen über die magischen Karten. »Malag liegt nun selbst im Hungerturm. Dein Kind wurde gerettet und befindet sich nun in Tarakons Obhut. Er ist mit seinen Kriegern und dem Mann, den er für den Kindesräuber und meinen Mörder hält, schon hierher unterwegs. Du bist gut beraten, ihm einen Boten entgegenzuschicken. Tarakon soll mit dem Kind und seinen Gefangenen auf dem gleichen Weg wie ich in den Palast kommen – ungesehen von Shadrons Kriegern.«
    »So soll es sein«, stimmte der König zu. »Doch bevor er eintrifft, soll Dryhons Kopf rollen! Er soll büßen für alles, was er mir und unserem Volk antat!«
    »Warte noch damit.« Alamog legte ihm eine Hand auf den Arm und nickte beschwichtigend. »Warte, bis wir mit Tarakon gesprochen haben – und vor allem mit dem, den er für meinen Mörder hält. So lange sollen die Verräter sich in Sicherheit glauben.«
    »Du hast wieder recht«, mußte der König zugeben. »Doch sag, wer ist dieser Fremde?«
    Alamog erhob sich. Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Er ist jener, den ich den Riesen überlassen mußte, jener Mann, den ich vor Quidas Bösem Auge rettete. Er nennt sich Arruf. Doch bin ich nicht sicher, ob dies sein richtiger Name ist. Die Hexe rief einen anderen, als sie uns ihre Flüche nachschickte.«
    Andraiuk und Yavus sahen sich an. Der König suchte, in des Magiers Zügen zu lesen.
    »Du verschweigst uns etwas, Alamog.«
    »Vielleicht irre ich mich«, sagte der Leibmagier. »Dann würde ich dir nur falsche Hoffnung geben.«
    »Hoffnung!« stieß Andraiuk abfällig aus. »Du sprichst von Hoffnung?«
    »Es mag sein, daß das Schicksal sich wendet, Herr. Ich sehe den Wunsch in deinen Augen, zur Königin zu eilen und ihr die frohe Nachricht zu bringen, daß Lillil lebt und bald wieder hier sein wird. Auch damit bitte ich dich, zu warten.«
    Andraiuk blickte ihm fest in die Augen.
    »Ist es besessen, Alamog? Ist mein Kind besessen?«
    Der Magier gab keine Antwort.
*
    Andraiuk tat, wie ihm geraten. Zurückgekehrt in seine Gemächer, ließ er einen Boten kommen und trug ihm auf, was er Tarakon auszurichten hatte. Immer noch finster in die Zukunft blickend, war es dem König nun doch, als sollte noch nicht endgültig alles verloren sein. Trotz seiner Schweigsamkeit hatte Alamog es verstanden, ihm neue Hoffnung zu geben.
    Es quälte Andraiuk, Sabri nicht sofort die Nachricht von Lillils Rettung bringen zu dürfen. Andererseits sagte er sich, daß es besser sei, zunächst Alamog einen Blick auf das Kind werfen zu lassen. In Sabris Zustand konnte sich nichts verheerender auswirken als falsche Hoffnungen. Mit Lillils Rettung war das Problem, das das Kind darstellte, nicht aus der Welt.
    Yavus und Alamog warteten mit ihm zusammen auf Tarakon und den Fremden. Unten in der Halle lärmten und grölten die Vogelreiter und jene Ays, die Andraiuk ihnen geschickt hatte, um dafür zu sorgen, daß sie keinen Verdacht schöpften. Aller Argwohn sollte im Wein ertränkt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher