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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind
Autoren: Faye Kellerman
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OP-Kleidung, die in diesem Moment durch die Flügeltür trat. Der Mann kam mit schnellen, energischen Schritten auf sie zu. Im Gehen nahm er den chirurgischen Mundschutz ab. Decker erkannte Dr. Hendricks. Seine Knie wurden weich. Marge griff nach seinem Arm.
    »Setz dich, Pete. Ist ja gut. Alles in Ordnung mit Rina. Sehe ich an seinem Blick.«
    Der Arzt fing ihre letzte Bemerkung auf. Marges Überzeugung schien ihn zu überraschen. »Mit Rina ist wirklich alles in Ordnung«, bestätigte er.
    Sein ausführlicher Bericht wurde von zahlreichen Baruch Haschems und Maseltows, durch Umarmungen und Tränen und aufmunternde Worte, unterbrochen. Der Arzt wartete, bis sich die Aufregung gelegt hatte. Dann forderte er sie auf, Platz zu nehmen. Die Förmlichkeit ließ Decker aufhorchen.
    »Was gibt es?« fragte er.
    »Rina hat Blut verloren und steht noch unter starken Beruhigungsmitteln …«, begann Hendricks.
    »Wann kann ich sie sehen?« fiel Decker ihm ins Wort.
    »Sobald sie aus dem Aufwachraum kommt. Aber dort wird sie eine Weile bleiben müssen. Ich lasse sie in die Intensivstation bringen, bis ich das Gefühl habe, daß sie kräftig genug ist, und ihre Blutwerte sich bessern. Ansonsten bin ich sehr zufrieden. Es geht ihr bemerkenswert gut … unter den Umständen.« Hendricks Blick fiel auf Sammy. »Du warst sechs Wochen, als ich dich das letzte Mal gesehen habe. Du bist gewachsen. Vielleicht nicht ganz so wie ein Siebzehnjähriger …«
    Sammy lächelte. Hendricks legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter. »Du hast deiner Mutter einen großen Dienst erwiesen. Sie hat eine seltene Blutgruppe, und deine hat prima gepaßt. Man hofft ja immer, daß die Kinder irgendwann mal für einen da sind, wenn man sie braucht. Du kannst stolz auf dich sein.«
    Der Junge nickte ernst. Hendricks warf einen Blick auf die Uhr und wandte sich dann an Mr. und Mrs. Elias. »Es ist fast zehn Uhr. Die Besuchszeit ist gleich zu Ende. Aber wenn Sie sich beeilen, dürfen Sie sicher noch Ihre entzückende Enkelin sehen. Danach sollten Sie alle nach Hause gehen und sich ausruhen.«
    »Ich bleibe hier«, verkündete Decker.
    Hendricks runzelte die Stirn. »Ich will Sie nicht zwingen, Sergeant. Ich weiß, Sie wollen bei Rina sein, sobald sie aufwacht. Aber trotzdem sollten Sie sich ausruhen.« Und zu Mrs. Elias: »Bringen Sie die Jungen nach Hause und versuchen Sie zu schlafen. Sie müssen ihn morgen ablösen.«
    »Das werde ich, Doktor.« Magda zögerte. »Ist mit meiner Tochter wirklich alles in Ordnung?«
    Dr. Hendricks nahm ihre Hand. »Ja, es ist alles in Ordnung.«
    »Wir lieben sie so …«
    Tränen standen in Magdas Augen. Stefan nahm die Hand seiner Frau und wandte sich an Decker. »Komm, schau dir dein Baby an, Akiva. Nur einen Moment.«
    »Gehen Sie, Sergeant«, drängte Hendricks. »Ein bißchen Freude tut Ihnen gut.«
    Langsam stand Decker auf und atmete aus. Er wollte nicht gehen. Er wollte nur Rina sehen. Mehr als alles andere. Er wollte ihre Hand halten und ihre langen, schlanken Finger küssen. Er wollte ihr sagen, wie sehr er sie liebte. Er wollte sich nicht freuen, solange sie leiden mußte. Er wollte nichts ohne sie tun. Denn nichts war schöner, als den Augenblick gemeinsam mit ihr zu genießen. Doch er beschloß trotzdem, sich seine Tochter anzusehen. Weil ein bißchen Freude besser war als gar keine.
    5
    Cindy bewegte spielerisch die Finger in Richtung des rosafarbenen Bündels mit den großen Augen. Die Hexe hatte ihre Halbschwester ganz nach hinten geschoben. Vermutlich mit Absicht. Aber das spielte keine Rolle. Die kleine Decker war so groß und hatte einen so wachen Blick, daß sie immer auffiel. In den beiden Bettchen rechts und links von ihr lagen die kleine Rodriguez und Spencer Dole. Die kleine Rodriguez war ein Winzling mit einem Köpfchen von der Größe einer Navelorange. Sie hatte dichtes schwarzes Haar und zerknitterte Haut. Spencer hatte ein pausbackiges, quadratisches Gesicht und brüllte ununterbrochen. Die kleine Decker jedoch schien vom Treiben ihrer Nachbarn völlig unberührt, sabberte zufrieden auf ihre Decke und versuchte am Daumen zu lutschen.
    In der Säuglingsstation herrschte an diesem Abend Hochbetrieb. In den Bettchen lagen weiße und schwarze kleine Amerikaner, Babys spanischer Abstammung und ein Junge asiatischer Herkunft namens Yamata, der niemals schrie. Ein Augenblick verstrich, dann öffnete die kleine Jackson aus der afroamerikanischen Sektion einen zahnlosen Mund und quäkte
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