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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen
Autoren: Bernard Werber
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keine Fühler, um die Seele des Waldes wahrzunehmen. Um sich in den Geist anderer hineinzuversetzen, muß man es nur wirklich wollen.
    Der Geist des Wiesels war sehr geschmeidig, eine Welle mit kleinen spitzen Zähnen. Das Wiesel konnte seinen Körper in drei Dimensionen bewegen und sich seiner Umgebung perfekt anpassen.
    Julie versetzte sich in den Vogel und erlebte den Genuß des Fliegens. Er sah alles von so hoch oben! Der Vogel hatte einen sehr komplexen Geist.
    Die Schnecke hingegen zeigte ein schlichtes Gemüt. Sie war sehr ausgeglichen und dachte nur ans Essen und Kriechen.
    Wenn unerwartet etwas Neues vor ihr auftauchte, betrachtete sie es mit einer Mischung aus leichter Neugier und Ungezwungenheit.
    Die Ameise war schon verschwunden, und Julie suchte sie nicht, aber das Blatt war noch da, und sie spürte, was das Blatt fühlte: die Freude, im Licht zu leben. Das Blatt hielt sich für außerordentlich aktiv, weil es ständig an der Fotosynthese mitwirkte.
    Auch ins Bewußtsein des Hügels versuchte Julie einzudringen. Das war ein kalter Geist, schwer und uralt. Sein Bewußtsein war irgendwo zwischen Perm und Jura angesiedelt.
    Er erinnerte sich an Gletscher, an Sedimentationen. Das mannigfaltige Leben auf seinem Rücken interessierte ihn nicht.
    Nur das hohe Farnkraut und die Bäume waren alte Gefährten.
    Die Säugetiere dagegen kamen ihm vor wie Sternschnuppen: Kaum geboren, waren sie auch schon alt und starben.
    »Guten Tag, Wiesel! Guten Tag, Blatt! Guten Tag, Hügel!«
    sagte Julie laut.
    Lächelnd setzte sie ihren Weg fort und blickte zum Himmel empor, ins …

244. WALDSPAZIERGANG
    … riesige Weltall, meerblau und eiskalt.
    Richten wir unseren Blick auf eine Region, die mit unzähligen bunten Galaxien übersät ist.
    Am Rand einer dieser Galaxien: eine alte gleißende Sonne.
    Stellen wir das Bild noch etwas schärfer ein.
    Um diese Sonne kreist ein kleiner warmer Planet, marmoriert mit perlmuttfarbenen Wolken.
    Unter diesen Wolken: violette Ozeane, gesäumt von okkerfarbenen Kontinenten.
    Auf diesen Kontinenten: Bergketten, Ebenen, riesige grüne Wälder.
    Unter dem Geäst der Bäume: Tausende von Tierarten, darunter zwei besonders weit entwickelte.
    Schritte.
    Jemand geht im verschneiten Wald spazieren.
    Aus der Ferne sieht man nur einen winzigen schwarzen Fleck inmitten von blendendem Weiß.
    Aus der Nähe erkennt man ein ungeschicktes Insekt, dessen Beine ins weiße Pulver einsinken, das aber trotzdem beharrlich seinen Weg fortsetzt. Es ist eine junge geschlechtslose Ameise.
    Ihr Gesicht ist sehr hell, die runden Augen sind schwarz, und seidige schwarze Fühler ragen aus ihrem Schädel hervor.
    Das ist Nr. 5.
    Und dies ist ihr erster Ausflug im Schnee. Hinter ihr läuft Nr.
    10 mit einer Laterne, damit sie der Kälte Widerstand leisten können. Man darf die Laterne nur nicht zu tief halten, weil sonst der Schnee schmilzt.
    Inmitten der kalten weißen Unendlichkeit macht die Ameise noch einige Schritte. Kleine Schritte für eine Ameise, aber große Schritte für ihre Gattung.
    Weil sie es satt hat, daß der kalte Schnee ihr bis zum Unterkiefer reicht, richtet sie sich unter Aufbietung aller Willenskraft auf die beiden Hinterbeine auf.
    Sie macht vier Schritte in dieser unbequemen Position und bleibt stehen. Durch den Schnee zu laufen ist ohnehin schon eine Kunst, aber auf zwei Beinen durch den Schnee zu laufen ist wirklich wahnsinnig anstrengend.
    Trotzdem gibt sie nicht auf.
    Sie dreht sich nach Nr. 10 um und ruft:
    »Ich glaube, ich habe eine neue Gangart entdeckt! Folge mir!«
     
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245. ANFANG
    Die Hand hat die letzte Seite des Buches umgewendet.
    Die Augen unterbrechen ihren Lauf von links nach rechts, die Lider schließen sich kurz.
    Die Augen registrieren das Gesehene, öffnen sich wieder.
    Allmählich werden die Wörter zu dem, was sie sind, zu einer Abfolge kleiner Zeichnungen.
    Hinten im Schädel wird der breite innere Panoramabildschirm des Gehirns dunkel. Das ist das Ende.
    Vielleicht ist es aber auch nur ein …
     
    ANFANG.
     

DANKSAGUNG
    Ich danke allen meinen Freunden, mit denen ich zu essen pflege. Indem ich ihren Geschichten aufmerksam lausche und ihr Interesse an meinen Geschichten spüre, finde ich den Stoff für meine Bücher.
    Hier ihre Namen: Marc Boulay, Romain Van Lymt,
    Professor Gérard Amzallag, Richard Ducousset, Jérôme Marchand, Catherine Werber, Doktor Loic Etienne, Ji Woong Hong, Alexandre Dubarry, Chine Lanzmann, Léopold Braunstein, François Werber,
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