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Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante

Titel: Die Reise des Elefanten - Die Reise des Elefanten - A viagem do elefante
Autoren: Stephan Puchner
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Glück hat dieses Tier, dass es in der schönsten Stadt der Welt leben darf, während ich hier gefangen bin zwischen einem Heute und einem Morgen, die mir beide keine Hoffnung lassen. Und der König, sollte er denn zugegen sein, wird so tun, als hätte er dies nicht gehört, und der Staatssekretär, ebendieser Pêro de Alcáçova Carneiro, den wir bereits kennen, wird, obwohl kein Mann des Gebets, man erinnere sich nur an seine Worte über dieInquisition und vor allem an das, was er klugerweise für sich behielt, eine stumme Bitte zum Himmel senden, er möge den Elefanten in einen dicken Mantel des Vergessens hüllen, der ihn eine andere Form annehmen lässt, damit die träge Phantasie ihn mit einem Dromedar verwechselt, ebenfalls ein Tier von absonderlicher Gestalt, oder mit einem Kamel, dem das Schicksal gleich zwei Höcker aufbürdete, wodurch man sich aber auch nicht besser an es erinnert. Die Vergangenheit ist eine riesige Steinwüste, die viele am liebsten wie auf einer Art Autobahn durchqueren, während andere geduldig von Stein zu Stein wandern und jeden einzelnen hochheben, weil sie wissen müssen, was sich darunter befindet. Bisweilen entdecken sie dann Skorpione oder Tausendfüßler, dicke, weiße Schnecken oder überreife Puppen, aber es ist auch nicht ausgeschlossen, dass zumindest einmal ein Elefant zum Vorschein kommt, mit einem Mahut auf den Schultern, der Subhro heißt, was Weiß bedeutet und ein Wort ist, das in krassem Gegensatz steht zu dieser jämmerlichen Gestalt, die sich den Augen des Königs von Portugal und dessen Staatssekretär im Gehege von Belém darbot, schmutzig wie der zu pflegende Elefant selbst. Es gibt genügend Gründe, jenes weise Sprichwort ernst zu nehmen, das besagt, dass selbst der beste Stoff einmal fleckig werden kann, und genau das passierte dem Mahut und seinem Elefanten. Als man sie dort unterbrachte, war die öffentliche Neugier gerade auf ihrem Höhepunkt, und für ausgewählte Edelmänner und Edelfrauen, für die Damen und ihre Kavaliere, die den Dickhäuter sehen wollten, wurden sogar Exkursionen vom Hofe nach Belém organisiert, doch bald schon ließ das Interesse nach, und das Ergebnis kennen wir, die indischen Kleider des Mahut zerfledderten, die Haare undFlecken des Elefanten verschwanden fast gänzlich unter der in diesen beiden Jahren sich bildenden Dreckkruste. Doch die jetzige Situation ist eine andere. Von dem unvermeidlichen Straßenstaub abgesehen, der seine Beine schon bis zur Hälfte einhüllt, schreitet Salomon anmutig und sauber wie ein leuchtender Hostienteller einher, und der Mahut erstrahlt, wenngleich nicht in seiner farbenfrohen indischen Tracht, so doch in seinem neuen Arbeitsanzug, den er, infolge von Vergesslichkeit oder Großzügigkeit, nicht einmal hat bezahlen müssen. Rittlings dort sitzend, wo Salomons Hals in den massiven Rumpf übergeht, das Reittier mit dem Stock durch leichte Klapse oder strafende, die harte Haut durchdringende Hiebe lenkend, schickt der Mahut Subhro, oder Weiß, sich an, die zweit- oder drittwichtigste Figur dieser Geschichte zu werden, wobei die wichtigste der Elefant Salomon ist, der als Hauptperson zwangsläufig Vorrang hat, gefolgt von besagtem Subhro und dem Erzherzog, die sich gegenseitig den Rang ablaufen, mal hat der eine, mal der andere mehr Einfluss. Derzeit gibt jedoch der Mahut den Ton an. Er misst die Kolonne der Länge nach mit dem Blick ab und stellt eine gewisse Unstimmigkeit fest, die durchaus verständlich ist angesichts der Verschiedenartigkeit der sie bildenden Tiere, sprich, Elefant, Menschen, Pferde, Maultiere und Ochsen, jeder davon in seinem ureigenen Trott, dem natürlichen wie dem andressierten, weshalb also auf dieser Reise niemand schneller wird gehen können als der Langsamste, und das ist bekanntlich der Ochse. Die Ochsen, sagte Subhro, mit einem Mal beunruhigt, wo sind die Ochsen. Es war nichts mehr von ihnen zu sehen, genauso wenig wie von der schweren Last, die sie zogen, dem wassergefüllten Bottich und den Futterballen. Sie sind zurückgefallen, dachte er und beruhigte sich wieder, es bleibt uns also nichts anderes übrig, als zu warten. Er schickte sich an, vom Elefanten hinabzugleiten, besann sich jedoch eines Besseren. Vielleicht würde er ja gleich wieder aufsteigen müssen und es gelänge ihm nicht. Eigentlich war es der Elefant selbst, der ihn mit seinem Rüssel hochhob und förmlich auf seinen Platz setzte. Dennoch galt es, Situationen zu vermeiden, in denen das Tier sich
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