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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind
Autoren: Faye Kellerman
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sitzen. Ich hole Kaffee.«
    Decker nickte. Passivität war normalerweise nicht sein Ding. Jetzt brachte er die Kraft nicht auf, selbst zu denken.
    »Das ist das Schlimmste, Daddy. Das Warten.« Cindy zögerte eine Sekunde. »Soll ich nachsehen, ob das Baby schon auf der Säuglingsstation ist? Was meinst du?«
    »Gute Idee.«
    »Bin gleich wieder da.«
    »Danke, Liebes.«
    Marge kam mit dem Kaffee.
    »Ein liebes Mädchen, deine Tochter.«
    »Absolut Spitze.«
    »Wie war’s denn mit ihr im Sommer?«
    »Prima. Ich glaube, das Gefühl, daß sie gebraucht wurde, hat Wunder gewirkt. Vor allem für ihr Selbstbewußtsein. Sie war für Rina in den letzten Wochen eine große Hilfe … hat die Jungen überallhin chauffiert. Wird traurig werden, wenn sie wieder weg ist.«
    »Wie hat ihr das erste Jahr denn gefallen?«
    »Columbia bekommt ihr. Sie will jedenfalls zurück. Ich glaube, sie hat sich amüsiert.«
    »Die üblichen College-Erfahrungen, was?«
    »Ja … mit allen Höhen und Tiefen.«
    »Hat sie schon ein Hauptfach gewählt?«
    »Noch nicht. Sie hat was von Kriminalwissenschaften gefaselt … oder wie sie das dort nennen.«
    »Woher sie das Interesse wohl hat?«
    »Solange es nicht in Praxis ausartet, habe ich nichts dagegen.«
    »Sexist!«
    »Nur ein treusorgender Vater. Ich möchte auch nicht, daß die Jungs Cops werden.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Herrgott, das ist die Hölle. Wo bleiben die anderen bloß? Wie viel Blut braucht Rina eigentlich? Vielleicht sollte ich mal nachsehen.«
    Er wollte aufstehen, aber Marge drückte ihn in die Polster zurück.
    »Dreh jetzt nicht durch, Pete. Bleib hier, bis jemand kommt und Bescheid sagt.«
    »Ich begreife einfach nicht, was da mit uns passiert.« Decker hatte Magenkrämpfe. »Was machen die nur so verdammt lange?«
    Er sprang auf und begann auf und ab zu gehen. Marge hielt ihn nicht davon ab. Sie fühlte sich selbst viel zu hilflos. Sie griff nach einem Magazin über Kindererziehung und blätterte geistesabwesend darin. Überall Fotos von lächelnden Eltern mit ihren Neugeborenen. Sie fühlte sich plötzlich sehr alt und allein. Sie las einen Artikel über Gelbsucht bei Kindern und erfuhr mehr über die Leber und Bilirubin, als sie je hatte wissen wollen. Sie hatte gerade den Leitartikel des Herausgebers überflogen, als Cindy zurückkam. Sie grinste breit. Pete bemerkte sie gar nicht.
    »Na, was gibt’s, Kindchen?« fragte Marge.
    »Mein Gott, sie ist riesig!«
    Decker starrte Cindy an. Es dauerte eine Weile, bis er sie erkannte. »Wer ist riesig?«
    »Deine Tochter, Daddy. Sie ist fast doppelt so groß wie die anderen Säuglinge auf der Station. Und sie ist entschieden die Aufgeweckteste … hat die Augen weit aufgerissen. Möchtest du sie sehen?«
    »Gute Idee«, sagte Marge.
    Decker schüttelte den Kopf. »Ich will da sein, wenn die anderen zurückkommen.«
    »Aber ich kann doch hier warten«, bot Marge an.
    Decker schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht … nicht jetzt. Nicht … in meiner Verfassung.«
    »Verstehe, Daddy. Ich wollte dir nur sagen, wie toll sie ist.«
    Decker hatte Tränen in den Augen. Er rieb sie weg. »Danke, Prinzessin. Ich weiß es zu schätzen.«
    Cindy steckte die Hände in die Gesäßtaschen ihrer Jeans. »Möchtest du sie dir ansehen, Marge? Sie ist auf Säuglingsstation J.«
    »Ich warte lieber mit deinem Vater.«
    »Nein, geh nur, Marge«, widersprach Decker. »Ich will von dir hören, daß sie eine Schönheit ist.«
    »Sie ist wunderschön«, sagte Cindy.
    »Nein, Pete. Ich warte mit dir, schaue lieber zu. wie du einen Trampelpfad in den Teppich trittst.«
    »Besser als mit dem Kopf gegen die Wand rennen«, sagte Decker.
    »Auf alle Fälle!« sagte Marge.
    Cindy klopfte mit der Schuhspitze auf den Boden. »Also, wenn ich hier nicht gebraucht werde … besuche ich das Baby noch mal. Falls die Schwester mich in ihre Nähe läßt, heißt das. Sie ist eine richtige Hexe!«
    »Inwiefern?« fragte Marge.
    »War vielleicht auch mein Fehler. Ich war so aufgeregt. Sie liegt gleich hinter dem Fenster. Ich habe mit ihr gespielt … an die Scheibe geklopft. Plötzlich hat sie angefangen zu weinen … ganz von selbst.« Cindy verzog beleidigt den Mund. »Also bin ich rein in das Säuglingszimmer und habe gefragt, ob sie jemand hochnehmen könne. Da hat die Schwester mich angebrüllt, sie sei kein Privatkindermädchen und wenn ich in meiner Straßenkleidung nicht sofort verduften würde, würde ich die Babys mit wer weiß was anstecken.
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