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Die Riesen vom Hungerturm

Die Riesen vom Hungerturm

Titel: Die Riesen vom Hungerturm
Autoren: Horst Hoffmann
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Weges. Die Stärkeren trugen oder stützten die Schwächeren. Sie winkten und riefen, als sie ihn dahinreiten sahen. Luxon grüßte, zurück, ohne zu halten.
    Und gerade, als er die Düsternis zu beiden Seiten aufreißen und zurückweichen sah, geschah etwas mit ihm. Er spürte Stiche in der Herzgegend und glaubte, irgend etwas müßte ihm den Schädel sprengen. Vor Schmerz schrie er laut auf und brachte das Tokapi zum Stehen. Nur mit Mühe hielt er sich im Sattel, als sich die Welt um ihn zu drehen begann und eine Stimme plötzlich seinen Geist erfüllte:
    » Da bin ich, mein Feind! Du entrinnst mir nicht, auch wenn du nun in deine Welt zurückkehrst, denn nun habe ich die Pfänder, die du Narr hergegeben hast. Wahrlich, mein Feind, dein Leidensweg ist noch nicht zu Ende! «
    »Achar!« schrie Luxon. Ein schadenfrohes Lachen antwortete ihm. Es wollte ihm den Schädel sprengen, ebbte ab und verlor sich schließlich ganz. Luxon biß die Zähne aufeinander und schüttelte die Benommenheit ab. Der Schwindel verflog rasch, und es war, als hätte er wieder nur geträumt.
    Es kann nur eine Täuschung gewesen sein! redete er sich ein. Doch dann fiel sein Blick auf das Kind in seinem Arm, dessen Kopf halb aus den Tüchern herausschaute. Die Binde über seinen Augen hatte sich verschoben. Luxon sah in diese großen, unergründlichen Augen und glaubte nun ein Feuer in ihnen zu sehen, das nicht von dieser Welt war, ein dämonisches Feuer, ein…
    Konnte es denn sein, daß der Rachedämon aus diesem Neugeborenen zu ihm gesprochen hatte, aus dem Kind des Königs Andraiuk?
    Luxon überlief es eiskalt. Die Worte des Magiers fielen ihm ein.
    Er ritt weiter, unsicher und jeden weiteren Blick auf das Kind vermeidend. Auf jeden Fall, so sagte er sich, war er gut beraten, Achars Drohung ernst zu nehmen. Sollte er sich dies alles nur eingebildet haben – um so besser für ihn.
    Doch die Nähe des Kindes bedrückte ihn zunehmend. Und so trieb er das Tokapi auf jene Frau zu, die selbst ein Kind unter ihrem Herzen trug, als er sie erblickte.
    Sie blieb stehen und lächelte ihn dankbar an. An ihrer Seite ging ein Mann, der im Hungerturm kraftlos am Boden gelegen hatte. Allein die Aussicht, nach wenigen Schritten wieder das Licht der Sonne oder des Mondes sehen zu können, schien ihm neue Kraft zu geben.
    »Arruf!« rief sie aus, als Luxon das Tokapi neben ihr zum Stehen brachte. »Wie können wir dir jemals danken?«
    »Indem du dieses Kind an dich nimmst und es in Tupan ablieferst.«
    Schon beugte er sich aus dem Sattel und hielt ihr das Neugeborene entgegen.
    Sie starrte ihn an.
    »Aber woher…? Willst du etwa sagen, daß du mit ihm vor den Riesen fliehen konntest? Daß Ahok es nicht als Pfand haben wollte?«
    Luxon stutzte. Erst jetzt machte er sich darüber Gedanken. Plötzlich hatte er es noch eiliger, das Kind aus der Hand zu geben. Ahok mußte es doch gesehen haben. Konnte sein Verzicht auf das Kind als Pfand denn etwas anderes bedeuten, als daß es von einer Macht erfüllt war, die auch die Riesen nicht herauszufordern wagten? Hatten sie dies erkannt, während er wie blind gewesen war?
    »Nimm es!« drängte er die Frau. »Pflege es gut und bringe es wohlbehalten nach Tupan. Es ist das Kind des…«
    Er kam nicht dazu, ihr zu sagen, daß es des Königs und der Königin war. Plötzlich hörte er Hufschlag, und als er den Blick wandte, sah er auch schon viele Dutzend Tokapireiter heranpreschen. Luxon war wie gelähmt. Die Frau stieß einen spitzen Schrei aus und blickte verständnislos von Luxon zu den Kriegern.
    Die Ays brachten ihre Tiere vor ihnen zum Stehen.
    Ihr Anführer sprang wortlos aus dem Sattel und nahm das Kind aus Luxons Händen entgegen. Nur einen kurzen Blick warf er auf das kleine Gesicht. Dann sah er Luxon voller Haß und Verachtung an und spuckte vor ihm aus.
    »Nehmt sie alle drei fest!« schrie er seinen Kriegern zu. »Wir haben den Kindesräuber und seine Helfer! Los, packt und fesselt sie, bevor ich mein Schwert mit dem Blut von Alamogs Mörder beschmutze!«
    »Aber…!«
    Luxon konnte nicht fassen, was er da hörte. Bestürzt sah er an sich herab. Sicher, er trug Alamogs Kleider, doch…
    »Wartet!« schrie er. »So hört mich doch an!«
    »Noch ein Wort von dir, und ich spalte dir eigenhändig den Schädel, so wahr ich Tarakon heiße!« schrie der Bärtige. »Erzähle deine Lügen dem König, wenn du dazu den Mut aufbringst!« Er winkte die Krieger heran. »Fesselt den Hund!«
    Wahrlich, mein Feind! hallte es
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